Druckartikel: Er wirbt um Verständnis für Wespen

Er wirbt um Verständnis für Wespen


Autor: Marion Eckert

Waldberg, Dienstag, 30. August 2022

Ängste nehmen, aufklären und Lösungen bei Problemen finden, das sind Anliegen, die Julian Herbert mit seiner Tätigkeit als Wespenberater verbindet. Er ist auch noch leidenschaftlicher Imker.
Anhand eines alten Nests der "mittleren Wespe" zeigt Wespenberater Julian Herbert, wie filigran der Aufbau eines Wespennestes ist. Foto: Marion Eckert


Wespen sind meist eher unliebsame Gäste. An Bier, Limo, Eis oder Kuchen tun sie sich gerne gütlich, stören Grillpartys oder den nachmittäglichen Kaffee. Noch unangenehmer wird es, wenn Wespen sich mit ihren Nestern im heimischen Garten, in Schuppen oder gar am Dachboden ansiedeln. Wespenstiche tun weh und können für Allergiker auch richtig gefährlich werden.

Ruhe bewahren

Hochsommer ist Wespenzeit, und nicht wenige Zeitgenossen fühlen sich von ihnen genervt. Nicht so Julian Herbert aus Waldberg. Der 23-jährige ist Wespenberater und plädiert für "leben und leben lassen." Ruhe bewahren, sei die oberste Devise, denn Wespen und Hornissen seien nicht von Natur aus aggressiv. "Sie stechen nur, wenn sie sich bedroht fühlen. Hektische Bewegungen können dafür sorgen, dass sie stechen." Julian Herbert studierte in Triesdorf Umweltsicherung, im Moment "baut" er seinen Master in Umweltingenieurwesen.

Seit Sommer 2021 ist er leidenschaftlicher Imker. Elf Völker betreut er und tritt damit in die Fußstapfen seines Großvaters. "Zehn Jahre gab es keine Bienen am Hof, es hat etwas gefehlt." Die Ausbildung zum Wespenberater absolvierte er im Frühjahr diesen Jahres, um fachgerechte Beratung bei Fragen rund um Wespen und deren mögliche Umsiedlung zu geben. Wobei Herbert gleich einschränkt, dass die Umsiedlung von Wespen stets der letzte Ausweg sei. In seinem Garten summt und brummt es gewaltig. Die Bienenstände stehen mitten im reich blühenden Garten.

Doch nicht nur Bienenstände pflegt Herbert, sondern auch Wespen finden bei ihm Unterschlupf. In einer alten Kuckucksuhr hat sich ein Volk eingenistet. Ohne Schutz nimmt er es von der Wand. Die Wespen fliegen ein und aus. Nicht jedermanns Sache, so nahe an ein Nest heranzukommen. Herbert beruhigt: "Bleibt man auf einer Distanz von zwei bis drei Metern zum Nest und versperrt den Wespen die Flugbahn nicht, fühlen sie sich nicht bedroht."

Deutsche und Gemeine Wespe

Verständnis wecken, Ängste nehmen, aufklären und Lösungen bei Problemen finden, das sind Anliegen, die Julian Herbert mit seiner Tätigkeit als Wespenberater verbindet. "Es gibt nur zwei Arten, die dem Menschen lästig werden. Die Deutsche und die Gemeine Wespe. Die weiteren sechs heimischen Wespenarten interessieren sich nicht für Menschen, Grillfleisch, Süßspeisen usw." Herbert rät, Speisen im Freien weitgehend abzudecken und Reste nach dem Essen aufzuräumen. Kindern sollten nach dem Essen, speziell von Eis, Mund und Hände abgewischt werden, um die Tiere nicht anzulocken. Von Ablenkungsfütterung wenige Meter neben der Kuchentafel oder dem Grillbuffet hält Herbert wenig. Vielmehr setzt er auf eine Co-Existenz. Er selbst duldet sie auch nicht auf seiner Kuchengabel. Verirrt sich eine Wespe in die Nähe des Gesichts, rät er, still zu halten, keine schnellen Bewegungen zu machen, sondern die Wespe mit dem "Wespengruß" leise, langsam und vorsichtig zur Seite zu schieben.

Wespenstaat vertilgt bis zu 3000 Kleintiere

Von Wespenfallen hält der Wespenberater gar nichts. Wespen sind nützliche Tiere, sie helfen Mücken und Co. in Schach zu halten. Laut einer Publikation des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) vertilgt ein kleiner Wespenstaat bis zu 3000 Fliegen, Mücken, Raupen, Motten, Spinnen und andere Kleintiere pro Tag. "Ein Hornissenvolk vertilgt soviel Insekten wie sechs Meisenfamilien", weiß Herbert.

Dass sich Wespen vermehrt in Schuppen, Dachböden oder Rollokästen einnisten, sei der Veränderung in den Gärten und der Landschaft geschuldet. "Sie finden immer natürliche Höhlen in alten Bäumen oder leere Mäuselöcher im Boden." Wespen haben je nach Art ganz unterschiedliche Ansprüche, es gibt Dunkelhellnister und Dunkelhöhlennister. Selbstverständlich sollte sein, dass Wespennester nicht auf eigene Faust zerstört werden dürfen. Die Insekten stehen unter Naturschutz, und laut dem Bundesnaturschutzgesetz ist es generell untersagt, Wespen zu töten.

Wespen vor dem Mensch schützen

Wenn Julian Herbert als Wespenberater im Einsatz ist, gilt es für ihn zu klären, um welche Art Wespe es sich handelt. Je nach Lage werde dann entschieden, welche Maßnahmen möglich und zumutbar seien. "Es geht darum, die Wespen vor dem Mensch zu schützen." Bei einem Nest im Garten könne es großräumig markiert und der Bereich gesperrt werden. Im Eingangsbereich oder in Rollokästen müssen individuelle Lösungen gefunden werden, abhängig ob Kinder oder sensible Personen in den Gebäuden leben, und wie hoch der Duldungsgrad sei. "Umsiedeln ist möglich, aber sehr aufwendig. Manchmal reicht es schon, wenn die Leute wissen, dass mit Ende des Sommers der Spuk auch wieder vorbei ist." Es überwintern nur die Königinnen, und ein Nest werde kein zweites Mal besiedelt.

Auch mit Märchen rund um Wespen möchte Herbert aufräumen. "Die Geschichte, drei Wespenstiche töten einen Menschen und sieben ein Pferd, ist absoluter Blödsinn". Natürlich tue ein Stich weh, und allergische Reaktionen sollten unbedingt ernstgenommen werden. "Das Gift einer Biene ist 15 Mal giftiger als das einer Hornisse. Es ist kein Fall bekannt, dass ein Mensch durch einen Hornissenstich getötet wurde."

Mehr Wissenswertes über Wespen gibt es im Internet aus der Homepage über Wespenschutz.