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Ein Rhöner im Visier


Autor: Carmen Schmitt

Bad Kissingen, Montag, 25. Januar 2016

In Biosphärenreservat Rhön entsteht ein langfristiges Schutzsystem für den Rotmilan. Mithelfen kann jeder. Fachleute erklären, warum es auch mit dem Tourismus stimmt, wenn es dieser Vogelart gut geht.
Der Rotmilan wird geschützt. Foto: Plappert/Biosphärenreservart Rhön


Wenn er wieder da ist, bleibt es warm. Da waren sich die Landwirte früher einig. Die "Gabelweihe" galt den Rhöner Bauern nicht nur als Wetterbote. Noch heute steht er wie kein anderer Greifvogel für die Rhön. Die ist sich ihrer Verantwortung bewusst. Seit 2014 läuft im Biosphärenreservat ein Projekt zum Schutz des Vogels.

Naturschützer wollen jetzt die Kartierung im Landkreis vorantreiben - die Grundlage beim Einsatz für seinen Erhalt.
Bis zu 60 Prozent aller Rotmilane weltweit leben in Deutschland. Der gesamte Bestand der Welt beschränkt sich auf Europa. "Deutschland hat die Hauptverantwortlichkeit für diese Vogelart", sagt Dieter Fünfstück, Vorsitzender der Kreisgruppe des Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV). Nach Angaben des Verbands ist der Rotmilan-Bestand in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren um 30 Prozent eingebrochen. Diese Statistik wiegt schwer: Das Hauptbrutgebiet des Greifvogels liegt in Deutschland. Claus Schenk vom Naturpark Rhön geht noch weiter: "Für den Rotmilan ist die Rhön das wichtigste Gebiet."


Zahlen bündeln

Bastian Sauer ist Projektleiter für das Artenhilfsprojekt Rotmilan im Biosphärenreservat Rhön. Er koordiniert länderübergreifend die Schutzmaßnahmen der Projektpartner in der fränkischen, hessischen und thüringischen Rhön. "Wir haben schon einiges erreicht. Vor allem ist der Rotmilan wieder mehr ins Bewusstsein der Menschen gerückt", sagt Bastian Sauer. 80 Kartierer haben die Bestände dokumentiert. "In Hessen und Thüringen sind wir schon gut aufgestellt." Die Zahlen für die fränkische Rhön sollen jetzt erhoben, gebündelt und ausgewertet werden.


Fachleute sehen Handlungsbedarf

"Wir kennen 75 Prozent unserer Bestände", sagt Claus Schenk, "unser Wissen müssen wir aufs Papier bringen." Auch dazu soll das Treffen am Dienstag, 26. Januar, im Oberthulba dienen. Die Artenschutzverbände Bund Naturschutz und der LBV, der Naturpark Rhön, das Biosphärenreservat und Vertreter der Bayerischen Staatsforsten wollen über den Stand der Dinge diskutieren. Wie geht es weiter in der "Arbeitsgruppe Rotmilan"? Handlungsbedarf sehen die Fachleute in jedem Fall.
"Wir müssen den Stand erhalten und verbessern", sagt Falkner Michael Schanze aus Laubach in Hessen. "Das ist sogar gesetzlich geregelt." Lucia, seine Falken-Dame ist vier Jahre alt. Seit einiger Zeit betreut er außerdem einen Jungvogel. Dem wurde vor Kurzem ein Flügel amputiert. Er ist im vergangenen Jahr verletzt worden, als er mit einem Segelflugzeug zusammengestoßen ist - nur eine Gefahrenquelle für den Vogel.


Beschützerinstinkt geweckt

Weniger Grünland in der Landwirtschaft, Windkraftanlagen, ein unruhiges Umfeld im Brutgebiet - Stress und Bedrohung für den Vogel haben verschiedene Ursprünge. Dabei ist der Bevölkerung bewusst, wie sensibel sie mit dem Tier umgehen sollten, glauben die Fachleute. "Er ist der Charaktervogel der Rhön", sagt Bastian Sauer. Die Infobroschüre, die das Biosphärenreservat im vergangenen Jahr mit 10 000 Exemplaren herausgegeben hat, wird heuer neu aufgelegt.
Wer sich für den Vogel einsetzt, macht sich gleichzeitig für die Region stark, meint Claus Schenk vom Naturpark Rhön. Mit dem Erhalt der Landschaften samt der Rhöner Mähwiesen werden auch die Touristen die Region weiter gern besuchen, sagt er.
Bei der Kartierungsaktion kann sich die Bevölkerung beteiligen. "Es geht um gezieltes Beobachten, am besten dort, wo sich die Leute auskennen", sagt Dieter Fünfstück. Artenschutz vor der Haustür. Denn "eine Art ist mit Geld nicht aufzuwiegen", sagt Claus Schenk.

Info Die erste Infoveranstaltung findet am Dienstag, 26. Januar, in Oberthulba statt. Alle, die sich vorstellen können, bei der Aktion für den Rotmilan mitzumachen, treffen sich um 19 Uhr im Gasthaus "Zum Grünen Kranz", Ober Torstraße 11.

Vogel Der Rotmilan wird auch Gabelweihe oder Roter Milan genannt. Der Greifvogel zählt zur Familie der Habichtartigen. Er hat eine Flügelspannweite von bis zu 1,70 Meter und wiegt im Schnitt ein Kilo. Der Rotmilan ist etwas größer als ein Mäusbussard und wird bis zu 70 Zentimeter groß, bei einem Alter von bis zu 30 Jahren. Man geht von einem Bestand von etwa 25 000 Brutpaaren in ganz Europa aus.

Projektpartner Die wichtigsten Projektpartner agieren beim Rotmilanprojekt des Biosphärenreservats Rhön über die Ländergrenzen hinweg. Partner sind das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, die Vogelschutzwarte Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland, die Staatliche Vogelschutzwarte Seebach, das Landesamt für Umwelt sowie deren Vogelschutzwarte Bayern und der Dachverband Deutscher Avifaunisten.