Ein Gefecht auf Leben und Tod
Autor: Gerhild Ahnert
Bad Kissingen, Montag, 15. April 2013
Susanne Uhlen war mit dem Stück "Warte, bis es dunkel ist" zu Gast in Bad Kissingen. Die Aufführung erfüllte nicht alle Erwartungen. Dennoch war der Abend unterhaltsam und die Schauspieler wurden mit lebhaftem Beifall belohnt.
Natürlich kann ein Kino viel eher ein klaustrophobischerer Raum werden als ein Theater, denn dort ist es im Zuschauerraum wirklich dunkel, dort kann ständig unterschwellig Musik mitlaufen, dort kann man die Aufmerksamkeit der Zuschauer viel effektiver auf ein Bild fokussieren als in einem Theater. Dort kann man mit Naheinstellungen und Kamerabewegungen Zuschauersympathien und -ängste lenken, das Publikum völlig gefangen nehmen und seine Gefühle manipulieren.
Das ist wohl ein Grund, weshalb man den Eindruck nicht so recht loswerden konnte, dass bei der Theaterversion des packenden Hollywood-Psychothrillers "Warte, bis es dunkel ist‘" von 1966, bei dem damals Audrey Hepburn die Susy spielte, von Frederick Knott in einer Produktion der Komödie im Bayerischen Hof München sich das wahre Beklommenheitsgefühl nicht so recht einstellen wollte.
Die Münchner waren mit einer namhaft besetzten Truppe angereist, allen voran Susanne Uhlen in Doppelfunktion: Sie spielte die Hauptrolle der Susy Henrix und hat unter ihrem Mädchennamen Susanne Kieling (Sie ist die Tochter von Gisela Uhlen und Wolfgang Kieling.) auch die Inszenierung besorgt.
Die Susy spielte sie klein, alert, zerbrechlich und sehr konzentriert, wobei es etwas merkwürdig anmutete, dass sie sich in der eigenen Wohnung irgendwo in New York noch so schlecht auskannte, dass sie sich immer wieder an den Möbeln und der Treppe entlanghangeln musste. Das war effektvoll, erinnerte die Zuschauer ständig an Susys Behinderung.
Doch war damit der Clou des Ganzen, dass sie sich im raffiniert von ihr abgedunkelten Raum als Blinde den Gangstern überlegen fühlen kann, weil sie sich als Einzige auskennt, etwas in Frage gestellt.
Gangster war ein Tölpel
Auch die Einführung des Gangsters Carlino als absoluter Tölpel, der wie ein Schulbub die komplizierte Vorgeschichte noch einmal wiederholen muss, damit auch die Zuschauer sie durchblicken, geriet im Lauf der Handlung etwas in Vergessenheit, denn Torsten Münchow lieferte dann eine für solch einen grobschlächtigen Ganoven recht raffinierte Täuschung in der Rolle des angeblichen Kommissars Carlino.
Pascal Breuer gab den freundlich-sensiblen Mike Talman, der Susy am längsten hinters Licht führt. Er überzeugte nicht nur sie als smarter Sympathieträger, doch konnte man sich dabei nicht wirklich vorstellen, dass er ein ehemaliger Knastbruder von Carlino ist. Ähnlich unschlüssig blieb die Rolle des Nachbarmädchens Gloria.
Nina Himmelreich mag Susys Mann Sam Hendrix (in seinem Kurzauftritt an diesem Abend von Einspringer Josef Baum gespielt), kommt aber mit Susy nicht wirklich zurecht. Sie ist von ihrer Rolle her schon ziemlich auf Widersprüche angelegt, sodass aufgrund dessen, aber auch in dieser Inszenierung nicht wirklich klar wurde, warum sie die Puppe, hinter der alle Gangster her sind, weil in ihr Diamanten versteckt sind, erst so spät und warum dann überhaupt herausgibt und warum sie Susy dann doch noch hilft, zwar immer wieder auftaucht und nichts kapiert, aber dann doch effektiv und kompetent die Rettung einleitet.
So blieb vor allem der erste Teil der Aufführung im Wesentlichen in einer vor sich hin plätschernden Konversation stecken, gestört durch gelegentliche Textunsicherheiten der Spieler.
Dass da nebenan eine Leiche im Schrank ist, die weg muss, dass da drei Gangster einander und alle drei die zunächst recht hilf- und arglose Blinde ständig mit brandgefährlicher Mordbereitschaft bedrohen, dass da eigentlich eine Menge Spannung in der Luft hätte sein sollen, die daraus erwächst, dass die Zuschauer von vornherein wissen, was Susy nicht weiß, kam nicht so recht über die Rampe.
Im kürzeren zweiten Teil geschehen die ersten beiden Morde fast beiläufig und erst beim großen Showdown zwischen Susy und Mastermind-Gangster Harry Roat ist auf der Bühne wirklich etwas los, liefern sich Uhlen und Goder ein packendes Gefecht auf Leben und Tod.
So entsprach die Aufführung nicht ganz den Erwartungen, die man an eine solche Truppe haben kann. Dennoch war der Abend recht unterhaltsam, das Publikum am Ende zufrieden, was es mit freundlich-lebhaftem Beifall und einigen Bravorufen zum Ausdruck brachte.