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Erholung direkt vor der Haustüre


Autor: Robert Huger

Bad Kissingen, Donnerstag, 30. Juli 2015

Einige Bad Kissinger suchen die Entspannung nicht am Mittelmeer oder auf einer Südseeinsel, sondern zu Hause im (Klein-)Garten. Entgegen dem deutschlandweiten Kleingärtner-Trend fehlen in Bad Kissingen noch junge Vereinsmitglieder.
Die Stockrose ist Ulrike Aichners Lieblingspflanze.  Fotos: Robert Huger


Salate, Tomaten, Kohlrabi, Karotten und Zucchini bauen die meisten Kleingärtner an. Ulrike Aichner aus Bad Kissingen hat neben Gemüse auch Mirabellen, Weintrauben und Jostabeeren im Angebot. Letztere mag sie besonders. "Die geben die beste Marmelade", schwärmt Aichner.
Sie ist in ihrer Freizeit so oft wie möglich ihrem Garten auf der "Rhönblick"-Anlage des Bad Kissinger Kleingartenvereins unweit des Bismarckturmes.

Doch warum hat der Garten solch eine große Anziehungskraft auf sie? "In erster Linie bin ich hier, um Biogemüse anzubauen", sagt Ulrike Aichner. Zudem sei es einfach "Erholung pur". Am besten gefällt es ihr, wenn sie früh morgens im Garten ist. "Dann ist dort diese wunderbare Stille", erzählt sie. Man sei umgeben von Blumen und die Vögel zwitschern dazu.

Es schmeckt einfach besser

Aichners Kinder sind es gewöhnt, dass Mama Gemüse aus dem eigenen Garten zum Kochen verwendet. Als sie einmal Karotten aus dem Supermakrt kaufte, merkte ihr Sohn das sofort: "Was hast Du denn da für Mohrrüben?", fragte er. Und auch Aichner selbst ist überzeugt: "Ein wesentlicher Unterschied ist, dass das Gemüse besser schmeckt."
An Unterhaltung und Gesprächsthemen mangelt es den Kleingärtnern nicht. Geplaudert wird über Kartoffelkäfer, den ausbleibenden Regen oder Nacktschneckenbefall. "Das ist eine Wissenschaft für sich", sagt Aichner, "da kann man eifrig diskutieren." Das macht sie auch gerne mit ihren deutsch-russischen Gartennachbarn.

Riesentomaten aus Russland

Der osteuropäische Einfluss wird im Kleingartenverein geschätzt. "Man lernt viel von den Russen", erzhält Helmut Voll, der Vorsitzende des Vereines. So habe ihm einer der Spätaussiedler ein "Ochsenherz", also eine riesige Tomate, präsentiert. "Die haben andere Sorten", sagt Voll. Da könnten vier Personen von einer Tomate satt werden.
Generell wird im "Rhönblick" das Zwischenmenschliche gepflegt. Es werden Feste und Ausflüge organisiert. "Wir sind wie eine große Familie", sagt Erich Schmalz, stellvertretender Vorsitzender des Kleingartenvereins. Er ist aber der Meinung, dass noch mehr junge Leute in den Verein gehören. Dazu solle man unter anderem einmal darüber nachdenken, die Ablösesummen für die Gärten etwas zu senken. Derzeit kostet eine Parzelle zwischen 8000 und 10 000 Euro. Schmalz meint, dass 6000 ausreichend sein müssten.

Gestaltung der Gärten

Wer noch nie eine Kleingartenanlage besucht hat, der könnte meinen, dort stünden überall Gartenzwerge. Doch weit gefehlt. Nur vereinzelt sind Zwerge oder andere Figuren aufgestellt. Dennoch sind die Gärten sehr abwechslungsreich gestaltet. "Jeder Garten ist anders", sagt Helmut Voll.
Manchmal gibt es allerdings auch schwarze Schafe unter den Kleingärtnern. Wenn die Pflege über längere Zeit zu wünschen übrig lässt, droht der Rauswurf aus dem Verein. "Irgendwann geht's halt nimmer", sagt Helmut Voll. Damit sind aber keinesfalls die Gärten gemeint, die aus Altersgründen weniger gepflegt werden können. Dort helfen Voll und andere gerne aus.

Die Regeln

Es gibt klare Vorschriften auf der Kleingartenanlage. Zum Beispiel darf es in den einzelnen Lauben keine Wasser- und Stromanschlüsse geben. Für die Notdurft gibt es eine Gemeinschaftstoilette. "Ein Kleingarten ist etwas anderes als ein Wochenendhaus", erläutert Voll. Untersagt sind ebenso die Haltung von Kleintieren und das unbekleidete Sonnenbaden. "Wir sind kein Nudistenverein", so Voll. Schließlich sind oft Kinder auf der Anlage und es gebe Anhänger verschiedener Religionen. Das wird respektiert.

Kinder lernen etwas

Ulrike Aichner hat die Laube von ihren Eltern übernehmen können. Und auch ihre Kinder waren immer oft im Garten: "Sie sind im Prinzip hier aufgewachsen." Daher können sie verschiedene Gemüse gut auseinanderhalten. Dass Kinder einiges auf der Kleingartenanlage lernen, gefällt auch Vorstandsmitglied Edgar Kast. "Es ist doch schön, wenn Kinder eine Zucchini von einer Gurke unterscheiden können", sagt er. Für Kinder sei so ein Garten das ideale Umfeld und außerdem für die meisten nur fünf Minuten von zu Hause entfernt.