Kontaktpunkt schließt - Diözese gibt kein Geld mehr
Autor: Ellen Mützel
Bad Kissingen, Dienstag, 15. November 2022
Im Kontaktpunkt finden Menschen aus Bad Kissingen, aber auch Kurgäste einen Anker bei den Ehrenamtlichen, die einfach nur zuhören oder beraten. Nach 16 Jahren dreht die Diözese den Geldhahn zu. Was der Stadt damit verloren geht.
"Wenn es den Herrn Ziegler und den Kontaktpunkt nicht gegeben hätte, wäre ich heute tot." Das sind die Worte des Bad Kissingers Georg Grom (Name geändert). Der 74-jährige wandte sich vor ein paar Jahren an den Kontaktpunkt. Damals hatte er Depressionen, war obdachlos. Nun lebt er wieder unter einem Dach, es geht ihm besser. Pastoralreferent und seit zehn Jahren Leiter des Kontaktpunktes, Rainer Ziegler, hatte sich Zeit für Grom genommen, Gespräche geführt, ihm geholfen.
Weil der Diözese Würzburg die Miete und die Stelle des Leiters, Rainer Ziegler, zu teuer werden, schließt der Gesprächsladen zum Jahresende. "In der Diözese müssen harte Sparmaßnahmen umgesetzt werden. Außerdem wird das pastorale Personal immer knapper", heißt es von Christine Endres aus der Diözese Würzburg. Etwa 1600 Euro monatlich spart sie damit.
Anlaufstelle mitten unter den Leuten
Entstanden ist der Kontaktpunkt im Jahr 2006: in der Ludwigstraße 7, zwischen Eck-Bäck und Eiscafé Rialto. Die Idee: ein niedrigschwelliger Laden, mitten unter den Leuten. Dort können sie etwas kaufen und bei Bedarf mit qualifizierten Ehrenamtlichen oder hauptamtlichen Seelsorgerinnen oder Seelsorgern sprechen. Später kam der Umzug in die Von-Hessing-Straße 1. "Ganz wichtig war das Motto: ‚Zeit für Gespräche‘.
Die Ehrenamtlichen haben Zeit", sagt Rainer Ziegler. "Diese Verkaufsstelle haben wir auch nur, um die Menschen in den Laden zu locken. Daraus entstehen dann Gespräche. Und oft ist es so, dass die Menschen mal eine halbe Stunde bis Stunde bleiben."
Ein paar Zahlen: In den 1200 Dienststunden im Jahr gibt es etwa 1200 Kontakte (auch telefonisch), etwa 300 Gespräche vorne im Verkaufsraum und 300 Gespräche im Gesprächszimmer. Der ehrenamtliche Jürgen Bereiter und seine Kollegen hören die Probleme der Menschen an: "Wir glauben, dass allein durch das Zuhören viele Dinge für den Betroffenen schon mal leichter werden."
Mehr als nur Gespräche
Und es geht über die Gespräche hinaus. "Herr Ziegler hat mir Behördengänge geebnet, hat mir Betreuung organisiert, und dazu beigetragen, dass mein Leben wieder in geordnete Bahnen gelenkt wird", berichtet Georg Grom. Mit dem bisschen Geld aus dem Bücherverkauf kann das Personal bei Problemen auch mal eine Fahrkarte oder einen Kaffee sponsern.
Und: Der Kontaktpunkt ist ein Baustein im psychosozialen Netzwerk Bad Kissingens. Er bietet viele Infos zu Hilfsangeboten in der Stadt. Auch die Vermittlung an eine offene Sprechstunde mit einem Psychiater oder Psychologen sei möglich. Die Notfallnummern für Notfälle hängen an der Wand. "Einmal habe ich auch jemanden in mein Auto geladen und mit nach Werneck in die Klinik genommen", berichtet Ziegler.