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Gerüstet für den Dienst am Gast


Autor: Sigismund von Dobschütz

Bad Kissingen, Dienstag, 08. Juli 2014

Bei der öffentlichen Abschlussprüfung zeigten die Auszubildenden aus Hotels und Restaurants der Region ihr Können. Gefragt waren Genauigkeit und Konzentration.
Koch-Azubi Enrico Schlereth vom Parksanatorium Bad Bocklet beim Anrichten der Vorspeise Fotos: Sigismund von Dobschütz


Bad Kissingen — Ihre Unruhe war den neun jungen Damen im Foyer vor dem Lehrrestaurant der Staatlichen Berufsschule kaum anzumerken, wenn man es nicht besser gewusst hätte: Nach drei harten Lehrjahren war dies der Tag der praktischen Abschlussprüfung. In wenigen Minuten sollten sie den etwa 50 Gästen die Getränke zum Mittagessen empfehlen und das dreigängige Menü fachgerecht servieren, das von den sieben Koch-Azubis nebenan in der Lehrküche gerade zubereitet wurde.

Kritische Blicke

Natürlich war es nicht das erste Mal, dass die angehenden Hotel- und Restaurantfachfrauen in einem Restaurant Dienst taten. Das hatten alle in ihren Ausbildungsbetrieben in den Staatsbädern Kissingen, Brückenau und Bocklet schon regelmäßig gemacht. Doch diesmal versahen sie ihren Dienst nicht nur vor den kritischen Blicken ausgesuchter Gäste aus der eigenen Branche wie Vorstandsmitgliedern verschiedener Kreisverbände des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes und mehrerer Gastronomen aus dem Landkreis. Diesmal wurden sie zusätzlich von aufmerksamen Prüfern beobachtet, denen natürlich jeder Fehler sofort auffiel.

Keine Patzer beim Dekorieren

Es kam eben nicht nur darauf an, was sie machten, sondern wie sie es machten. Nicht nur das Fachwissen war entscheidend: Eine falsche Körperhaltung konnte schon Punktabzug bedeuten.
Dasselbe galt für das Anrichten des Prüfungsessens. Es war nicht nur wichtig, das Kalbsfleisch für den Tafelspitz auf den Punkt genau gekocht zu haben, sondern beim Anrichten und Dekorieren des Tellers keinen Spritzer daneben gehen zu lassen. Unsaubere Arbeit gab Punkteabzug! Da war bei einem Vorspeisenteller die Pastete nicht rundum mit Lachs belegt, beim anderen war alles "etwas unsauber drapiert", wie ein Prüfer bemängelte. Zu üppig durfte die Vorspeise bei einem Drei-Gang-Menü auch nicht sein. Wichtig beim Anrichten war vor allem: "Schön soll es aussehen." Denn schließlich essen immer die Augen mit.

Ruhe in der Küche

Die Kommentare ihrer Prüfer, die alle Speisen im Nebenzimmer verkosten mussten, hörten die Koch-Azubis zum Glück nicht. Es war erstaunlich ruhig in der Lehrküche. Jeder wusste, was er zu tun hatte. Zwischendurch hallte eine knappe Anweisung eines Prüfers über die sieben Kochnischen: "Das Fleisch erst zuletzt aufschneiden, wenn alles andere fertig ist." Für zwei Prüflinge kam dieser Rat zu spät. Sie schnitten schon ihr Stück Kalbsfleisch in dünne Scheiben. Am Ende wurde kurz durchgezählt, ob es für alle Teller reichte. Notfalls musste eine große Fleischscheibe schnell halbiert werden. Dann ging es wie zuvor bei der Lachs-Vorspeise auch hier ans saubere Anrichten der Teller.

Vorgaben und Kreativität

"Tafelspitz an Meerrettichsoße mit Bouillonkartoffeln, glaciertem Broccoli und konfitierter Cocktailtomate", hatte sich Konstantin Kuntzsch als Prüfungsgericht ausgedacht. Bestimmte Zutaten wie Kalbstafelspitz, Kalbsknochen und manches mehr waren ihm vorgegeben. Andere Zutaten durfte er sich aus einem bunt gemischten "Warenkorb" zusätzlich aussuchen. Der 19-Jährige Koch vom Brückenauer Dorint-Hotel schien äußerlich ganz gelassen. "Man nimmt's, wie's kommt." Vorher sei er aufgeregt gewesen, da ihm doch der Zeitdruck Sorgen machte. Aber die Zeit hatte ausgereicht.

Stress auch für die Prüfer

Den Prüfern wird sein Tafelspitz hoffentlich geschmeckt haben. Auch sie haben an solchen Tagen Stress. Immerhin mussten heuer in der Region der Landkreise Rhön-Grabfeld, Bad Kissingen, Schweinfurt und Hassberge binnen weniger Tage wieder 90 Auszubildende aus der Gastronomie, von der Fachkraft im Gastgewerbe über die Hotelfachfrau bis zum Koch oder zur Köchin, theoretisch und zuletzt gruppenweise praktisch geprüft werden. "Alles ehrenamtliche Arbeit", hob Fabian Bauer hervor, Teamleiter Prüfungswesen bei der Industrie- und Handelskammer Schweinfurt-Würzburg.
Zur allgemeinen Situation in der Gastronomie sagte er: "Die Zahl der Auszubildenden scheint sich stabilisiert zu haben."
Das ist nach jahrelangem Abwärtstrend positiv gemeint. Bis vor zehn Jahren war die jährliche Zahl an Absolventen in der Gastronomie noch doppelt so hoch.