Druckartikel: Fairtrade-Region: Von der Idee einer besonderen Beziehung

Fairtrade-Region: Von der Idee einer besonderen Beziehung


Autor: Carmen Schmitt

Bad Kissingen, Dienstag, 12. Juli 2016

Die Haltung: Regionalität und fairer Handel gehören zusammen. Die Vision: die Rhön auf dem Weg zur "Fairtrade-Region". Das Mittel: Vernetzung.
Foto: Carmen Schmitt


Was so weit weg klingt, ist eigentlich ganz nah: "Fairtrade" heißt nicht nur, Schokolade von koscheren Quellen zu vernaschen. Fairer Handel findet auch direkt vor der Haustür statt. Das meinen jedenfalls diejenigen, die aus der Rhön eine "Fairtrade"-Region machen wollen. Vernetzung heißt das Stichwort der Akteure.

Geht es nach dem Ideengeber, Dirk Hönerlage aus Bad Brückenau, soll durch diese Vernetzung die Attraktivität des Begriffs "Fairtrade" gesteigert werden. Der Lehrer ist Vorsitzender der "Eine-Welt-Gruppe". Er macht sich für den "Fairtrade"-Gedanken stark und will die "Fairtrade-Städte" (siehe Info-Box) in der Region vernetzen. Vor vier Jahren wurde Bad Brückenau mit dem Titel "Fairtrade-Town" ausgezeichnet. Er will das Wort "Fairtrade" mit Leben füllen. "Das passt so wunderbar zur Rhön. Unsere offene Fernen sollen gelebt werden."

Passend zu diesem Gedanken vermarktet sich die Rhön seit Neuestem in Fairtrade-Qualität. Kappen, Shirts und Pullis gibt es ab sofort mit fairem Profil im Tourismus-Shop zu kaufen. "Man muss sich bewusst werden: Hinter jedem Produkt steckt ein Mensch", sagt Tourismus-Chef, Michael Pfaff. Für die Rhön gelte das genauso. "Für uns heißt das: Hinter jedem Produkt stecken Landschaften. Kein Schnaps ohne Streuobstwiese; kein Bier ohne Braugerste." Michael Pfaff will vermitteln und vernetzen, "was zusammengehört". Die Vision: Die Ansätze "Regionalität" und "Fairtrade" sollen verbunden werden - in der Rhön als "Fairtrade-Region".


Am Bewusstsein arbeiten

"Fairtrade heißt nicht nur, dass es faire Preise für Kaffeebauern, sondern auch für unsere Milchbauern gibt", sagt Dirk Hönerlage. Perfektes Beispiel: die Kaffee-Rösterei von Rainer Bühner. Der verknüpft regionale Handarbeit mit Rohstoffen aus fairem Handel. Im Bad Neustädter Ortsteil Brendlorenzen verarbeitet Rainer Bühner auch Kaffeebohnen aus Peru, der Dominikanischen Republik und Indonesien. Sein Absatz steigt. Doch: "Wir müssen in der Region noch am Bewusstsein arbeiten. Vor allem in der Gastronomie", sagt der Kaffee-Röster.

"Einen Gedankengang kann man nicht verordnen, er braucht Zeit", sagt Dirk Hönerlage. Und: "Es hat sich in Deutschland schon einiges getan." Inzwischen gehöre es auch für Discounter zum guten Ton, fair gehandelte Produkte anzubieten, sagt Franziska Burmester, SPD-Stadträtin in Bad Neustadt a.d.Saale. Auch sie setzt sich für die Vernetzung der Rhöner Fairtrade-Städte ein.

Susanne Wahler-Göbel leitet die Gruppe, die Bad Kissingen den "Fairtrade-Town"-Stempel verschaffen will. Sie sagt: "Fairer Handel ist auch auf die Region bezogen." Klar: regionaler Wein stehe vor dem fairgehandelten Wein aus Südafrika. "Wir wollen regionale Erzeuger unterstützen."

Auch der Landkreis Bad Kissingen steht hinter der Idee der Rhön als "Fairtrade-Region". Die Vernetzung von Akteuren hat Kreisentwickler Jürgen Metz ständig auf dem Schirm.

Was sich aus dieser Vision für die regionalen Produzenten entwickeln könnte? Wie sich die Idee vermarktet? All das sei noch nicht absehbar. Aber: "Vielleicht entwickelt sich daraus ein Elan und gibt anderen den Mut, etwas Neues zu versuchen", sagt Dirk Hönerlage.


Fair-Trade-Stadt: Was ist das, und wer macht mit?

Siegel "Fair Trade" ein Zertifizierungssystem, das sich zum Ziel gesetzt hat, den Handel auf sozialer, ökologischer und ökonomischer Ebene zu verbessern. Das beinhaltet laut der Website der Organisation bessere Preise für Kleinbauern und menschenwürdige Arbeitsbedingungen für Beschäftigte auf Plantagen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Fair Trade will Unternehmer, Produzenten und Konsumenten gleichermaßen ansprechen.

Stempel Die Bezeichnung "Fairtrade-Town", also "Fair-Trade-Stadt", darf sich ein Ort nur anheften, wenn er bestimmte Prüfkriterien erfüllt. Eines besteht darin, dass eine Reihe von Einzelhändlern und Gastronomen mindestens zwei Produkte aus fairem Handel anbieten müssen. Auch der öffentliche Bereich - wie Schulen, Kirchen und Vereine - soll mitziehen. Ein weiteres Kriterium ist, dass die örtlichen Medien über die Bemühungen der sogenannten Steuerungsgruppe, die durch ihren Bestand Kriterium Nummer zwei erfüllt, berichten. Und: Die Kommune muss im Stadtrat beschließen, fairen Handel zu unterstützen und verpflichtet sich, in ihren Sitzungen auch fair gehandelten Kaffee auszuschenken. Der Titel "Fairtrade-Town" wird für zwei Jahre verliehen und danach erneut überprüft.

Fairtrade-Städte Bad Brückenau hat das Siegel "Fairtrade-Town" bereits seit 2012, Hammelburg folgte zwei Jahre später, Bad Neustadt a.d. Saale hat die Auszeichnung 2015 erhalten. Bad Kissingen hat sich gerade beworben.