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Erste Erfolgsgeschichten


Autor: Ralf Ruppert

Bad Kissingen, Donnerstag, 28. Juli 2016

Mindestens neun von 18 Schülern der ersten Integrationsklasse in der Berufsschule beginnen im Herbst eine Ausbildung.
Sonst gibt es nur die Übungsköpfe, aber an Sozialpädagogin Birgit Baron durfte Asja Tuthaljan schon einmal ausprobieren, was bei der Arbeit im Friseursalon zu beachten ist Foto: Ralf Ruppert


Im September 2014 startete die erste Berufsintegrationsklasse an der Staatlichen Berufsschule. "Das war ein Glücksfall", erinnert sich Ali Musawy an seinen ersten Schultag in Garitz. Im Oktober 2103 kam der 25-Jährige aus Afghanistan nach Deutschland, zunächst nach München, später nach Hammelburg. "Dort gab es wenige Angebote, nur die Deutsch-Kurse der Helfer", berichtet er. In der Berufsintegrationsklasse dagegen stehen feste Unterrichtszeiten und Praktika in Betrieben auf dem Plan. Mit Erfolg: Mindestens die Hälfte der 18 Schüler hat bereits eine klare Perspektive, bei anderen gebe es noch Gespräche mit Betrieben.


Warten auf Integrationsgesetz

Die meisten machen zunächst ein so gennantes Einstiegsqualifizierungs-(EQ-)Jahr. "Dabei wird der eigentliche Ausbildungsvertrag erst danach geschlossen, aber wenn die Schüler in dem Jahr die Berufsschule besuchen, kann das Jahr anerkannt werden", berichtet Sozialpädagogin Birgit Baron. Bislang habe sie den Betrieben zum EQ-Jahr geraten, weil es dazu Förderung von der Arbeitsagentur gibt. Außerdem kann bei Sprachproblemen die Ausbildung um ein Jahr verlängert werden. Allerdings müsse man abwarten, was das neue Integrationsgesetz bringe: Falls Flüchtlinge mit Ausbildungsvertrag ein Bleiberecht bekommen, werde sie mit den Betrieben neu verhandeln.
Die 21-jährige Asja Tuthaljan hat einen solchen EQ-Vertrag mit dem Garitzer Friseursalon Schießer. "Ich war das ganze Schuljahr über dort und war von Anfang an begeistert", berichtet sie freudestrahlend. Die Ukrainierin kam vor zwei Jahren nach Deutschland, im Februar 2015 stieg sie zum Halbjahr in die Berufsintegrationsklasse ein. "Ich habe hier und im Betrieb sehr viel über die Sprache gelernt", erzählt sie in gutem Deutsch. Ein Problem seien noch die weiten Wege: Asja Tuthaljan lebt in der Gemeinschaftsunterkunft in Ebenhausen. "Der Ort ist schön, aber klein", sagt sie. Eigentlich würde sie lieber in Bad Kissingen wohnen, weil sie noch keinen Führerschein hat, aber die Kolleginnen im Friseursalon würden sie auch immer vom Bahnhof mit nach Garitz nehmen.


Zusätzliche Lehrstelle

"Wir brauchen Nachwuchs", sagt Gerd Schießer und ist froh über das Interesse von Asja Tuthaljan an dem Beruf. Der Betrieb stelle zum ersten Mal einen Flüchtling ein: "Die Schule hat angefragt, ob wir jemanden nehmen und wir haben spontan zugesagt", berichtet Gerd Schießer. "Am Anfang war die Sprache noch ein großes Problem", erinnert er sich. Aber: "Asja hat alle Fachbegriffe schnell gelernt, wir hatten den Eindruck, dass sie das gerne macht."
Ihr Einsatz sei vorbildlich: "Wenn keine Kunden da sind, geht sie an den Übungskopf und übt", berichtet Gerd Schießer. Deshalb war es auch keine Frage, dass Asja einen EQ-Vertrag bekommt, im Gegenteil: "Wir würden ihr auch jederzeit einen Ausbildungsvertrag geben." Einer deutschen Bewerberin nehme Asja keine Lehrstelle weg: "Wir stellen noch einen zweiten Lehrling ein, das ist eine zusätzliche Stelle", betont Gerd Schießer. Schließlich habe er in den vergangenen Jahren nicht ausbilden können, weil es zu wenige Bewerber gab.
Ali Musawy hat bereits mehrere Berufe ausprobiert: Koch, Verkäufer, Maler und Verputzer. "Es waren immer alle nett, aber es war einfach nicht das Richtige", fasst er seine Erlebnisse zusammen. In Afghanistan arbeitete er bereits als Schweißer, war dort sogar Meister. In Deutschland musste er jedoch feststellen, dass die Ausbildung aus seiner Heimat nicht viel bringt: Völlig ohne Computerkenntnisse komme er hier nicht weit. "Ich habe mir Deutschland nicht so kompliziert vorgestellt", gibt er zu, und: "In Deutschland muss alles ganz genau sein, man muss immer aufpassen."


"Freundlich und zuverlässig"

Das gilt auch für sein jüngstes Praktikum bei der Firma ACO in Reith: Seit zwei Monaten hat er in der Lagerlogistik seine Berufung gefunden. "Das gefällt mir", sagt der 25-Jährige. "Herr Musawy ist immer freundlich und zuverlässig", berichtet auch Jennifer Dittmer aus der ACO-Personalabteilung. Er sei sehr gut aufgenommen worden, deshalb biete ihm das Unternehmen auch die Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik an. Auch ACO wählt zunächst das EQ-Jahr, aber: "Das ist nur als Puffer gedacht, falls er wegen der Sprache ein Jahr länger braucht", betont Dittmer. Er werde im Betrieb als ganz normaler Auszubildender arbeiten.