Europas bedeutendste Kurstädte: Bad Ems, das malerische Kaiserbad
Autor: Benedikt Borst
Bad Kissingen, Montag, 10. Januar 2022
In einer Serie stellen wir die zehn "Great Spa Towns of Europe" vor, mit denen Bad Kissingen Welterbe wurde. Bad Ems hat als Kaiserbad eine besondere Beziehung zu Wilhelm I, aber auch Dostojewski schwärmte von der Kulisse im Lahntal.
Gute drei Autostunden westlich von Bad Kissingen liegt, idyllisch eingebettet in ein enges Tal an der Lahn, das knapp 10 000 Einwohner große Bad Ems: Einstiges Kaiserbad, gefördert von den Herrschern aus dem Hause Oranien-Nassau, sowie eine Kurtradition, die bis ins Mittelalter zurückreicht. Bad Ems gehört wie Bad Kissingen zur Gruppe der "Great Spa Towns of Europe", also zu den elf bedeutendsten Kurstädten in Europa, die von der Unesco als Welterbe anerkannt wurden.
Hans-Jürgen Sarholz hat als Stadtarchivar und Museumsleiter die Unesco-Bewerbung auf Bad Emser Seite verantwortet. 47 Einzelelemente gehören in Bad Ems zur Welterbestätte dazu; über 15 medizinisch anerkannte Heilquellen verfügt der Ort - darunter befinden sich Quellen für Trinkkuren und vor allem Thermalquellen zum Baden. Durch die geografische Lage im Tal ist alles auf engstem Raum zu finden. "Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten sind natürlich die Kurbauten, die am Lahnufer liegen", sagt er.
Herzstück ist das Kurhaus über den wichtigen Thermalquellen. Die Quellen wurden bereits im Mittelalter von der kirchlichen und weltlichen Elite genutzt, weiß Sarholz. Eine heute nicht mehr existierende Quelle stand zu dieser Zeit sogar in dem Ruf, Frauen fruchtbar zu machen. "Frauen wurden deshalb zur Kur nach Bad Ems geschickt", berichtet er. 1715 ließen die Nassauer das heutige Kurhaus mit Brunnenhalle erbauen, das bis 1999 als herrschaftliches beziehungsweise staatliches Badehaus geführt wurde. Seitdem wird es privat als Häckers Grand Hotel betrieben.
Westlich des Kurhauses befindet sich der Kursaal inklusive Theater und Spielbank. Das Kursaal-Ensemble und der Kurhauskomplex sind über eine Kolonnade miteinander verbunden. Der Architekt Johann Gottfried Gutensohn, der den Kursaal samt Kolonnade erbaut hat, hat übrigens auch in Bad Kissingens seine Spuren hinterlassen: Er errichtete das Ballinghaus an der evangelischen Kirche, das Boxbergerhaus in der Unteren Marktstraße, sowie das Hauptgebäude des Grand Hotels Kaiserhof Victoria.
Charakteristisch für Bad Ems ist die Kurlandschaft mit den steilen, felsigen Hügeln um die Stadt, die einen guten Ausblick bieten und früher mit einer Seilbahn erreicht werden konnten. "Schon Dostojewski schwärmte von den Felsen und dem Blick ins Tal", sagt Sarholz. Die Seilbahn ist zwar noch erhalten, aber nicht mehr in Betrieb.
Viele Monarchen hatten sich den Ort während der Blütezeit im 19. Jahrhundert zur Sommerresidenz auserkoren. Die Hohenzollern kamen regelmäßig hierher, die Romanows und ihrem Gefolge viele andere Einflussreiche wie Diplomaten, Künstler, Schriftsteller.
Eine besondere Beziehung verbindet die Stadt mit Wilhelm I., dem ersten Kaiser des deutschen Reiches. Bei einem Besuch Wilhelms noch als preußischer König im Jahr 1870 wurde Bad Ems zum Schauplatz der Weltpolitik: Es geht um ein schicksalhaftes Treffen Wilhelms mit dem französischen Botschafter de Benedetti. Sarholz sagt: "De Benedetti wusste, dass Wilhelm immer auf der Kurpromenade flanierte. Dort sprach er ihn an", sagt der Historiker. Nach dieser Unterredung ließ Wilhelm ein Telegramm an seinen Kanzler Otto von Bismarck schicken. Dieses Telegram wurde als Emser Depesche bekannt und war mit ein Auslöser für den Deutsch-Französischen Krieg 1870/71, nach dessen Ende Wilhelm Kaiser wurde. "Die Krönung hatte zur Folge, dass sich Bad Ems erst recht Kaiserbad nennen durfte", sagt der Historiker.