Bad Bocklet greift zum Buch
Autor: Sigismund von Dobschütz
Bad Bocklet, Mittwoch, 19. Februar 2014
Eine Arbeitsgruppe sucht Antworten auf die Frage, wie man Kinder zum Lesen bringen kann.
Sprachförderung und Wortschatzerweiterung bei Vorschulkindern und Schülern sind die wichtigsten Ziele des breit angelegten Projekts "Die Marktgemeinde Bad Bocklet greift zum Buch". Zum Auftakt-Workshop trafen sich auf Einladung von Bürgermeister Wolfgang Back 14 "Gerneleser" im Sitzungssaal des Rathauses und erarbeiteten erste Ideen zur Leseförderung. Auch die Eltern und Großeltern sollen eingebunden werden.
Unterstützung durch Anschwung
"Die elektronischen Medien lenken zu stark vom Lesen ab", hatte Sabine Braun, Leiterin des Kindergartens "Stänicher Zwergentreff", bei ihrer Arbeit immer wieder erleben müssen.
"E-Mail und SMS verhunzen zusätzlich die Sprache." Angeregt durch eine Fortbildungsveranstaltung für Lehrer und Erzieher und ihren Besuch auf einer Nürnberger Fachmesse im November, regte sie beim Bürgermeister die Gründung der Initiative zur Förderung des Lesens an. Zusätzlich holte sie sich fachliche Unterstützung bei der vom Bundesfamilienministerium geförderten Kinder- und Jugendstiftung "Anschwung". Deren Trainerin Michaela Stach begleitete nun als Moderatorin die Runde aus Erzieherinnen, aktiven und ehemaligen Lehrerinnen, Leiterinnen mehrerer Pfarrbüchereien sowie Helmut Schuck, dem Leiter des Steinacher Seniorenclubs, und Martin Eisenmann, Inhaber des Bücher Pavillon Bad Bocklet, die einzigen männlichen Teilnehmer in der Damenriege.
Überall gibt's Büchereien
Gleich zu Beginn des zweistündigen Workshops zeigten die Antworten der
Fachkräfte auf die Frage von Neubürgerin Erika Schumann, welche Angebote des Lesens, Vorlesens und der Leseförderung es denn in der Marktgemeinde überhaupt schon gebe, überaus deutlich: Vieles gibt es schon seit Jahren. In allen Bockleter Ortsteilen locken Pfarrbüchereien und Schulbüchereien mit einem thematisch breit gefächerten Bücherangebot. In den Büchereien, aber auch in der Bockleter Buchhandlung, wird zu öffentlichen Autorenlesungen eingeladen. In Schulen und Kindergärten gibt es Vorlesetage und Wettbewerbe. Schulklassen besuchen die örtliche Buchhandlung, die mit speziellen Aktionen bei den Kindern die Lesefreude zu wecken sucht.
Besonders aktiv ist die Pfarrbücherei Aschach mit monatlichen Veranstaltungen für Kinder ab fünf Jahren, bei denen nicht nur gelesen, sondern auch passend zum Thema gemalt und gebastelt wird.
Wird noch mehr
gebraucht?
"Brauchen wir dann noch mehr?", schien Schumanns Frage durchaus berechtigt. Es fehle nicht am Angebot, sondern an dessen Akzeptanz, war die spontane Antwort aus der Runde. Die Zahl der teilnehmenden Kinder an außerschulischen Veranstaltungen sei unbefriedigend, die Eltern oft uninteressiert. Häufig dienten die Veranstaltungen nur als willkommene Aufbewahrung für die Kleinen, um den Eltern etwas Freizeit zu ermöglichen, bedauerte eine Teilnehmerin. "Wir müssen die Eltern gewinnen, um die Kinder begeistern zu können", lautete eine Erkenntnis aus der Diskussion. Wichtig sei auch die Vernetzung aller Veranstaltungsangebote.
Trotz vieler bestehender Angebote fanden sich nach intensiver Gruppenarbeit zum Ende des Workshops doch noch ein paar zusätzliche Ideen zur Weckung und Förderung des Lesehungers: Themen-Lesungen sollten in passendem Umfeld durchgeführt werden.
So könnte man zum Beispiel eine Geschichte über die Feuerwehr in einer Feuerwache neben dem Feuerwehrauto vorlesen, schlug Buchhändler Eisenmann vor. Oder zum Thema "Ritter" oder "Prinzessin" sollten die Kinder verkleidet kommen.
Mittags in die Buchhandlung
Als Angebot der schulischen Mittagsbetreuung könnten Schüler eine Buchhandlung oder eine Bücherei besuchen, lautete ein weiterer Vorschlag. Andere Workshop-Teilnehmer schlugen die Suche nach Lesepaten als regelmäßige Vorleser in Kindergärten und Schulen vor. Auch könne man bei Elternabenden mit Fachvorträgen den Eltern aufzeigen, wie sie ihre Kinder zum Lesen motivieren können.
Denn neben allen gebotenen Aktivitäten für Kinder gilt es, "auch und vor allem die Eltern mit ins Boot zu nehmen", wie eine Arbeitsgruppe es formulierte. Die Eltern müssten als Vorbilder wirken.
Wichtig sei auch, Kinder nicht nur zu gelegentlichem, sondern zu regelmäßigem Lesen zu animieren. Deshalb schlugen Christine Eberth-Booms, Leiterin des Kneipp-Kindergartens Bad Bocklet, und Eisenmann vor, das Motto des Projekts in "Bad Bocklet liest ein Buch" umzubenennen. Denn: "Nach einem Buch zu greifen, heißt ja noch nicht, es auch zu lesen."
Das Bad Bockleter Projekt soll nach dem Willen von Ideengeberin Sabine Braun mit weiteren Workshops und Veranstaltungen fortgesetzt werden. Lesefreudige Bewohner aller Ortsteile, die Spaß an Büchern und am Umgang mit Kindern haben, sind willkommen, sich an dieser Initiative zu beteiligen.