Frühlingsstimmen in der Wandelhalle
Autor: Werner Vogel
Bad Kissingen, Dienstag, 14. April 2015
Beim Konzert der Leistungschöre des Fränkischen Sängerbundes überzeugen die Gesangvereine des Sängerkreises mit gepflegtem Chorgesang und frischen Arrangements. Der Schlusschor eint Sänger und Zuhörer und wird zum fulminanten Gemeinschaftserlebnis.
Wer den vieltausendfach in Diskotheken und auf Partys geschmetterten Hit "Fürstenfeld" mit der Textzeile " ... doch es is zum narrisch wearn, koaner will mi singen höarn..." bei einem Chorkonzert zum Besten gibt, sich selbst also ein wenig auf die Schippe nimmt, der hat verstanden, dass betulich gepflegtes Liedgut das Altersproblem der Gesangvereine nicht lösen wird.
So wie die junge Diplom-Musiklehrerin Ilona Seufert, die den Landkreismännerchor der Sängergruppe Bad Kissingen seit 2015 leitet. Charmant und durch ihre mitreißende Art schafft sie es in nur drei Probensequenzen, neuen Schwung in die Männerriege zu bringen. Der starke Beifall, auch für eine rumänische Volksweise und Schuberts "Sanctus" aus der Deutschen Messe zeigt, dass die gesangliche Qualität darunter nicht leiden muss.
Siegfried Gottwald, Vorsitzender der Kissinger Sängergruppe bestätigt, dass engagierte Vereinsvorstände, Chorleiter und Chorleiterinnen, meist gut ausgebildet, mehr und mehr eine modernere Richtung vorgeben. Man lässt sich in der Musikauswahl und der Darstellung etwas einfallen und gibt sich auch im Outfit frischer.
Kreischorleiter Bernhard Oberländer, sieht das ähnlich: " Wir wollen eine vielfältige Chorlandschaft". Dazu gehören auch Projektchöre wie die Formation "d'accord" vom Sängerkreis Schweinfurt. Mit zwei Kompositionen aus Oberländers Feder zu Texten aus "Liebesfrühling" von Friedrich Rückert setzte der gemischte Chor einen ersten Glanzpunkt und stimmte in das jahreszeitliche Thema des Abends ein um dann aber bei überzeugend vorgetragenen Spirituals zu landen.
"So sei gegrüßt vieltausendmal, holder, holder Frühling"
Mit Hoffmann von Fallersleben begrüßte Paul Kolb, Vorsitzender des veranstaltenden Sängerkreises Schweinfurt die weit über dreihundert Sängerinnen, Sänger und Zuhörer. An den vertonten Frühlingsgedichten der Romantiker des 19.Jahrhunders a la Eichendorff und Co. kommt man bei einem solchen Konzert einfach nicht vorbei, meinte er, wies aber auf die völlig unterschiedlichen Interpretationen der Chorsätze hin. So hatte Martina Faber, Leiterin der "Singfoniker" aus Bad Bocklet, "Wach auf meins Herzens Schöne" sehr einfühlsam singen lassen, schon mit der kecken Mittelaltermelodie "El Grillo" den Rhythmus betont um dann bei "Goodnight Sweethart" mit poppigen Klängen so richtig in Fahrt zu kommen. Viel Beifall gab es für die kleine feine Formation mit den adretten roten Schals.
Fast fünfzig, also mehr als dreimal so viele Sängerinnen und Sänger bringt der gemischte Chor des Gesangvereins Frohsinn Riedenberg auf die Bühne. Moderator Oberländer gratulierte zur erneut erworbenen Auszeichnung als Leistungschor, die alle fünf Jahre vor einer Jury bestätigt werden muss. Dirigent Erhard Schumm hatte Orlando di Lasso ausgewählt und die Zuhörer mit dem raumfüllenden Klang der Rhöner Sängerinnen und Sänger in Bann gezogen. Einer romantischen Uhland-Vertonung hatte Schumm mit "Have a nice day" ein rockiges Pendant gegenübergestellt und die Zuhörer zu Bravos und Beifallsstürmen hingerissen.
Zum Schluss singen alle mit
Die steigerten sich noch, als der Männerchor des Gesangvereins Thüngersheim auftrat. Seit Jahren ist der Spitzenchor der Leistungsstufe A zugeordnet. Auch in Bad Kissingen brillierte der Gastchor mit punktgenauen Einsätzen, absoluter Klangreinheit und ausgefeilter Phrasierung. Aus einer sehr homogenen Einheit ragten nochmals die Tenöre hervor, die selbst in der Höhe völlig unangestrengt intonierten. Waren die Zuhörer schon von der Eichendorffs "Komm, Trost der Welt" hingerissen, gab es dutzendfache Bravos für "Das Morgenrot", das mit jeder Textzeile mehr Glut entfachte. Nach "John Peel" und dem galoppierenden "Jäger aus Kurpfalz" waren die Zuhörer nicht mehr zu halten und forderten nachhaltig Zugaben, die Moderator Bernhard Oberländer zwar nicht gewähren konnte, aber alle Mitwirkenden zum gemeinsamen Schlusslied auf und vor die Bühne bat. "Dona nobis pacem" dirigierte Ilona Seufert, band mit wirkungsvollem Dirigat nicht nur die fünf Chöre, sondern auch die Zuhörer ein und setzte einen vielumjubelten Schlusspunkt unter ein bemerkenswertes Konzert.