Eine Attraktion - wenn sie läuft
Autor: Werner Vogel
Bad Kissingen, Sonntag, 21. August 2016
Die Freipumpe am Gradierwerk ist zwar saniert und für das Schaulaufen präpariert, doch im Allgemeinen steht sie still.
Die Freipumpe an der Saline ist ein einzigartiges Industriedenkmal. Aber erst eingeschaltet entfaltet sie ihre besondere Faszination, wie die Teilnehmer der Heilwasserführung von Martina Wilm-Kiesel und andere Zaungäste erstmals wieder erleben konnten. "Kapitän" Mario Dörr hingegen wünscht sich mehr Wasser unter dem Kiel des Dampferle. Beides gehört zusammen.
Sven und Juliane L.
stehen vor der Infotafel und studieren die Funktion der Freipumpe an der oberen Saline. Sie sind beeindruckt von der Größe der Anlage, staunen über das zwei Meter hohe Rad, das die mächtigen Pleuelstangen antreibt. Das geordnete Nebeneinander von massiven Gussteilen, sichtbar solide verschraubt, zeigt ausgeklügelte Maschinenbautechnik aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, "erinnert irgendwie sogar an die Kunstmaschinen eines Jean Tinguely", meint Juliane.
Die dahinter steckende Ingenieurskunst, die mit wenig Wasserkraft immerhin 35 PS erzeugen konnte und dabei gleich mehrere Funktionen erfüllte, kann die Beschreibung auf der Tafel nur umreißen.
Ästhetisch und funktionell
Die jungen Berliner haben ein Wellness-Wochenende gebucht und beobachten das langsam-stetige Vor und Zurück der Pumpen: "Obwohl sich Rad und Kolben bewegen, strahlt die Maschine - im Gegensatz zur
wuseligen Tinguely-Kunst- wohltuende Ruhe aus", meint Sven. Juliane ist angetan von Gesamteindruck der Anlage und ergänzt: "Sie liegt gelassen da, wie ein schläfriges mächtiges Tier."Zaungäste sammeln sich, als Martina Wilm-Kiesel erklärt, dass die Anlage einst das Wasser des Luitpoldsprudels durch Leitungen in das "Solereservoir" an der Salinenstraße transportierte, von wo es mit Fasswagen von den Kurhäusern der Stadt für die Wannenbäder abgeholt wurde. Gleichzeitig pumpte die Maschine auch die Sole auf die Dornenreiser der Saline, die beim Herunterrieseln für die erwünschte salzige Luft sorgte. Die Freipumpe ist die letzte Station der Heilwasserführung, die über Maxbrunnen, Rosengarten an der Saale entlang bis hinaus zur Saline führt und bei der alles Wissenswerte über die sieben Brunnen des Heilbades zu erfahren ist. An der Anlegestelle steigen die Teilnehmer dann in das "Dampferle" und schippern zurück zur Haltestelle im Rosengarten.
Dampferle braucht Kanal-Wasser
Sie treffen auf Mario Dörr, einen der Bootsführer der Saaleschiffahrt GmbH, der heute seine Gäste endlich wieder mal ohne knifflige Manöver zurück zum Rosengarten fahren kann, weil die Freipumpe Wasser in den Kanal zur Anlegestelle leitet.
Dörr ist seit 20 Jahren auf der Saale unterwegs und kennt ihre Tücken wie kein zweiter: "Wir haben echte Probleme, seit die Pumpe nicht mehr läuft", sagt der erfahrene "Dampferlekapitän". Immer wieder sei der Strömungskanal an der Anlegestelle nicht zu erreichen, weil Äste, Treibgut, Blätter und Schlamm ihn verunreinigen.
Dann verstopfe der Seewasserfilter, die Kühlung falle aus und das Getriebe laufe heiß. "Bis vor ein paar Tagen konnten wir wie so oft nur die weiter flussabwärts gelegene Behelfsanlegestelle nutzen, weil der Kanal ohne Gefährdung der Maschine nicht anzufahren war", sagt Dörr. "Wir haben ihn zwar jetzt gesäubert, aber es fehlt einfach das früher fließende Wasser, das die Pumpe in den Kanal geleitet hat.
Wir brauchen die Pumpe."Auch durch eine Sicherungsmaßnahme des Wasserwirtschaftsamts habe sich die Situation verschärft, fährt Dörr fort. Damit die kleine Landzunge zwischen Saale und Kanal nicht unterspült wird, wurde eine Steinbarriere aufgeschüttet, die das Bett der Saale verengt. "Sie fließt dadurch an der kritischen Stelle viel schneller, es entsteht eine starke Kurvenströmung, die unser Boot beim Wendemanöver an das Ufer drückt", betont der Bootsführer. Wir müssen deshalb mit höchster Motorkraft gegensteuern, um nicht auf Grund zu laufen. "Mit verstopftem Filter und somit ohne Kühlung Vollgas geben, das hält keine Maschine lange aus", meint Dörr, und die Reparaturen in einer norddeutschen Spezialwerkstatt seien teuer.