Druckartikel: Ein Hut macht noch keinen Zimmermann

Ein Hut macht noch keinen Zimmermann


Autor: Klaus Werner

Bad Bocklet, Sonntag, 18. Sept. 2022

78 Nachwuchskräfte der Kreishandwerkerschaft Bad Kissingen sind bei der Feier in Bad Bocklet freigesprochen worden. Warum eine Handwerksausbildung etwas Gutes ist.
Der  heimliche Berufswunsch von Landrat Thomas Bold wäre der Zimmermann und spontan hat Linus Pusch ihm mit seinem  Zimmermannshut in die Zunft integriert.


"Wer eine Berufsausbildung erfolgreich durchläuft, der kann was, der ist fit in seinem Beruf" , sagt Kreishandwerksmeisterin Ulrike Lochner-Erhard bei der Freisprechung von 78 handwerklichen Nachwuchskräften. Doch über den persönlichen Aspekt hinaus, würdigte sie auch die Bedeutung der Junghandwerker*Innen für die Betriebe, die im Moment jede Fachkraft händeringend suchen, und als stabilisierenden Faktor für die Volkswirtschaft.

Zu Andreas Bouranis Lied "Ein Hoch auf uns" betraten die Junghandwerker*Innen den großen Kursaal in Bad Bocklet und präsentierten sich dem Applaus der zahlreichen Gäste. Ulrike Lochner-Erhard begrüßte vor allem die Freizusprechenden, "denn ihr seid heute die Ehrengäste und habt einen Ehrenplatz", womit sie die reservierten Sitzplätze zuwies. Die Gäste aus Handwerk, Politik und Berufsschule sowie die Angehörigen und Freunden mussten sich mit Stehplätzen im weiten Rund des Kursaals begnügen.

Dies war jedoch nicht die einzige Neuheit nach zweijähriger pandemischer Pause bei der von "KissPercussiva" musikalisch umrahmten Feierstunde, denn anstelle der Grußworte absolvierten Landrat Thomas Bold, Ludwig Paul als Geschäftsführer der Handwerkskammer für Unterfranken, Karin Maywald und Michael Wimmel als Vertreter der Berufsschulen in Bad Kissingen und Bad Neustadt eine "Talkrunde".

Eher ein "Mundwerker"

So erfuhren die 250 Gäste, dass Thomas Bold eher ein "Mundwerker" sei, aber handwerkliche Arbeiten wie Tapezieren und Boden verlegen als Ausgleich empfindet. Sein handwerklicher Bezug geht sowohl über den täglichen Bedarf bei Bäcker und Metzger, aber auch als Landkreis-Chef über Baustellen mit vielen Gewerken. Sein heimlicher Wunsch wäre der Zimmermann und spontan wurde er über den Zimmermannshut in die Zunft integriert. Michael Wimmel wurde über seine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker befragt und möchte diese lehrreiche Zeit nicht missen.

Die Freizusprechenden lobte er für "die richtige Wahl, denn ein Handwerksberuf bitte gute Chancen bei Verdienst und Aufstieg". Ludwig Paul reagierte auf die Frage nach der besten Werbung für die handwerkliche Ausbildung mit der Aufforderung: "Seien Sie stolz auf das Geleistete und zeigen Sie es!" Die Zukunft des Handwerks sah er positiv, weil es leistungsstark und dynamisch sei und dabei die Traditionen bewahre. Karin Maywald offenbarte eine lange Liste mit handwerklichen Leistungen aus ihrem privaten wie beruflichen Alltag und appellierte an die Junghandwerker*Innen: "Bleiben Sie neugierig!"

Erfolgsmodell Duale Berufsausbildung

Kreishandwerksmeisterin Ulrike Lochner-Erhard lobte in diesem Zusammenhang die Duale Berufsausbildung als "Erfolgsmodell, um das uns viele Länder beneiden". Die Kombination aus Ausbildungsbetrieb, Berufsschule und Überbetrieblicher Unterweisung bereite die jungen Menschen bestmöglich auf ihren Beruf vor, um mit größtmöglichem Wissen und Können in das Arbeitsleben zu starten.

"Wenn dies Hand in Hand geht, werden Auszubildende zu kompetenten Gesellinnen und Gesellen", so Lochner-Erhard und ergänzte: "Handwerk und Gesellschaft brauchen jungen Menschen wie euch, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen." Gerade die Chancen einer sich schnell wandelnden Berufswelt erfordert eine "neue Generation im Handwerk", die mutig und selbstbewusst ihre eigenen Wege gehe. Der krönende Abschluss sei nun der wohlverdiente Gesellenbrief und dazu sprach Ulrike Lochner-Erhard die traditionellen Worte: "Kraft meines Amtes spreche ich Euch von den Pflichten aus Lehre und Ausbildungsvertrag frei. Ihr seid nun Gesellinnen und Gesellen."

Sieben Berufsfelder

Im Anschluss erhielten die Nachwuchskräfte aus sieben verschiedene Berufsfeldern die Urkunde durch den jeweiligen Innungsmeister überreicht und der Applaus der Gäste war jedem sicher, der auf die Bühne gerufen wurde. Für manche gab es diesen Applaus auch zweimal, denn mit Sarah Katzenberger (Bäckerei-Fachverkäuferin), Sonja Zähler (Malerin/Lackiererin), Carlos Roth (Straßenbauer), Linus Pusch (Zimmermann), Luca Wilm (Schreiner), Samuel Balling (Metallbauer) und Jonas Schulz (Kaufmann für Büromanagement) wurden sieben Nachwuchskräfte für ihre besonderen Leistungen bei der Gesellenprüfung mit einem Buchpreis ausgezeichnet.

Meisterliches kam im Anschluss mit der Dankesrede von Zimmermann Linus Pusch im Namen der Freigesprochenen. "Meister ist nicht nur der, der etwas kann, sondern seine Kunst auch meisterlich weitergeben kann", so seine einleitenden Worte für den Dank an die Ausbilder, Meister und Lehrkräfte, die mit Kompetenz und Engagement ermutigt, motiviert und zur Prüfung geführt hätten. Der geflügelte Erwachsenensatz "Lern erst mal was Ordentliches", gehöre nun der Vergangenheit an, denn die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben seien gelegt worden. "Die Ausbildung ist vorbei, die Bildung jedoch nicht", so seine Worte und die Erkenntnis: "Wir können noch eine Menge lernen, aber irgendwann kann jeder sagen: Ich kann´s!"

Verabschiedet wurden Gäste und Nachwuchskräfte mit einer Einladung zum Imbiss und der launigen Aufforderung von Ulrike Lochner-Erhard: "Ich wünsche euch ein gemütliches Beisammenstehen und interessante Gespräche!"

Im Rahmen der Freisprechung waren 78 Freizusprechende in folgenden Berufsfelder mit den jeweiligen Berufen gemeldet:

Bäckerinnung: 1 x Bäcker, 5 x Fachverkäuferinnen

Bauinnung: 2 x Maurer, 1 x Fliesenleger, 8 x Straßenbauer/Tiefbaufacharbeiter

Friseurinnung: 4 x Friseurinnen

Maler-/Lackiererinnung: 11 x Maler/Lackerier*Innen

Metallinnung: 3 x Metallbauer

Schreinerinnung: 17 x Tischler/Schreiner*Innen

Zimmererinnung: 17 x Zimmerleute

Bürokaufleute im Handwerk: 9 x Bürokaufleute