Anekdoten eines Bilderbuch-Tierarztes in Euerdorf
Autor: Doris Bauer
Euerdorf, Montag, 22. Oktober 2018
Lebendig und humorvoll trug der Sohn des bekannten Tierarztes Dr. Gerhard Parrisius aus den Buch seines Vaters Geschichten in Euerdorf vor.
Der Name Dr. Gerhard Parrisius ließ viele Interessierte aus Euerdorf, Sulzthal, Wirmsthal, Ramsthal und anderen umliegenden Gemeinden auch noch nach etwa 45 Jahren hellhörig werden. Knapp 100 Zuhörer folgten der Einladung der Freunde des Museums in den Zehntkeller in Euerdorf zu einer Veranstaltung, in der Dr. Ralph Parrisius, Veterinär wie sein Vater, aus dem Buch seines Vaters einige interessante und meist auch humorvolle Kapitel vortrug.
Brillanter Unterhalter
Die meisten Gäste hatten diesen legendären Tierarzt in den 1950er oder 1960er Jahren persönlich kennengelernt, der bei den Landwirten die Kühe künstlich besamte, kalbenden Kühen bei der Geburt half, Ferkel kastrierte oder Schweine impfte. Er kam auch bei Hausschlachtungen zur Fleischbeschau ins Haus oder behandelte gegebenenfalls auch einmal einen Hund oder eine Katze aufgrund einer Erkrankung oder eines Unfalls. In den Gastwirtschaften war er als brillanter Unterhalter oder scharfsinniger Kartler geachtet.
Dr. Gerhard Parrisius seinerseits hatte auf jeden Fall die Menschen in den Dörfern des östlichen Landkreises Hammelburg schätzen gelernt. Die Begegnungen und zahlreichen Gespräche hatten ihn bald dazugehören lassen, und er hatte sich hier richtig wohl gefühlt. Sein besonderes Verhältnis zur Bevölkerung und zu den Tieren hatten ihm vielerlei Erlebnisse, gebracht, die er in seinem Buch "Adu Siegfried - Erinnerungen eines Landtierarztes" niederschrieb, das er 1992 herausgab und seiner Ehefrau Inge widmete. Dieses Buch war das Thema des Abends.
Sechs Zwillingslämmer vergrößern Familie
Doktor Ralph Parrisius, aufgewachsen in Euerdorf und jetzt wohnhaft in Baden-Baden, erklärte sich spontan bereit, zu diesem Anlass zusammen mit seiner Frau Susanne anzureisen. Er trug in gekonnter Weise einige Kapitel dieses Buchs vor und fügte an passender Stelle immer wieder eigene Erfahrungen oder erklärende Ergänzungen ein. So erfuhren die gespannten Zuhörer zum Beispiel, dass die drei Tierarztkinder vom Besuch einer Schäferei insgesamt sechs Zwillingslämmer mit nach Hause brachten, die eigentlich geschlachtet werden sollten, um sie fortan als weitere Mitglieder ihrer "Tierfamilie" zu haben. Dass sie damit ihrer Mutter eine gewichtige Mehrarbeit aufbürdeten, war den Dreien damals nicht so klar.
Wie ein bauernschlauer Viehzüchter einem zahlungssäumigen Metzger das Geld aus der Tasche zog, erfuhren die Zuhörer in einem weiteren Kapitel, oder auch, wie die Wette zweier Pferdebesitzer ausging, ob die zwei rheinischen Kaltblüter wirklich stärker waren als die schlesische Warmblutstute.
Kuhhandel
Dass sich der Tierarzt auch selbst eine gewisse Bauernschläue aneignen musste, um nicht übers Ohr geschlagen zu werden, trug Parrisius junior in einem weiteren Abschnitt vor. So hatte ein Bauer seinem Vater zwei Mal "die mittlere" Kuh kostenlos nachbesamen lassen, da sie angeblich nicht trächtig geworden war, aber nach einem knappen Jahr drei Kälbchen verkauft. So stellte der Tierarzt dann eine Rechnung für das Impfen zweier Kälber aus, die der Bauer eigentlich gar nicht haben konnte - und bekam prompt sein Geld.
All diese Geschichten waren in sehr feinfühliger Sprache verfasst und wurden lebendig und humorvoll unter dem Applaus der Zuhörer vorgetragen. In den Pausen unterhielt der Pianist Ralf Meyer-Natus mit jazzigen Melodien, während an den Tischen Gespräche über das gerade Gehörte geführt wurden.