Fünf tote Rinder nach Gewitter in Wollbach
Autor: Kathrin Kupka-Hahn, Annett Lüdeke
Bad Kissingen, Montag, 06. Juni 2016
Für den Wollbacher Landwirt Karl Schneider hatte das Unwetter Konsequenzen: Fünf seiner Rinder sind verendet.
"Es stirbt immer mal eine Kuh oder ein Kälbchen, aber so etwas hatten wir noch nicht", sagt Karl Schneider mit leiser Stimme, als er die Tiere am Sonntagabend begutachtet. Ein heftiges Unwetter war am frühen Sonntagabend durch den Markt Burkardroth gezogen. Besonders heftig wütete es zwischen Wollbach und Premich, mit traurigem Ausgang für den Landwirt.
Es blitzte und donnerte, Starkregen prasselte hernieder. Auch Hagelkörner fielen, sowohl am Schneiderhof in der Wollbacher Schulstraße als auch draußen in der Flur hinter der Einzelnen Eiche, wo sich die Herde mit rund 25 Jungrindern befand. Ein direkter Blitzeinschlag ist nicht zu erkennen. Lediglich Hagelkörner sind noch sichtbar, liegen im Gras, sind zwei Stunden nach dem Unwetter noch zwischen fünf und acht Millimeter groß.
Spannungskegel aufgebaut
Wie genau die Tiere zu Tode kamen, darüber lässt sich nur spekulieren. Sebastian Schneiders Bruder Konrad, der Elektromeister ist und mit vor Ort war, vermutet, dass sich auf der Weide durch einen Blitzeinschlag ein Spannungskegel aufgebaut hat. Die fünf toten Rinder hat am Montagmorgen ein Tierarzt untersucht. Später wurden die Kadaver zur Tierkörperverwertungsanlage gebracht und dort entsorgt. Den Schneiderhof in Wollbach gibt es seit 40 Jahren. Vor Kurzem hat Sohn Sebastian den landwirtschaftlichen Betrieb, in dem ausschließlich Biomilch erzeugt wird, übernommen. Der 37-Jährige war es auch, der die fünf toten Rinder in der Flur zwischen Wollbach und Premich entdeckte. "Nach Gewittern drehen wir immer unsere Runden, schauen nach unseren Tieren draußen auf den Weiden", erklärt er. So auch am vergangenen Sonntag.
Da hatten sowohl der Biolandwirt als auch sein Vater kein gutes Gefühl, als das Unwetter aufzog und erstes Donnergrollen zu hören war. Die beiden waren gerade dabei, die Milchkühe von der nahen Weide zum Melken auf den Hof zu führen. "Kaum hatten wir alle drinnen im Stall, da ging es auch schon richtig los", erzählt Karl Schneider. "Es hat ein paar Mal richtig heftig gekracht", schildert Karl Schneider, wie er das Unwetter erlebt hat. "Ich habe sofort gespürt, da stimmt was nicht."
Wie plötzlich umgefallen
Die Gewissheit folgt kurze Zeit später, als Sebastian Schneider die toten Rinder entdeckt. Sie liegen auf der Weide ohne erkennbare Verletzungen, so, als wären sie ganz plötzlich umgefallen. "Die Tiere stellen sich bei einem Gewitter in Gruppen zusammen, strecken ihr Hinterteil dem Unwetter entgegen", erklärt der Biolandwirt, wie sich die Rinder in einem solchen Fall verhalten. Die fünf Verendeten hätten das offenbar auch getan. "Sonst würden sie nicht so daliegen, wie sie daliegen."
Vergleich mit ähnlichen Fällen
Die Vermutung, dass sich auf der Weide durch einen Blitzeinschlag ein Spannungskegel aufgebaut hat, stützt auch eine Erklärung von Dr. Ernst-Günter Schweppe, Professor für Elektrotechnik. Er hatte diese bei einem ähnlichen Fall im September 2014 abgegeben. Damals waren drei Rinder und sechs Kühe bei einem Unwetter im Hochsauerland ums Leben gekommen, ist auf der Internetseite der Westdeutschen Allgemeine Zeitung (WAZ) nachzulesen. Der Strom eines Blitzes gehe nicht immer linear in die Erde, sondern könne sich strahlenförmig verteilen, wird dort erklärt. "Der Boden funktioniert dann wie ein Widerstand. Durch den Stromfluss entsteht über dem Widerstand eine Spannung, die über die Füße der Tiere aufgenommen wird und zu einem tödlichen Schlag wird. Dabei ist die Spannung umso größer, je weiter die Füße auseinander stehen", sagt Schweppe. Deshalb empfiehlt er, dass Menschen, die von einem Gewitter auf freier Fläche überrascht werden, sich klein machen und die Füße möglichst eng zusammenstellen.
Die Landwirte Sebastian und Karl Schneider sind trotz des wirtschaftlichen Verlustes, den der Tod der fünf Rinder mit sich bringt, froh, dass bei dem Unwetter am Sonntagabend keine Personen und auch niemand aus der Familie zu Schaden kam. Die Frage, wie sich solch ein Unglück künftig vermeiden lässt, stellen sie sich nicht. Schließlich geschehe so etwas sehr selten.
Nur wenig Weidehaltung
Das bestätigt auch Georg Scheuring, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes. "In unserer Gegend gibt es nicht so viel Weidehaltung", begründet er. Um die Tiere vor Blitzeinschlägen zu schützen, müssten sie im Stall gehalten werden, fügt er hinzu. Aber das sei wiederum in einem ökologisch produzierenden Betrieb undenkbar und der Gesundheit der Tiere nicht förderlich. Ein Blitzschlag zwar auch nicht. Jedoch: "Die Wahrscheinlichkeit, von einem Blitz getroffen zu werden, ist nicht so hoch."
Einsätze vor allem in Nüdlingen
In der Integrierten Leitstelle (ILS) Schweinfurt war es ebenfalls alles andere als ein ruhiger Sonntag. Denn die heftigen Gewitter sorgten über dem gesamten Leitstellenbereich hinweg für eine Vielzahl an Notrufen und mehr als 50 Einsätze für die Feuerwehren im Leitstellengebiet. "Standardmäßig sind wir am Wochenende mit fünf Mitarbeitern besetzt", sagt Schichtleiter Sven Hoveling auf Nachfrage dieser Zeitung. Am Sonntag waren es immerhin doppelt so viele Mitarbeiter, die in Schweinfurt im Dienst waren.Kurzfristig werde das über die Rufbereitschaft geregelt, erklärt Hoveling. Dann kann ein Mitarbeiter von zuhause hinzugerufen werden. Weitere Personen kommen aus der Unterstützungsgruppe (UG) ins Team. So war die Schweinfurter Leitstelle am Sonntag zeitweise mit zehn Mitarbeitern besetzt.
"Es waren typische Unwettereinsätze", bilanzierte Sven Hoveling und meint damit vollgelaufene Keller, umgestürzte Bäume und herabgefallene Äste. Im Gebiet der ILS waren Einsätze der Feuerwehren Nüdlingen, Haard, Bad Brückenau, Gefäll und Stralsbach zu verzeichnen. Mit viel Wasser hatten die Nüdlinger Einsatzkräfte zu kämpfen, wie der Nüdlinger Feuerwehrkommandant, Alexander Frey, bestätigt. Während der Starkregen-Phase sind 35 Liter pro Quadratmeter Wasser Niederschlagsmenge in Nüdlingen zu verzeichnen gewesen.
Keller leergepumpt
Für die Helfer galt es, schnell zu reagieren, ergänzte Frey. Insgesamt zählte er elf Einsätze. Vollgelaufene Keller mussten leergepumpt werden. Das Wasser hatte sich von der Straße, aus dem Kanal und von den Äckern her seinen Weg in die Gebäude gebahnt. Alexander Frey hatte die Haarder Feuerwehr nachalarmieren lassen, denn: "Die Zeit, in der der Regenguss kam, war recht kurz." So konnten die Helfer die Vielzahl an Einsätzen möglichst gleichzeitig bewältigen. "Es waren 26 Personen der Nüdlinger Feuerwehr im Einsatz und acht Mann von der Haarder Feuerwehr", sagt Frey.
Bürgermeister mit eingebunden
Alle sechs Fahrzeuge der Nüdlinger und der Haarder waren im Einsatz, im Führungsfahrzeug war neben dem Kommandanten auch Bürgermeister Harald Hofmann vor Ort. "Das wird dann gemacht, wenn zum Beispiel größerer Schaden zu erwarten ist", erläutert der Nüdlinger Kommandant. Dann sei der Bürgermeister gleich mit eingebunden, sofort informiert und könne aktiv werden, falls nötig. Kreisbrandinspektor Harald Albert konnte für die Stadt Bad Kissingen und die Stadtteile einen eher ruhigen Sonntagnachmittag vermelden. "Bad Kissinger Feuerwehren sind nicht ausgerückt", konnte Albert auf Nachfrage berichten.
Ein sportliches Ereignis blieb vom Gewitter nicht verschont: der Rimini-Cup in Hausen. Während die Organisatoren das ganze Turnier über Glück mit dem Wetter hatten, musste ausgerechnet das Endspiel unterbrochen werden. Ungehindert von Wetterkapriolen konnten dagegen die Relegationsspiele in der Region ausgerichtet werden.