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Gestohlene Jugend: Das sagen vier Bad Kissinger Jugendliche über ihre Zeit mit Corona


Autor: Angelika Despang

Bad Kissingen, Montag, 03. Januar 2022

In der Schule und in ihrer Jugend herrscht seit zwei Jahren Ausnahmezustand: Erwachsen werden zwischen Homeoffice und Corona-Hausarrest
Annika  und Maja (beide 16) machen sich einige Gedanken über das Miteinander beim Thema Corona. Foto: Maxima Heinze


"Alles ist ein bisschen komplizierter, aber sonst ist Corona Alltag geworden", meint Julius abgeklärt. Julius und Dennis - beide 15 Jahre alt - gehen in die 9. Klasse, Annika und Maja (beide 16) in die 11. Klasse - alle haben bald zwei Jahre Ausnahmezustand in der Schule erlebt. Und in ihrer Jugend. Wir haben die Teenager gefragt, wie es ihnen mitten in einer Pandemie geht, was sie vom Verhalten der Erwachsenen halten und worüber sie sich Gedanken machen.

Die Vier sind froh, dass das Schuljahr bisher relativ normal verlief: "An Masken und Tests in den Schule hat man sich gewöhnt. Wenn jetzt aber wieder ein Lockdown käme, würde es mir nicht gut gehen", meint Maja. Auch wenn das Homeschooling letztes Jahr am Anfang ganz entspannt war - den ganz normalen Präsenzunterricht möchten sie nicht missen. Die zwei Jungs hatten beim Übergang in die 9. Klasse nicht das Gefühl, durch das Homeschooling groß was verpasst zu haben.

Überforderung im Präsenzunterricht

Ganz anders bei den Mädels, als sie in die 11. Klasse gekommen sind: "Als es wieder in Präsenz los ging, war man schon oft überfordert", erklärt Annika "Das ist krass, denn bei den Leistungsansprüchen wird nicht groß Rücksicht auf die Tatsache genommen, dass wir ewig lang zu Hause waren." Ihre Lehrerinnen und Lehrer meisterten die Situation nach Meinung der Vier ganz gut, auch wenn sie unterschiedlich vorsichtig sind: "Manchen hängt die Maske schon mal unter der Nase, manche haben sogar zwei auf", erzählt Dennis "aber ich finde, wenn wir uns an die Regeln halten müssen, dann sollten das die Lehrer auch tun." Julius stört es, wenn Lehrer das Thema ständig ansprechen und nicht mit ihrer Meinung hinter dem Berg halten: "Das ist nervig. Das ist auch sehr oft viel politischer Kram und ich finde, die eigene politische Meinung sollte man in der Schule für sich behalten." Aber es gibt auch andere, "die sagen wie leid es ihnen tut, dass für uns die Jugend sozusagen gestohlen ist", erzählt Annika.

Spaltung auch unter den Kids

Die Jugendlichen haben sich mit der Situation arrangiert, trotzdem gibt es Einiges, was sie bedrückt: "Generell hat man Corona immer im Kopf," meint Annika, "wenn man etwas mit mehreren Leuten unternimmt, denkt man immer darüber nach: hat da jemand Corona und wie ernst nehmen die das überhaupt?" Maja findet es schlimm, wie viel Streit das Thema unter Freunden, Nachbarn und Familie verursachen kann. "Es gab schon so viele Diskussionen, bei denen klar war, dass man unterschiedlicher Meinung ist. Danach ist die Stimmung so schlecht und niemand hat mehr Lust miteinander zu reden, obwohl man sich davor gut verstanden hat - das ist schon schade", sagt sie nachdenklich. "Aber warum lässt man es dann nicht?", fragt sich Annika.

Impfung - ja oder nein?

Hier verstehen die beiden das Verhalten der Erwachsenen nicht. "Dann sollte man die Meinung von dem anderen einfach mal akzeptieren und so stehen lassen", fordert Maja. Dazu gehört besonders das Thema Impfen. Dennis hat sich vor Kurzem impfen lassen, "damit ich weiter zum Training gehen kann." Maja würde sich gern impfen lassen, aber sie steht zwischen den Stühlen: "Meine Eltern haben da sehr gegensätzliche Meinungen und ich weiß oft gar nicht mehr, was ich denken soll."

Wenn Menschen sich gut informiert haben und trotzdem Bedenken haben, "dann sollte man diese Entscheidung auch akzeptieren", meint Julius. Aber es gibt auch Leute, die übertreiben: "So auf die Art: Bill Gates spritzt uns allen Mikrochips in den Arm - über sowas kann man nur lachen", findet Dennis. Genauso schüttelt er den Kopf über diejenigen, die mit Krawallen gegen Maßnahmen protestieren: "Die Gewalt geht ja gegen die Polizei, die macht aber nur ihren Job."

Und wie lautet ihr Urteil über die Arbeit der Politik während der Pandemie in Deutschland? - "Ich hab gehört, dass es nicht so gut geklappt hat", meint Dennis trocken. Maja hat Verständnis dafür, dass die Politikerinnen und Politiker am Anfang nicht wussten, was sie machen sollen, "diesen Eindruck hatte man ja wirklich. Aber als im Sommer vorausgesagt wurde, dass es bald wieder mehr Infektionen geben wird, habe ich nicht verstanden, warum die wieder alles geöffnet haben". Auch Julius fand das Hin und Her von Schließungen und Öffnung nicht nachvollziehbar: "Wenn sich die Regeln ständig ändern, blickt man auch nicht mehr durch." Da bleibe das ungute Gefühl, dass die Politik das Ganze nicht im Griff hat, "und das ist beängstigend", meint Annika.

Wunsch: Jugendliche nicht vergessen

Sie wünscht sich von den Regierenden, dass sie mehr daran denken, wie sehr die Jugend eingeschränkt wird: "Beispielsweise werden Clubs und Bars immer als erstes zu gemacht, als wären sie nicht wichtig. Doch! Für uns sind sie wichtig! Um Freunde zu treffen, ne gute Zeit zu haben, neue Leute kennenzulernen - man verlernt ganz, soziale Kontakte zu knüpfen."

Für die Zukunft wünschen sich die vier Jugendliche eine Perspektive, etwas, auf das sie sich freuen können: "Das geht ja jetzt schon eine ganze Weile", sagt Annika "und es fühlt sich nicht so an, als ob das fast zwei Jahre wären, seit Corona begonnen hat - die Zeit, die ist einfach weg." Corona hat der Jugend ein Stück gestohlen.