Ferkinghoff steht vor dem Aus
Autor: Ralf Ruppert
, Freitag, 30. Dezember 2011
Die Frist der Gläubiger zum Jahresende läuft am Jahresende ohne Einigung aus. Alle rund 70 Beschäftigten haben die Kündigung bereits im Briefkasten.
Mehr als 45 Jahre lang hat Rainer Ferkinghoff seine ganze Schaffenskraft in den Familienbetrieb gesteckt, umso bitterer dürfte sein 80. Geburtstag am 29. Dezember gewesen sein. "Wir hängen genauso mit drin", berichtet seine Tochter und Mit-Geschäftsführerin Friederike Ferkinghoff über das baldige Aus der J. G. Ferkinghoff GmbH, und: "Als selbstständiger Unternehmer steht man erst einmal mit nichts da."
Zum Jahresende läuft die Frist der Gläubigerversammlung ergebnislos aus. "Unser Lösungskonzept wurde von den Banken nicht unterstützt", zieht Friederike Ferkinghoff nüchtern Bilanz. Die 53-Jährige ist seit 25 Jahren im Familienbetrieb tätig, jetzt muss sie mit ansehen, wie sich das Vermächtnis ihres Großvaters auflöst. Am 15. Dezember wurden die Mitarbeiter bereits informiert, dass die Produktion in Bad Brückenau auf alle Fälle stillgelegt werden muss.
Friederike Ferkinghoff hatte aber wenigstens gehofft, mit 14 Mitarbeitern und einer Produktion im Ausland weitermachen zu können: "Das technische Know-How wäre hier geblieben", berichtet die Geschäftsführerin. Konkurrenzfähig ist aus ihrer Sicht etwa der computergesteuerte Zuschnitt.
Die Bank habe weitere private Sicherheiten gefordert, berichtet Ferkinghoff, aber: "Die haben ja schon alles", habe die Familie nichts mehr weiter zu bieten gehabt. Also ist nun vermutlich in drei Monaten endgültig Schluss. "Auch ich persönlich muss sehen, wo ich bleibe", bricht auch für die 53-Jährige Geschäftsführerin und ihren Mann ein Lebenstraum in sich zusammen.
"Wenn wir alles aus dem Ausland holen, werden wir irgendwann keine Arbeitsplätze mehr in Deutschland haben", sieht Friederike Ferkinghoff die Globalisierung als zentrale Ursache für die Insolvenz. In diesem Punkt ist sie sich mit Insolvenzverwalter Frank Hanselmann einig: "Weniger als fünf Prozent der hier verkauften Textilien werden hier gefertigt", berichtet er, und: "Alle namhaften Unternehmen sind ins Ausland gegangen, Ferkinghoff hat diese Entwicklung verschlafen", lautet sein hartes Urteil.
"Die Kündigungen sind alle raus, mit dem Betriebsrat haben wir einen Sozialplan ausgehandelt", fasst Hanselmann die von ihm eingeleiteten Schritte zusammen. Bis Ende März soll nun noch die Frühjahr-Sommer-Kollektion gefertigt und ausgeliefert werden. Einzelne Aufträge könnten noch bis April abgearbeitet werden, vielleicht laufe der Fabrikverkauf länger. "Jede Kündigung ist unangenehm, aber wir können nicht zaubern", sagt Hanselmann und sieht es zumindest als kleinen Erfolg an, dass er das Ende des Traditionsunternehmens noch neun Monate hinauszögern konnte.
Ausführlicher Bericht in der Silvesterausgabe der Saale-Zeitung