Gedicht auf der Quittung
Autor: Brigitta Kempe-Wolf
Bad Brückenau, Montag, 18. Juli 2016
Josef Krug kam anlässlich der Bezirks-Kulturtage in seine Heimatstadt. Im Gepäck hatte er sogar Originalnotizen von früher.
Für das besondere Ereignis der Unterfränkischen BezirksKulturTage in Stadt und Staatsbad kam Josef Krug für eine Lesung an den Ort seiner Kinder- und Jugendtage. 1950 ist er in Brückenau geboren und aufgewachsen in der Bahnhofstraße 19-21. Neben dem Wohnhaus und der Schreinerei gehörte auch eine Tankstelle zum Anwesen und für ihn war es Alltag da und dort mitzuhelfen.
Seit zwei Jahren ist die Galerie "Form + Farbe" in der Bahnhofstraße 19
beheimatet und dort fand die Lesung statt. Josef Krug sagte, dass es ihm "nicht leicht gefallen ist, hier an diesen Ort für diese Aufgabe zurück zu kommen, in Räumen, in denen ich als mithelfender Familienangehöriger handlangend oft mit ranmusste, nun eine Lesung durchzuführen, ist eine Erfahrung, die sicherlich nicht jedem Autor zuteil wird und auf die ich schon gespannt bin..."
Familienangehörige sind gekommen, ehemalige Nachbarn, Schulkameraden und Freunde der Galerie waren vor Ort. "Kennst Du mich noch, weißt Du noch, schau die alten Fotos.... ", so klang es, und er freute sich über die positiven Reaktionen, signierte Bücher und es entstanden lebhafte Gespräche.
"In der Werkstatt sang die Kreissäge, während ich nebenan erste schriftstellerische Versuche unternahm und Gedichte, kleine Erzählungen, Glossen und Reportagen schrieb, unter anderem auch für die damalige Brückenauer Schülerzeitung ,Kaktus'", erzählte er.
Teilweise las er seine Geschichten und Gedichte von den Originalnotizen aus der damaligen Zeit. So war es ein Quittungsbeleg der Tankstelle, auf dem er während eines Dienstes die ersten Gedanken zu einem Gedicht notierte über Schuhe, die draußen gegangen sind.
Schokolade flog in den Garten
Immer wieder sind es die Bahngeleise neben den Fenstern der Werkstatt und neben dem
Gemüsegarten, die in den Werken vorkommen. Er durfte nicht mit den Freunden im Gelände und der Stadt unterwegs sein, sondern musste die Gemüsebeete jäten. Dann kam der Zug mit den amerikanischen Soldaten. Der Zug hielt und aus den Fenstern kamen Schokolade, Kakaopulver, Erdnussbutter und andere Schätze in den Garten geflogen.
Für die Beete war das nicht wirklich gut, doch für ihn waren es "Manöverfreuden" . Der "Wullewux" von damals war in der Galerie unterwegs, und die lächelnden Gesichter der Zuhörer zeigten, dass diese Figur den meisten bekannt war. Die Gespenster-Angst und die "sich bewegenden Kartoffeln" im Keller bei der Aufgabe Apfelmost dort zu holen führte dann dazu, dass eine Most-Überschwemmung entstand. Eine Fronleichnamsprozession an der Hand der Mutter hat tiefen Eindruck hinterlassen, ebenso wie die Tabakpflanzen des Großvaters und die Folgen dazu. Einen Sarg ausliefern mit dem Lehrbub der Werkstatt sollte nicht lange dauern, doch die Begegnung mit dem Totengräber und dem verstorbenen Nachbarn gehörten für ihn auch zum Erwachsenwerden.
Josef Krug
Vita Josef Krug wohnt in Dortmund, studierte nach dem Abitur in Bad Brückenau Soziologie und Politik in Bochum, arbeitete als Sozialarbeiter, Lehrer, Projektentwickler, Autor.
Veröffentlichungen Seit Ende der 1970er Jahre publizierte er in Zeitschriften und Anthologien, ab den 80er Jahren auch in Form eigenständiger Veröffentlichung: erzählende Prosa, Gedicht, Hörspiel, Essay.
Auszeichnungen: 1987 Vera-Piller-Poesiepreis, Zürich;
1999 Preisträger der Liselotte und Walter-Rauner-Stiftung, Bochum.
Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller (VS) und Europäischen Autorenvereinigung 'Die Kogge'. bkw