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Gemeinde setzt auf die Jugend


Autor: Björn Hein

Bad Bocklet, Sonntag, 18. Februar 2018

Der Gemeinderat wünscht sich eine fachliche Begleitung beim Thema Jugendarbeit, wie sie der Verein "Pro Jugend" bietet.
René Felcht — hierauf dem Skaterpark in Nüdlingen — stellte dem Bad Bockleter Gemeinderat zusammen mit Jugendamtsleiter Siegbert Goll die Arbeit und Aufgaben des Vereins "Pro Jugend Landkreis Bad Kissingen" vor.  Foto: Carmen Schmitt/Archiv


Die Jugendarbeit im Markt Bocklet soll in Zukunft intensiviert werden. Dies ist einer der Beschlüsse, der bei der Sitzung des Marktgemeinderates getroffen wurde. Vorausgegangen war der Diskussion ein Antrag des Heimatvereins Steinach. Dieser hat Interesse an der Nutzung des alten Pfarrhauses im Ort bekundet, die Diözese, welcher Eigentümer der Liegenschaft ist, hat dieser auch zugestimmt.


Es geht um die Unterhaltskosten

Um das finanzielle Risiko für den Heimatverein kalkulierbar zu machen, wünscht dieser sich einen festen jährlichen Beitrag in Höhe der Unterhaltungskosten von der Gemeinde. In einem Schreiben teilte der Heimatverein der Gemeinde mit, dass hier Kosten in Höhe von rund 2500 Euro anfallen werden. Hinzu werden noch Investitionskosten für Einrichtung und Ausgaben für die laufenden Aktivitäten kommen. Im Gegenzug würde der Heimatverein die kommunale Aufgabe der Jugendarbeit in den Ortsteilen Steinach, Roth, Hohn und Nickersfelden übernehmen. "Gerade in der heutigen Zeit ist es wichtig, Kinder und Jugendliche frühzeitig an ihr Dorf zu binden und Möglichkeiten für Zusammenkunft und Integration zu schaffen", zeigten sich die Verantwortlichen des Heimatvereins in ihrem Schreiben an die Gemeinde sicher. Gleichzeitig erklärt man sich bereit, die Archivierung sowie die Dokumentation und Darstellung der Ortsgeschichte zu übernehmen.
Außerdem werde, so nach Aussagen des Heimatvereins, das älteste bewohnbare Gebäude Steinachs, das historisch wertvoll ist, wieder aktiv genutzt und für die Öffentlichkeit zugänglich. "Ich finde die Idee eine gute Sache", sagte Bürgermeister Andreas Sandwall. Dies zeige, dass der Heimatverein sehr rührig ist. Dennoch wünscht sich Sandwall eine fachliche Begleitung, was allerdings die Gemeinde nicht leisten könne. Den Fokus solle man dabei aber auch nicht allein auf Steinach legen, sondern man müsse in allen Ortsteilen der Marktgemeinde auf die Jugendlichen zugehen, um herauszufinden, wie diese sich die Jugendarbeit in Zukunft vorstellen.
Hierzu müsse man sich aber professionelle Hilfe holen, weshalb bei der Sitzung Jugendamtsleiter Siegbert Goll und René Felcht vom Verein "Pro Jugend Landkreis Bad Kissingen" vor Ort waren, um ihre Arbeit zu erläutern.


Pflichtaufgabe

"Die Jugendarbeit ist eine Pflichtaufgabe der Kommune, die aber auch der Verein Pro Jugend übernehmen und professionell begleiten kann", sagte Goll. Dabei betonte er, dass die gemeindliche Jugendarbeit keine Konkurrenz zur Verbandsarbeit sei, sondern diese ergänze. "Pro Jugend im Landkreis Bad Kissingen e. V." gestaltet diese mit hauptamtlichen Fachkräften, er plant, koordiniert und unterstützt das Gesamtfeld der Jugendarbeit in den Kommunen und ist dabei auch Bindeglied zur öffentlichen Jugendhilfe.
"Wichtig ist der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zu den Jugendlichen, wir sind hier keine Sheriffs", betonte Jugendamtsleiter Goll. Wichtig sei eine offene, wertschätzende und akzeptierende Haltung sowie das Prinzip der Freiwilligkeit. "Die Gemeindejugendarbeit durch den Verein bietet viele Vorteile", weiß Gemeindejugendarbeiter René Felcht aus Erfahrung. So werden die Jugendtreffs enger begleitet, der Draht zu den Jugendlichen werde direkter.


Zugehörigkeit zum Ort

Die Jugendlichen identifizierten sich besser mit der Gemeinde, was für diese große Vorteile habe. Auch die Ausschöpfung finanzieller Fördermittel nehme der Verein "Pro Jugend" dabei vor. "Die Zukunft jeder Gemeinde steht und fällt auch mit dem Stellenwert der Jugendarbeit. Gemeindliche Jugendarbeit ist ein Standortvorteil", betonte Jugendamtsleiter Goll. Die Mitgliedschaft sei natürlich kostenpflichtig: die Mindestdauer beträgt zwei Jahre, die Beiträge sind dabei gestaffelt nach Fachkraft-Stunden vor Ort. Sieben Stunden in der Woche kosten einen Jahresbeitrag von 11 500 Euro, 14 Stunden 23 000 Euro. "Wir empfehlen hier ein Stundenkontingent von mindestens 14 Stunden in der Woche", so Goll. Außerdem müsse sich die Gemeinde um ein eigenes Büro des hauptamtlichen pädagogischen Fachpersonals vor Ort kümmern und ein kleines Budget zur Selbstverwaltung einrichten. René Felcht informierte, dass nach dem Beitritt zum Verein eine gemeinsame Bestandsaufnahme sowie die Zielformulierung zur Jugendarbeit mit Beteiligten der Kommune erfolge. Die Umsetzung der Ziele werde regelmäßig überprüft.


Beitritt zum Verein

"Ich finde, wir sollten die Fachkompetenz des Vereins nutzen und dabei alle Ortsteile nach ihren Wünschen fragen", zeigte sich Sandwall begeistert. Die Gemeinde könne die Aufgaben allein nicht stemmen, weshalb man sich "Pro Jugend" anschließen sollte. "Die Haushaltsstelle Jugend sollte überarbeitet werden. Hierzu bräuchten wir Informationen vom Kämmerer", gab Uto Paul Schmitt zu bedenken. "Ich habe schon mit ihm gesprochen: wir können es uns leisten, einen Vertrag mit 14 Stunden zu unterzeichnen", informierte der Bürgermeister. "Wichtig ist uns zu betonen, dass dies nicht etwa eine Alibi-Funktion ist, sondern dass wir uns aktiv in der Jugendarbeit engagieren", so Sandwall. "Bisher haben wir für die Jugendarbeit auch zu wenig Gelder eingestellt. Investitionen in diesem Bereich sind sehr wichtig", mahnte Gemeinderat Uto Paul Schmitt. Einstimmig beschloss man, sich dem Verein "Pro Jugend" anzuschließen und 14 Vor-Ort-Stunden in der Woche zu buchen. Dies kostet einen Jahresbeitrag von 23 000 Euro.


Diskussionsbedarf

Beim Zuschussantrag des Heimatvereins gab es noch Diskussionsbedarf. "Wenn, dann müssen wir alle Gemeindeteile gleich behandeln", gab Christian Horn zu bedenken. Dieser Meinung schloss sich Volker Stahl an, zumal sich hier die Frage stelle, wie man Ortsteile behandelt, die noch keinen Jugendraum haben. Bürgermeister Andreas Sandwall sagte, dass er noch einmal Gespräche mit dem Heimatverein aufnehmen wird und die Detailfragen von der Verwaltung abgeklärt werden. Der Antrag wurde zurückgestellt.