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Gastronomen im Landkreis gehen die Azubis aus


Autor: Benedikt Borst

Bad Kissingen, Sonntag, 06. Oktober 2013

Das Hotelgewerbe im Landkreis Bad Kissingen kämpft um Nachwuchs. Drei Azubis und ihre Chefs erklären, worauf es ankommt, damit die Branche weiterhin attraktiv bleibt.
Jonas Zinnheimer zerlegt ein Stück Fleisch in der Hotel-Küche des Victoria.  Fotos: Benedikt Borst


Jonas Zinnheimer hat die richtige Ausbildungsstelle für sich gefunden. Er kocht Á la Carte in einem vier Sterne Hotel in Bad Kissingen. Als Koch kann er nicht nur seinem Hobby beruflich nachgehen, sondern er ist sich auch sicher, dass ihm alle Türen offen stehen. "Ich will die Welt sehen und nach meiner Lehre in der Schweiz arbeiten", sagt der 18-Jährige. Dort würde alles stimmen, privat wie auch karrieremäßig: "Weil man dort richtig ordentlich verdient und ich außerdem gerne boarde."

Wenn es nach der deutschen Hotel- und Gastronomiebranche ginge, dürfte es ruhig mehr junge Menschen wie Zinnheimer geben. "Der Markt hat sich gedreht. Jetzt gibt es zu viele Ausbildungsstellen und zu weniger Bewerber", sagt Jürgen Mönch, Direktor im Hotel Ullrich. Zu Beginn des Lehrjahres 2013 im September wollten im Kreis Bad Kissingen, laut Zahlen der Bundesagentur für Arbeit, 19 Menschen den Beruf Koch ergreifen. 46 Plätze waren offiziell angeboten. Ebenso fehlen Bewerber als Hotel- und Restaurantfachleute. "Wir werden nach wie vor Interessenten haben, die das Hotelfach lernen wollen. Aber der Kuchen wird kleiner", denkt Mönch, der auch im IHK-Prüfungsausschuss sitzt.

Unternehmen müssen günstige Bedingungen schaffen

"Wir müssen deshalb in den Unternehmen günstige Bedingungen schaffen", betont Christian Weghofer, Geschäftsführer vom Hotel Kaiserhof Victoria. Die Betriebe müssten ausbilden, weil Fachkräftemangel drohe. Zu guten Voraussetzungen gehören geregelte Arbeits- und Pausenzeiten, zwei freie Tage pro Woche und Tariflohn. "Und natürlich müssen wir ihnen etwas beibringen." Eine qualitativ gute Ausbildung gehöre dazu. Um die Lehre zu ergänzen, bietet das Victoria für seine Nachwuchsköche Praktika in österreichischen Ferienorten wie in Kitzbühel oder dem Kleinwalsertal an. "Das ist ein besonderes Bonbon", sagt Weghofer stolz. Ihm ist generell ein gutes Betriebsklima wichtig: "Die Arbeit muss den Jugendlichen Spaß machen und sie müssen wissen, dass ich als Chef hinter ihnen stehe", sagt er. Früher herrschte in der Gastronomie ein schroffer Umgangston, das hat seiner Meinung nach in einem modernen Hotel nichts verloren. "Der Lehrling ist ein Rohdiamant, der geschliffen werden muss", meint der gelernte Koch. Man dürfe ihn nicht mit dem Hammer bearbeiten sondern müsse professionell anleiten.

Jürgen Mönch teilt Weghofers Einschätzung. "Gute Azubis können sich heute die Stellen frei aussuchen." Für Hotels, Restaurants und Kliniken bedeutet das einen größeren Konkurrenzkampf um Nachwuchskräfte. Mönch setzt auf ein Gesamtpaket, um sich zu behaupten. "Man muss sich über Jahre hinweg einen guten Ruf erarbeiten" und zeigen, dass man ein guter Lehrbetrieb ist. Zufriedene Lehrlinge seien die beste Werbung. "Problematische ist, dass die jungen Menschen einen Teil ihres Soziallebens dem Beruf unterordnen müssen", sagt Mönch. Sie müssen dann arbeiten, wenn andere frei haben. Er versucht ihnen deshalb ein attraktives Arbeitsumfeld zu bieten. Projektwochen neben dem Arbeitsalltag und gerecht eingeteilte Arbeitspläne mit regelmäßig freien Wochenenden, steigern die Zufriedenheit. Mönch handelt natürlich nicht uneigennützig, sondern aus ökonomischer Notwendigkeit. Zufriedenes Personal bedeutet wenig Kündigungen und gute Leistung. "Mir bleiben dann mehr Ressourcen für meine Gäste." Damit verdiene er schließlich sein Geld.

Unabhängig voneinander betonen alle Gesprächspartner, dass die Hotellerie ein spannendes Arbeitsfeld bietet. Nicht zuletzt deshalb hat sich Jonas Zinnheimer für das Victoria entschieden. "Im Hotel hat man die größten Events, wo man ausgefallenere Sachen kocht." Er sieht das als Chance, mehr zu lernen.