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Gute Laune mit Windstrom


Autor: Benedikt Borst

Münnerstadt, Montag, 10. August 2015

Wie rentabel sind die Windräder im Landkreis? Norbert Schmäling vom Bürgerwindpark Münnerstadt ist zufrieden, die Produktion passt. Als Schmankerl gibt es einen Bonus aus Gauaschach.
Wie rentabel sind die Windräder im Landkreis? Norbert Schmäling vom Bürgerwindpark Münnerstadt ist zufrieden, die Produktion passt. Als Schmankerl gibt es einen Bonus aus Gauaschach. Foto: Borst


Norbert Schmäling steht im Innern der Anlage 3 im "Bürgerwindpark Langes Schiff" nahe der B 19 bei Münnerstadt. Anlage 3 ist ein Windrad mit 140 Meter Nabenhöhe. Draußen treibt ein starker Wind dicke Gewitterwolken in Richtung Osten. Das freut den ÖDP-Kreisrat und Geschäftsführer des Windparks. "Momentan fahren wir volle Leistung", sagt er mit Blick auf das Kontrolldis play.

2500 Kilowatt Strom pro Stunde produziert das Windrad, wenn es voll ausgelastet ist. Im ganzen Windpark sind es bei gutem Wind maximal 12 500 Kilowatt pro Stunde.
Nicht jeder Tag ist gleich. Seitdem die fünf Windkraftanlagen im Dezember ans Netz gegangen sind, erzeugen sie mal mehr, mal weniger und bei Flaute auch mal gar keinen Strom. Schmäling ist nach einem halben Jahr aber zufrieden. Der Windpark leiste das, was vorab berechnet wurde. "Die Windhöffigkeit an dem Standort hat sich genauso herausgestellt, wie in den Voruntersuchungen prognostiziert. Wir liegen mit unseren Monatswerten komplett in unserer Kalkulation", sagt er.

Energie für 10 000 Haushalte

Wie viel Strom am Langen Schiff bislang tatsächlich erzeugt wurde, wird vorerst nicht veröffentlicht. Laut Schmäling werden die konkreten Zahlen zuerst den Gesellschaftern bei der Generalversammlung vorgestellt. Laut Prognose sollen dieses Jahr aber 21,6 Millionen Kilowattstunden Strom und nächstes Jahr 24 Millionen Kilowattstunden ins Netz eingespeist werden. Das entspricht etwa dem Jahresverbrauch von 10 000 Zwei-Personen-Haushalten. "Münnerstadt ist damit statistisch energieautark. Das ist fantastisch", freut sich Schmäling.

Erfahrungswerte fehlen

Ein paar hundert Meter südlich des Münnerstädter Windparks betreibt die Nüdlinger Energiegenossenschaft (NEG) seit November zwei Windkraftanlagen. Hier stimmt - bisher - der Stromertrag ebenfalls. "Wir liegen in unserem kalkulierten Rahmen", teilt der Vorsitzende Burkhard Schramm mit. Konkrete Zahlen, wieviel produziert wurde, veröffentlicht die NEG wie der Münnerstädter Bürgerwindpark ebenfalls nicht vor Generalversammlung. Schramm hält es noch für zu früh, Aussagen über den Ertrag der beiden Anlagen zu machen. Es fehlen Erfahrungswerte. "Der Wind kann jährlich um bis zu 20 Prozent differieren", sagt er. "Ob wir in den nächsten Jahren deutlich besser oder schlechter liegen, bleibt abzuwarten."
Wie rentabel eine Windkraftanlage am Ende für die Betreiber und die Geldgeber ist, hängt nicht nur vom Wind ab. "Schon in der Projektentwicklung entscheidet sich, ob ein Windpark wirtschaftlich wird", erklärt Schmäling. Ein Windrad ist passend zum Standort auszusuchen, eine Offshore-Anlage wäre beispielsweise für den Binnenlandwind ungeeignet. Der Standort selbst muss leicht mit Stromleitungen und Verkehrswegen zu erschließen sein, die Finanzierung darf nicht zu teuer und die Grundstückspacht nicht zu hoch sein: "Dann ist das Projekt in Ordnung." Am Langen Schiff seien alle Kriterien erfüllt, wobei gerade in Sachen Finanzierung die aktuell niedrigen Zinsen ein großer Vorteil waren.

Sonderbonus aus Gauaschach

Der Strompreis hat weniger große Auswirkungen darauf, ob ein Windrad unterm Strich wirtschaftlich läuft. Der Strompreis schwankt nämlich nicht. Das Erneuerbare Energiengesetz (EEG) garantiert den Betreibern für 20 Jahre eine stabile Vergütung. Die fällt umso höher aus, je früher ein Windrad beantragt wurde. In Münnerstadt liegt sie bei 8,66 Cent pro Kilowattstunde. Für die Windkraftanlage Nummer 4 gibt es am Langen Schiff noch einen Sonderbonus: In Gauaschach wurde das älteste Windrad des Landkreises nach 16 Jahren Betrieb abgeschaltet. Einen Tag später ging die topmoderne und um ein vielfaches leistungsstärkere Anlage 4 in Münnerstadt in Betrieb. Darauf haben sich die Betreiber in Münnerstadt und Gauaschach geeinigt. Wenn veraltete Anlagen abgeschaltet und durch neue ersetzt werden, gab es vom Bund bis Ende letzten Jahres einen sogenannten Repowering-Bonus. Die moderne Anlage erhält dann auf Jahre 0,5 Cent pro Kilowattstunde zusätzlich. Das rechnet sich, obwohl die Münnerstädter Betreiber den Gauaschachern das Abschalten bezahlt haben. "Das ist eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten", findet Schmäling.
Auch auf kommunaler Seite ist das Fazit zu den Windrädern positiv. Neun von derzeit 22 Windrädern im Landkreis stehen auf Münnerstädter Gemarkung, vier weitere werden dort gebaut. "Für die Kommune sind die Anlagen ein Gewinn", kommentiert das Bürgermeister Helmut Blank (CSU). Der größere Teil der Bürger sei zufrieden, die Stadt profitiere finanziell von der Pacht. Laut Naturstrom AG, die am Bürgerwindpark beteiligt ist, werden pro Windrad jährlich mehr als 10 000 Euro Pacht an mehrere Eigentümer entrichtet, darunter die Stadt, die Juliusspitalstiftung und die Staatsforsten.
Blank sieht in Münnerstadt die "Grenze des Möglichen" erreicht, noch mehr Anlagen schließt er aus. Dennoch setzt er darauf, dass sich die Stadt autark mit Energie versorgen kann, etwa aus Photovoltaik und Biogasanlagen. "Das streben wir langfristig an", sagt Blank.