Grundstein für das indische Waisenhaus
Autor: Björn Hein
Bad Bocklet, Mittwoch, 13. März 2013
Pater Raja hilft in Indien unter anderem Frauen und Kindern, die mit den Folgen des Tsunamis von 2005 zu kämpfen haben. Unterstützt wird er mit Spenden aus der Region.
Pfarrer Raja, der als Pfarrvikar in Bad Kissingen und Bad Bocklet tätig ist, stammt aus Südindien. Mit finanzieller Unterstützung vieler Geldgeber hat er sich um ein Projekt in Cuddalore gekümmert: ein Waisenhaus. Unterstützung und Spenden erhielt er unter anderem durch die Sternsinger-Aktion. Bei einer Spendenaktion, die in der Pfarreiengemeinschaft "Heiliges Kreuz Bad Bocklet" stattfand, kamen mehr als 2000 Euro zusammen.
Im Moment werde das Waisenhaus außerhalb von Cuddalore errichtet. "Insgesamt wird uns der Bau rund 48 000 Euro kosten", sagt Pater Raja. Im Januar wurde der Grundstein gelegt, Stück für Stück entsteht nun ein neues Domizil für die Waisenkinder. "Für mich ist der Bau des Waisenhauses eine Mission, auf die mich Gott geschickt hat", ergänzt der Priester.
2009 begann er mit Unterstützung von vier Schwestern, in Cuddalore ein Haus anzumieten, in dem 25 Kinder unterstützt werden, von denen neun dort wohnen. Das neue Waisenhaus wird Platz für 40 Kinder bieten. "Durch die Tsunami-Katastrophe 2005 haben viele Kinder ihre Eltern verloren und bleiben sich selbst überlassen oder müssten bei Verwandten leben", sagt Raja. Cuddalore ist nur rund fünf Kilometer vom Indischen Ozean entfernt und wurde voll von der Wucht des Tsunamis getroffen.
Vor Ort sind vier Schwestern für die Kinder da. Sie stehen mit dem Pater in regelmäßigem Kontakt. "Die Schwestern wollten sich ganz der karitativen Sache widmen. Sie sind sogar aus ihrem Orden ausgetreten, um wie Mutter Theresa den Ärmsten der Armen vor Ort helfen zu können", erzählt der Priester.
Kleine Kredite und Kurse
Neben Waisen werden auch Witwen unterstützt. Sie erhalten Mikrotransaktionen. Das sind kleine Kreditzahlungen, mit denen die Frauen etwa kleine Geschäfte aufmachen können. Auch werden Kurse ausgerichtet, in denen erklärt wird, wie man kleine Geschäfte leitet. "Unser Ziel ist, schwache Menschen und aus der Gemeinschaft ausgestoßene zu unterstützen", fasst Pater Raja das Anliegen des Projekts zusammen. Auf die Konfession wird dabei nicht geachtet. "Egal ob Hindu, Moslem, Christ oder Andersgläubiger: unser Projekt steht allen Hilfsbedürftigen offen."
Die Schwestern organisieren Computerkurse für Jugendliche und Witwen. Vermittelt wird auch, wie man Kleidung näht oder einen Gemüse- oder Hähnchen-Shop führt. Für die Waisen wird das Schulgeld aufgebracht. "Da die staatlichen Schulen bei uns sehr schlecht sind, werden sie auf Privatschulen geschickt, um ihnen eine optimale Ausbildung zu ermöglichen."
Aus den 30 Orten des Umlandes wurde ein Jugendvertreter gewählt, der sein Dorf im Kinderparlament vertritt. "Zweimal im Jahr kommen rund 800 bis 1000 Kinder in Cuddalore zusammen. Bei dieser Versammlung wird besprochen, was die Dörfer vor Ort brauchen." Die Anliegen werden dem Bürgermeister von Cuddalore vorgetragen, "der diese sehr ernst nimmt", sagt Raja. In Cuddalore gibt es eine Gruppe Studenten, die die vier Schwestern unterstützen und an der Organisation des Projekts beteiligt sind. "Uns ist es ganz wichtig, die Eigenverantwortung zu fördern und irgendwann nicht mehr auf Spenden angewiesen zu sein."
Die Pfarrgemeinderatsvorsitzende von Steinach, Ursula Roth, die bei der Grundsteinlegung vor Ort war, ergänzt: "Ich habe in Cuddalore fröhliche und herzliche Kinder kennen gelernt, die vor der Aufnahme in das Waisenhaus nicht lachen konnten." Ende September soll das Haus fertig sein. Besucher aus Deutschland können es sich dann anschauen, dort übernachten und sehen, wie ihre Spenden zum Einsatz kommen. Denn Transparenz ist den Projektverantwortlichen wichtig.
Pater Raja möchte in Bangalore auch einen Kindergarten für die reicheren Bevölkerungsschichten aufbauen. Der Ertrag käme dann wieder den Waisenkindern in Cuddalore zugute. Eine Schwester macht bereits eine Ausbildung in einem Kindergarten, um später in Bangalore eingesetzt werden zu können.
Ein Blick auf die Situation in Indien
Geschichte Bereits Alexander der Große war auf seinen Kriegszügen von der für ihn fremden Kultur fasziniert, ebenso wie die Briten, die von 1858 bis 1947 hier eine Kolonie eingerichtet hatten. Ein Mischtiegel verschiedener Kulturen und Sprachen war der Subkontinent schon immer. Auch die Religionen, die hier ausgeübt werden, sind vielfältig: Neben Hindus leben hier auch Christen, Moslems und Angehörige anderer Religionen meist friedlich zusammen.
Kontraste Arm und reich prallen in Indien auf eine Art und Weise aufeinander, die für viele Europäer unvorstellbar ist. Ist in Bangalore in Südindien das Zentrum des High-Tech, gibt es gerade auf dem Land sehr viel Armut. Der Staat hält sich meist mit Unterstützung für die Schwächsten der Gesellschaft zurück, so dass sie sich oft selbst helfen müssen. Witwen und Waisen gehen in diesem System oft unter, was für gesellschaftliche Spannungen sorgt.
Infos Im Internet unter www.seetrust.org wird das Projekt vorgestellt. Spenden werden angenommen: Konto-Nr. 3112 8762 (Katholische Kirchenstiftung Herz Jesu), BLZ 7935 1010, Sparkasse Bad Kissingen; Verwendungszweck: Für Projekt Pater Raja (Spendenquittung möglich).