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Baum-Allee mit Lerneffekt oberhalb von Hammelburg


Autor: Ralf Ruppert

Hammelburg, Freitag, 18. Sept. 2020

Revierleiter Frank Haßlinger lässt jährlich den "Baum des Jahres" pflanzen. Die Aktion kommt gut an: Für die Patenschaft gibt es eine Warteliste, viele Wanderer entdecken gerade heuer die 33 Baumarten.
Seit gestern ist die Beschriftung vollständig: Frank Haßlinger, Revierförster beim Bundesforst, zeigt das Schild des aktuellen "Baumes des Jahres" samt Info zum Baumpaten. An der Baumallee haben Wanderer einen herrlichen Ausblick auf das Saaletal.Ralf Ruppert


Was ist der Unterschied zwischen Spitz- und Berg-Ahorn, zwischen Rot- und Hainbuche oder zwischen Sommer- und Winter-Linde? Welche Früchte tragen Eberesche, Speierling und Ess-Kastanie? Und wie sehen eigentlich Eibe, Weißtanne und Schwarzpappel aus? All diesen Fragen können Natur-Interessierte in der Baum-Allee am Nordrand des Truppenübungsplatzes Hammelburg nachgehen. Frank Haßlinger, Revierförster beim Bundesforst-Betrieb, hat dort sämtliche "Bäume des Jahres" anpflanzen lassen. Gerade in Corona-Zeiten ein beliebtes Ausflugsziel mit herrlichem Blick übers Saaletal.

Dorffest gab den Anstoß

Seit 1989 kürt die Dr.-Silvius-Wodarz-Stiftung einen deutschen Baum des Jahres. Im Jahr 2013 kam Revierförster Frank Haßlinger dann auf die Idee, alle bis dahin benannten Arten zu pflanzen. Anlass war die 1111-Jahr-Feier von Pfaffenhausen. Entsprechend hat er sich für die Allee einen ganz besonderen Platz ausgesucht: An der Straße zwischen Schloss Saaleck und "Franzosenkreuz", unterhalb des Flugplatzes und mit herrlichem Blick ins Saaletal, vom Sodenberg bis zur Trimburg. "Das gehörte früher mal zur Gemarkung Pfaffenhausen", erzählt Haßlinger, der beim Bundesforst das Revier Pfaffenhausen leitet: 2500 Hektar umfasst sein Revier im Truppenübungsplatz, davon rund 950 Hektar Wald.

"Man muss Bäume nicht neu erfinden, man muss sie nur neu entdecken", zitiert Haßlinger den Initiator der Aktion Baum des Jahres, den 2018 verstorbenen Forstbeamten und Umweltschützer Silvius Wodarz. Der Revierförster mit dem Bundesadler auf dem Ärmel freut sich, dass die Aktion so gut ankommt: "Es sind ständig Menschen hier oben unterwegs", berichtet er, offenbar seien durch die Corona-Beschränkungen mehr Einheimische und Touristen an der heimischen Natur interessiert. Die Baum-Allee erstreckt sich unterhalb einer offiziellen Nordic-Walking-Strecke. Trotzdem liegt sie im Truppenübungsplatz. Besucher sind geduldet, allerdings gibt es eine Einschränkung: Während des Schießbetriebes ist das Betreten verboten, angezeigt wird das mit einer gehissten Tonne am Franzosenkreuz und am Zugang vom Zeltplatz oberhalb von Schloss Saaleck aus.

Wenn kein Schießen ist, können Interessierte in der "Baum-des-Jahres-Allee 33 Baumarten entdecken: 32 mal den Baum des Jahres von 1989 bis 2020 und zusätzlich den "Baum des Jahrhunderts", den Gingko, den Förster Haßlinger selbst gestiftet hat. Alle anderen Bäume haben Baumpaten: 150 Euro kostet es, um auf dem Schild zum aktuellen Baum des Jahres zu stehen. Enthalten sind der Kauf des Baumes, Pflanzen, Gießen, Pflege und eventueller Ersatz.

Seit 350 Jahren heimisch

Der Gingko musste bereits nachgepflanzt werden, denn die Lage der Allee ist nicht ideal für jede Baumart: "Wir haben zwar einen sehr nährstoffreichen Muschelkalk, aber die Niederschläge fehlen", beschreibt Haßlinger die Verhältnisse auf dem Lagerberg. Für jeden Baum habe er deshalb ein Loch im felsigen Untergrund ausheben und mit Erde befüllen lassen. "Die nächsten Standorte sind schon vorbereitet."

Im Pfaffenhäuser Jubiläumsjahr wurden 26 Baum-Arten auf einen Schlag gepflanzt, seitdem wird jedes Jahr der aktuelle Baum des Jahres ergänzt. Für Paten ist auf Jahre hin gesorgt: "Wir haben eine Warteliste", sagt Haßlinger. Wer sich noch aufnehmen lassen wolle, könne sich an den Bundesforst-Betrieb Reußenberg wenden.

In diesem Jahr ist die Robinie oder Scheinakazie Baum des Jahres. Die Baumart sei vor genau 350 Jahren aus den USA nach Deutschland gekommen, berichtet der Förster, und: "Die Robinie gehört zu den weltweit meistgepflanzten Bäumen." Die Pionierbaumart kommt auch im Truppenübungsplatz häufig vor: Vor Jahrzehnten seien mit dem schnell wachsenden Baum kleine Wäldchen im Gelände angelegt worden. Die Robinie habe viele Vorteile: Sie vertrage Hitze und Trockenheit, die Wurzeln sichern den Boden und die ersten Blüten kommen schon nach sechs Jahren. Deshalb sei die Robinie auch bei Imkern als Bienenweide sehr beliebt. "Der Honig davon ist mild und kristallisiert nicht", weiß Haßlinger.

Obwohl die Robinie schnell wächst, habe sie härteres Holz als die Eiche, berichtet der Förster. Ihr Holz habe sogar den höchsten Heizwert aller heimischen Baumarten. Weil das Holz so witterungsbeständig sei, eigne es sich gut für Zaun-Pfähle oder Gerüste im Weinbau. Auch als Terrassendielen und für Gartenmöbel werde es verwendet. Allerdings wachsen Robinien nie kerzen-gerade: "Als Sägeholz ist es nicht ganz so geeignet." Und: Außer der Blüte seien alle Bestandteile für den Menschen giftig, von der Rinde über die Blätter bis zu den Samen.

Vielfalt im ganzen Revier

Haßlinger freut sich, dass sich gerade in diesem Jahr viele Menschen Zeit nehmen für einen Ausflug zur Baum-des-Jahres-Allee oberhalb des Saaletals. Dort könnten die Baumarten auf engstem Raum erforscht werden, auch von Schulklassen. Gleichzeitig betont er, dass die einzelnen Arten nicht nur in der künstlich angelegten Allee wachsen: "In meinem Revier kommen alle Baumarten vor, die es in Deutschland gibt", betont der Revierförster.