Druckartikel: Elf Monate Freiheitsstrafe mit Bewährung für Exhibitionist

Elf Monate Freiheitsstrafe mit Bewährung für Exhibitionist


Autor: Sigismund von Dobschütz

Bad Kissingen, Mittwoch, 09. Juni 2021

Sechs Mal hatte sich der Angeklagte Frauen gegenüber auf ihren Spaziergängen nackt gezeigt, sie erschreckt. Jetzt stand er vor Gericht, bereute seinen Taten.
Am Amtsgericht Bad Kissingen musste sich jetzt ein Exhibitionist für seine Taten verantworten.


Mit einer Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung kam der Angeklagte glimpflich davon. Er hatte sich wegen exhibitionistischer Handlungen in sechs Fällen, teilweise in Tateinheit mit Beleidigung und Erregung öffentlichen Ärgernisses, vor dem Bad Kissinger Amtsgericht zu verantworten. "Sie werden wohl Ihr Leben lang therapeutische Behandlung brauchen", meinte die Richterin abschließend.

Es schien für den Angeklagten, einen Mann mittleren Alters, nicht leicht zu sein, mit seinen Taten öffentlich konfrontiert zu werden. Als einziger im Gerichtssaal behielt er seine FFP2-Maske auf - wohl weniger aus Vorsicht, eher aus Scham. Mit starrem Blick fixierte er während der einstündigen Verhandlung einen imaginären Punkt auf der Tischplatte, antwortete auf Befragung nur das Notwendigste. "Es wird schon stimmen", meinte er zu den Vorwürfen des Staatsanwalts. Demnach hatte der Mann aus Hessen in den Jahren 2018 und 2019 sechs Mal in den Kurgebieten von Bad Kissingen und Bad Brückenau Spaziergängerinnen seinen erigierten Penis gezeigt, mal daran manipuliert, mal onaniert, mal eine Frau beleidigt, einer anderen Obszönitäten zugerufen.

An die Fälle könne sich ihr Mandant im Einzelnen nicht mehr erinnern, er wolle auch den als Zeuginnen geladenen Frauen die Aussagen ersparen, übernahm seine Verteidigerin das Wort und führte, ihr abschließendes Plädoyer vorwegnehmend, gleich etliche Gründe zur Entlastung des Angeklagten an.

Demnach bemüht sich ihr wegen ähnlicher Taten vor einigen Jahren vorbestrafter Mandant seit langer Zeit erneut, aber vergeblich um einen Therapieplatz bei einem Facharzt mit kassenärztlicher Zulassung. Ersatzweise ist er seit Oktober 2020 bei einer ihm aus damaligen Jahren vertrauten Therapeutin in Privatbehandlung, die leider kürzlich ihre kassenärztliche Zulassung abgegeben hat. "Er ist also dran, er arbeitet dran."

Vor Jahren in psychiatrischer Behandlung

Aus einem Gutachten war zu erfahren, dass der Angeklagte vor zwei Jahren wegen Depressionen und anderer psychosomatischer Probleme in stationärer Behandlung, bereits Jahre zuvor wegen sexueller Probleme in psychiatrischer Behandlung war und jetzt wieder mit Psychopharmaka behandelt wird. "Es werden viele Medikamente ausprobiert", meinte der Angeklagte. Eine Störung seiner Sexualpräferenzen war ihm diagnostiziert worden. Die psychischen Probleme hätten im vergangenen Jahr nach Scheidung und Jobverlust zugenommen, ergänzte seine Verteidigerin, jetzt habe er sich aber dank neuer Freundin und neuer Arbeitsstelle wieder erholt.

Der Staatsanwalt hielt in seinem Plädoyer dem Angeklagten zugute, dass dieser seine Taten gestanden, diese vor Gericht auch glaubhaft bereut und den Zeuginnen ihre Aussagen erspart hatte. Zu seinen Lasten müssten allerdings seine einschlägigen Vorstrafen zur Urteilsfindung herangezogen werden, weshalb er eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten beantragte. Die Aussetzung zur Bewährung auf drei Jahre sei statthaft, da seine Vorstrafen lange zurückliegen und ihm eine günstige Sozialprognose bescheinigt werden könne: "Er bemüht sich, seinen Sexualtrieb mit Medikamenten und Therapie in den Griff zu bekommen." Als Bewährungsauflage hielt der Anklagevertreter den regelmäßigen Besuch beim Therapeuten für notwendig.

Die Verteidigerin wiederholte ihre schon zu Verhandlungsbeginn aufgezählten Entlastungspunkte und versicherte nachdrücklich: "Mein Mandant stellt sich der Problematik. Er will reinen Tisch machen. Er will von der Krankheit loskommen." Sie hielt eine einjährige Freiheitsstrafe für ausreichend, da der Angeklagte ein geordnetes Leben führt.

Das Urteil fiel mit nur elf Monaten auf Bewährung sogar noch günstiger aus. Trotz Anerkennung der genannten und fachärztlich bescheinigten Entlastungsgründe machte die Richterin dem Angeklagten allerdings den Vorwurf, seine Taten ausgerechnet nahe Kliniken begangen zu haben, in denen manche der belästigten Frauen selbst wegen psychischer Probleme Heilung suchten. "Die Zeuginnen waren damals alle sehr erschrocken."

Richterin verfügt Therapiebesuche

Auch zeigten die geringer werdenden Zeitabstände seiner Taten, "dass sich der Druck bei Ihnen aufgebaut hatte". Als Bewährungsauflage verfügte die Richterin deshalb, während der dreijährigen Bewährungsfrist einen monatlichen Therapiebesuch bei seiner jetzigen Ärztin oder jedem anderen Therapeuten mit halbjährlichem Nachweis. Auf eine zusätzliche Geldauflage verzichtete die Richterin, da der Angeklagte bei geringem Einkommen jetzt die Gutachter- und Verfahrenskosten übernehmen, für den Unterhalt seiner beiden Kinder aufkommen und noch die Therapiekosten zahlen muss.