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Ein ungewöhnlicher Auftakt der Osterklänge


Autor: Gerhild Ahnert

Bad Kissingen, Sonntag, 24. Februar 2013

Mit einem äußerst vielschichtigen und spannenden Konzert im Rossini-Saal eröffnete Thomas Friedrich mit seiner Schlagwerkgruppe "Kisspercussiva" die Reihe der Kissinger Osterklänge 2013.
Die jungen Musiker der Gruppe Kisspercussiva mit ihrem Lehrer Thomas Friedrich (rechts), den Gästen Brigitte Ascherl und Michael Albert (Gesang -links vorne), Bill Buchanan (links) und Thomas Ahnert (links hinten) nach dem Konzert zum Auftakt der ‚Osterklänge ‘  Foto: Gerhild Ahnert


Da Musik für Perkussionisten hauptsächlich aus dem 20. und 21. Jahrhundert kommt, war es wohl eines der Anliegen des Lehrers an der Städtischen Musikschule, seine Eleven auch an den Kosmos der klassischen europäischen Musik heranzuführen. So umfasste das Programm Werke aus dem 17. bis 20. Jahrhundert, wie etwa Bach, Händel, Mozart, Beethoven, die sonst nicht unbedingt in Perkussionskonzerten zu finden sind.
Thomas Friedrich wollte seinen fünf Schülern Mona Münzel, Michael Nöth, Noé Osorio-Reineke, Michael Nieland und Léo Tinguely aber offensichtlich auch das Vergnügen und die Aufgabe bereiten, mit anderen Musikern und ihren Instrumenten bzw. Stimmen zusammenzuarbeiten.

Zu diesem Zweck hatte er zwei Sänger des klassischen Repertoires, Brigitte Ascherl (Sopran) und Michael Albert (Bass), den Lautenisten und damit Spezialisten für frühbarocke bis vorklassische Musik, Bill Buchanan, und den klassischen Kontrabassisten Thomas Ahnert zu diesem Konzert eingeladen.


Musik zum Nachdenken

Und schließlich sollte der Abend als Auftakt der Osterklänge auch zum Nachdenken, Meditieren über die Schöpfung anregen. Eine Powerpointpräsentation mit Bildern und Filmausschnitten begleitete die Lesung des Textes der biblischen Schöpfungsgeschichte durch Michael Albert, unterlegt von Paul Smadbecks 2009 entstandenem "Rhythm Song" für Marimbaphon solo (Michael Nöth). Dabei handelte es sich um ein repetitives, "minimal music" Werk, das zu diesem meditativen Einstieg gut passte.
Albert war auch für die beiden weiteren Textrezitationen zuständig, den Osterspaziergang aus Goethes Faust und das Passionsgedicht aus dem Grüssauer Andachtsbuch von Angelus Silesius. Aus diesem Andachtsbuch stammt auch die Melodie zu dem Silesiusgedicht "Zu Ehren der Auferstehung", die für das Konzert im Stile der damaligen Zeit auskomponiert und vom gesamten Ensemble mit den beiden Sängern am Ende des Programms gesungen und musiziert wurde. Das Konzert wurde damit wieder in den österlichen Rahmen gestellt, das es in seinem Hauptteil weit überschritt.


Reise durch Herz und Natur

Bill Buchanan übernahm die Aufgabe, die einzelnen Werke vorzustellen, als deren übergreifendes Thema er eine Reise durch das menschliche Herz und die Natur sah. Der Würzburger Musikwissenschaftler und Musiker lieferte dabei den kulturhistorischen Kontext für die 17 Einzelbeiträge des Abends und spielte als Solist auf seinen beiden Barocklauten vier kurze frühbarocke Stücke fingerfertig, aber zunächst auf verstimmtem Instrument.
Mit den fünf Marimbaspielern und dem Kontrabassisten Thomas Ahnert zusammen bildete Buchanan auch das Ensemble zur umsichtigen und soliden Begleitung der Sänger, für die Friedrich sich vier der berühmtesten Händelarien ausgesucht hatte: das Giovanni-Zerlina-Duett aus Mozarts "Don Giovanni", Beethovens Arie "Ich liebe dich" und die unverwüstliche "Last Rose of Summer" von Thomas Moore. Die beiden Gesangsprofis zeigten viel Lust am Gestalten und Musizieren mit ihrem ungewöhnlichen Begleit-Klangkörper, wobei Brigitte Ascherl und Michael Albert zu mitreißenden Interpretationen fanden.
Im Zentrum des Konzerts standen natürlich die Perkussionisten der Klasse Thomas Friedrich. Sie zeigten ihr Können solistisch (Mona Münzel mit Sejournes "Nancy" und Leander Kaisers "Hurricane's Eye"), aber auch zu dritt, viert, fünft auf drei oder zwei Marimbaphonen. Dabei bewiesen sie nicht nur ihre in Bad Kissingen schon sprichwörtliche souveräne Beherrschung des Instruments, auch wenn's mal haarig und vertrackt wird, sondern auch ihre Fähigkeit, sich auf das über weite Strecken völlig neue und ungewohnte Repertoire des Abends einzulassen. Dafür hatte ihr Lehrer die Arrangements erst (er-)finden müssen, denn für ihr Instrument geschrieben waren nur vier der Kompositionen. Und welcher 18-Jährige hat heutzutage einen Zugang zu oder Erfahrung mit Händelarien oder Gesangsstücken von Mozart und Beethoven?


Selbstbewusstes Spiel

Doch zeigten sie, etwa Michael Nöth bei den gebrochenen Akkorden in der Begleitung des Beethovenliedes, dass sie mit ihrem Instrument die Eindringlichkeit eines Klaviers durchaus erreichen können. Aber sie schafften es auch, im orchestralen Zusammenspiel mit zwei und drei Marimbaphonen der aufgrund der unterschiedlichen Instrumente differenzierten Textur eines Kammerorchesters ihre ganz anders geartete Tonsprache selbstbewusst entgegensetzen.

Das zeigte sich auch im Zusammenspiel mit Laute und Kontrabass bei Bachs "Air" aus der Orchestersuite D-Dur, wo die jungen Leute sowohl mit der Laute zusammen im Bereich der Melodiestimme konzertierten als auch mit dem Kontrabass für den Cantus firmus sorgten.

Dieses Konzert der etwas anderen Art fand eine interessierte Zuhörerschaft, die am Ende das Ensemble durch lang anhaltenden Beifall dazu brachte, nach kurzer Beratung den letzten Programmpunkt als Zugabe zu wiederholen.