Eine Zeitmaschine bringt die Mafia und Sissi nach Nüdlingen
Autor: Pierre Strecker
Nüdlingen, Sonntag, 17. Februar 2019
In der Prunksitzung des Nüdlinger Carnevalclubs (NCC) entstieg so manch kurioses der imaginären Zeitmaschine.
Nach dem fulminanten Startschuss vor kurzem in der Schlossberghalle waren die Erwartungen an die Elferratssitzung in Nüdlingen verständlicherweise ziemlich hoch, aber von Aufregung war bei den Närrinnen und Narren des Nüdlinger Carneval Clubs (NCC) nicht viel zu spüren. Um Punkt 19.45 Uhr ging es in der Nüdlinger Schulturnhalle auf Zeitreise. Beim Bau des fiktiven Tunnels unter Nüdlingen hindurch, der als Ersatz für die schon ewig heiß debattierte Umgehungsstraße fungieren sollte, wurde nämlich eine Zeitmaschine gefunden. Also haben die findigen Schnitthapper direkt eine Zeitreiseagentur eröffnet, ganz wie in Ray Bradburys klassischer Kurzgeschichte "Ferner Donner". In diesem Reisebüro wird quasi der Wurmerich zum Wurmloch, und nach kurzen, improvisierten Grußworten des Dritten Bürgermeisters Stephan Schmitt sowie von Pfarrer Dominik Kesina, sowie der Begrüßung der Ehrengäste konnte es auch schon auf die große temporale Entdeckungsreise gehen.
Künstliche Intelligenz antwortet
Den Anfang machten Verena Güldner, Maren Grom und Sebastian Tatzel als die künstlichen Intelligenzen Siri, Alexa und Google, denn so eine Zeitmaschine muss natürlich technisch up to date sein. Diese Sprachsteuerungen wurden mit allerlei Fragen, speziell zur Nüdlinger Lokalgeschehen gefüttert, etwa zum Geschwindigkeitsmesser im Dorf oder auch über die Probleme, die folgen, wenn in Nüdlingen und Haard parallel Schützenfest und Highland Games veranstaltet werden. Ihre Antworten konnten allerdings kaum unterschiedlicher sein, gerade auch in ihrer Nützlichkeit.
Nach dem amüsanten Einstieg übernahm die Marschtanzgruppe des NCC die erste Tanzvorführung. Es sollten an diesem Abend noch einige folgen. Die Nummer war hervorragend getanzt und es wunderte keinen, dass die Gruppe in der vorigen Woche in Schweinfurt genauso wie an diesem Abend auch für Begeisterung gesorgt hat. Anschließend trat der Zeitmaschinentechniker Sebastian Schäfer auf, der mehrfach zwischen verschiedenen Nummern auf die Bühne schlich, um die Zeitmaschine noch weiter zu frisieren, bzw. zu verschlimmbessern. Ein Job für die "Security", schließlich war es Zeit bis zur Sintflut zurück zu reisen. So lautete nämlich das Motto der Nummer der Purzelgarde des NCC, also der jüngsten Tanzgruppe, die paarweise als Tiere verkleidet wahrlich zuckersüß derart gekonnt tanzten, dass sie sich vor den Großen keineswegs verstecken brauchten. Anschließend war es Zeit für eine Schulstunde.
Referendarin Patricia Hein und der reichlich desinteressierte Lehrer Tobias Schäfer hatten ihre Schulklasse in den Ferien auf Zeitreisen geschickt, damit die Schülerinnen mit interessanten Referaten zurückkamen. Natürlich waren die Referate eher mäßig lehrreich, dafür reichlich unterhaltsam, denn die Schülerinnen hatten mit reichlich Missverständnissen und eigenwilligen Betrachtungen über ihre Zeitperioden zu kämpfen, etwa was die Bewaffnungsgröße von Rittern, Sinn und Unsinn auf Wikingerschiffen oder bei den alten Ägyptern angeht. Man konnte es auch wie die Schülerin, die eine Hippiekommune beobachten sollte, machen und einfach zu Bob Marley tanzen bis keiner mehr Fragen stellen mag. Da wurde das Thema des Abends, eine Zeitreise, wahrlich lustig durchexerziert und verdammt sympathisch dargebracht.
Italienische Mafia in Nüdlingen
Danach kam das Tanzmariechen der angereisten Karnevalsgruppe von der DJK Salz an die Reihe, die mit ihrer akrobatisch anspruchsvollen Darbietung das Publikum zutiefst beeindruckte. Dem Tanz folgte ein musikalischer Sketch: Ein mafiainteressierter Mann möchte in die Blütezeit der "ehrenwerten Gesellschaft" reisen und einem echten Paten bei seiner Arbeit beobachten. Der Pate war "Don Luigi", alias Ludwig Brumm, der mit seiner Frau Bärbel zum Familientreffen lud, um "la famiglia" sein größtes Geheimnis zu offenbaren. Hierbei wurden immer wieder Stichworte genutzt um in winzige Playback-Nummern bestehend aus Italopop zu verfallen, wobei die nach und nach auftauchenden Familienmitglieder - die im übrigen tatsächlich alle aus der Familie von Gründervater Opa Güldner stammten - alle ihre eigenen Musikstücke und Eigenheiten im Schlepptau hatten. Nicht nur dass der Sketch wieder sehr unterhaltsam und sympathisch gespielt war, er erinnerte einen auch daran wie viel gute Musik es eigentlich aus der Heimat der Pizza gibt.
Nach der großen, schockierenden Enthüllung Don Luigis in Wirklichkeit ein waschechter Bayer zu sein, ging es ab in den Wilden Westen. Die Juniorengarde des NCC tanzte als Cowgirls und Indianerinnen verkleidet zu Klassikern wie Purs "Indianer" oder Billy Ray Cyrus' "Achy Breaky Heart", und schaffte es so einmal mehr das Publikum in ihren Bann zu ziehen.
Rollentausch inklusive
Als letzte Nummer vor der Pause kamen Sissi und Franz aus der Zeitmaschine getappst, ins Nüdlingen der Gegenwart, die den beiden Monarchen reichlich primitiv vorkam, sodass sie pantomimisch und sarkastisch versuchten mit den Eingeborenen Kontakt aufzunehmen. Der Clou der Nummer war, dass Tobias Schäfer als Sissi und Eva Hein als Kaiser Franz die Rollen mit vertauschten Geschlechtern spielten, und dabei extrem Eindruck hinterließen.