Fachleute für das Ende
Autor: Kathrin Kupka-Hahn
Bad Kissingen, Montag, 31. Oktober 2016
Bestatter sind schon lange keine Totengräber mehr. Sie begleiten nicht nur Verstorbene auf ihrem letzten Weg, sondern auch Hinterbliebene.
Es ist fast still auf dem Friedhof. Nur die Kirchenglocken läuten. Yvonne Hergenröder blickt kurz auf die Uhr. Es ist dreiviertel neun. Viel Zeit bleibt nicht mehr, dann kommen die ersten Trauergäste. Sie und ihr Mann sind dabei, die Leichenhalle für eine Beerdigung herzurichten. Keine große Sache? Falsch. Da reicht es nicht aus, einfach nur den Sarg oder die Urne hinzustellen. Da müssen zahlreiche Dinge erledigt werden, unter anderem die zahlreichen Blumengestecke arrangiert, die Kondolenzbücher und Trauerkärtchen bereitgelegt und die Kerzen angezündet werden. "Wir sind schon seit kurz nach 7 Uhr hier", sagt Heiko Hergenröther und rückt die mannshohen Kerzenständer in Position. "Diese Arbeit, das Dekorieren und Arrangieren, mag ich am liebsten", sagt seine Frau und lässt ihren Blick über ihr Werk in der Leichenhalle schweifen.
Seiteneinsteigerin
Dabei wollte die 40-Jährige ursprünglich gar nichts mit den Bestattungen zu tun haben, die ihr Mann traditionell früher als Schreiner erledigt hat. "Doch irgendwie bin ich da hineingewachsen", erzählt sie. Was den Ausschlag dazu gegeben hat, weiß die gelernte Friseurin heute nicht mehr. "Ich hätte nie gedacht, dass ich mal sage, das ist ein schöner Beruf." Schließlich lasse sich das Bestatten heute nicht mehr nur auf das klassische Beerdigen oder die Rolle des Totengräbers reduzieren. "Nur etwa zehn Prozent macht die Arbeit an den Toten aus", sagt sie. Der Rest ist Seelsorge, Organisation und Dienstleistung. Dinge, die sie gerne macht. "Denn viele sind überfordert, wenn ein nahestehender Angehöriger gestorben ist, wissen nicht, was zu tun ist." Weil das Thema Tod und Sterben heute nicht mehr so präsent ist wie früher. Weil viele sich keine Gedanken machen und keine Absprachen oder Vorkehrungen treffen. Weil sich auch die Totenkultur geändert hat.
Verschiedene Zeremonien
Noch vor wenigen Jahrzehnten gab es verschiedenen Zeremonien, wenn jemand gestorben war. "Da wurden die Toten beispielsweise noch zu Hause aufgebahrt und Totenwachen gehalten", erzählt Yvonne Hergenröder. Heute findet so etwas gar nicht mehr statt, ebenso das Präsentieren des Toten im offenen Sarg. "Nur noch ganz wenige wollen noch einen Blick auf den Verstorbenen werfen", sagt sie. Manchmal sei es auch besser, den Sarg zuzulassen, nach langer Krankheit etwa oder nach einem Unfall, um den Toten in guter Erinnerung zu behalten.Zudem werden seit etwa zwei Jahrzehnten immer mehr Verstorbene eingeäschert. Nicht zuletzt, da die Böden auf den Friedhöfen gesättigt sind, die Verwesung dort nicht mehr so optimal abläuft. Andere wiederum haben kaum Angehörige oder Kinder vor Ort, wollen mit ihrem Grab nicht zur Last fallen. "Deshalb sind Urnenbestattungen im Ruheforst, in Urnenwändenn oder auf hoher See immer mehr im Kommen," weiß sie.
Ihr Wissen und Können hat sich Yvonne Hergenröder Stück für Stück angeeignet. "Natürlich habe ich auch Kurse im Ausbildungszentrum für Bestatter in Münnerstadt besucht und meinen Mann oft begleitet", sagt sie. Dennoch mache sie vieles intuitiv, auch wenn die Abläufe eigentlich geregelt sind.