Ein Grund zum Feiern
Autor: Thomas Ahnert
Bad Kissingen, Freitag, 05. April 2019
Ihr 40-jähriges Jubiläum feiert die Steinmeyer-Orgel in der Erlöserkirche.
40 Jahre sind für eine Orgel eigentlich kein Alter, das man unbedingt feiern müsste. "Eine gut gebaute und gut gepflegte Orgel kann 250 Jahre halten", sagt Kirchenmusikdirektor Jörg Wöltche. Aber die Kurzlebigkeit der "Königinnen der Instrumente" hat in der Erlöserkirche eine gewisse Tradition. Vier Orgeln in 152 Jahren, das ist bemerkenswert.
Als 1846/47 auf Betreiben der - evangelischen - bayerischen Königin Therese, die als Prinzessin von Sachsen Hildburghausen 1825 Ludwig I. geheiratet hatte, nach Plänen von Friedrich von Gärtner auf der grünen Wiese ein protestantisches Bethaus errichtet wurde - damals noch kürzer und ohne Türme - baute die Bamberger Orgelfirma von Carl Friedrich Geyer auch eine Orgel ein. Für den Raum mit 600 Sitzplätzen war das Instrument mit seinen zehn Registern viel zu klein, aber es genügte zumindest den Minimalansprüchen. Man muss nur berücksichtigen, dass es damals in Kissingen keine evangelische Gemeinde gab - das hatte Peter Heil im Dreißigjährigen Krieg mit seinen Bienenkörben verhindert. Der Ort war streng katholisch.
Aber die Zahl der evangelischen Badegäste hatte so stark zugenommen, dass in der Saison von Schweinfurt ein Vikar sonntags herüberkam und zunächst im Saal des Landgerichts Gottesdienste abhielt. Das waren, ausgerichtet an den Interessen der Besucher, Wortgottesdienste. Die Kirchenmusik spielte damals noch keine große Rolle. Erst 1864 bekam Kissingen eine eigene Pfarrei.
1885 hatte sich bei den Verantwortlichen die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Orgel nicht mehr ausreichend ist. Die Königlich-Bayerische Hof-Orgel- und Harmonium-Fabrik G. F. Steinmeyer in Oettingen bekam den Auftrag, ein neues Instrument zu bauen. Aber 1891 wurde die Kirche erweitert auf 800 Sitzplätze - damals wurden die Türme und ein neuer Chorraum errichtet. Die evangelische Gemeinde hatte damals bereits 600 Mitglieder. Aber jetzt reichte auch diese Orgel nicht mehr, und das nicht nur, weil viele Besucher hinter den Säulen saßen.
1910 rückten wieder die Orgelbauer an. Damals war es wieder die Firma Steinmeyer, die zwar das Gehäuse der alten Orgel verwendete, aber das Innenleben nach den modernsten Kriterien für die gestiegenen Anforderungen ertüchtigte. Aber dieses neue Innenleben erwies sch nicht als allzu haltbar.
Ab 1950 häuften sich die Klagen über den Zustand der Orgel. Aber der den Stein höhlende stete Tropfen musste bis Mitte der 60er Jahre tropfen, bis der Kirchenvorstand den Beschluss fasste, eine neue Orgel anzuschaffen. Aber das war erst der Beschluss. Dann ging erst einmal ein neues Gemeindehaus (1969) vor. 1979 konnte der Orgelbau realisiert werden. Wieder - bei der vierten Orgel - war es die Firma Steinmeyer, die den Auftrag erhielt.
Damals gab es eine heftige Diskussion, wo die neue Orgel überhaupt aufgestellt werden sollte. Der Kirchenvorstand und der Schweinfurter Dekan Johannes Strauß plädierten für den Chorraum, nicht zuletzt deshalb, weil die Kirchenmusik mittlerweile erheblich an Bedeutung gewonnen hatte. Die Pfarrer waren dagegen, weil sie die Kantoren nicht unmittelbar neben sich haben wollten. Wer sich durchgesetzt hat, ist bekannt. Der damalige Kantor Gerd Jacob sorgte dafür, dass die Orgel auf der Empore ganz an die Rückwand versetzt wurde, weil er Platz haben wollte für die Kantorei und Instrumentalisten, die er von der Orgelbank aus dirigieren wollte. Das war gut gedacht und gemeint, sollte sich aber im Laufe der Jahre als Nachteil erweisen. Denn mittlerweile ist der Schalldruck der Orgel so stark abgesunken, dass er, wenn er die Emporenbalustrade überklettert hat, nur noch zu zwei Dritteln bei den nächsten Zuhörern ankommt.