Duster durch die Krise?
Autor: Ellen Mützel
LKR Bad Kissingen, Dienstag, 20. Sept. 2022
Wegen der angespannten Weltlage schränken Kommunen ihre Straßenbeleuchtung ein. Was Nachtarbeiter und Polizei dazu sagen und welche Alternativen es gibt.
Um Energie zu sparen, ist derzeit vieles in der Diskussion. Auch, dass es dunkler werden soll: Wegen der Energieeinsparverordnung der Bundesregierung dürfen Gemeinden zum 1. September 2022 ihre historischen Gebäude nicht mehr anstrahlen. Was allerdings in der Hand der Gemeinden liegt: die Straßenbeleuchtung. Und in einigen Gemeinden wird die reduziert.
In Nüdlingen gehen bald von 1 bis 4 Uhr die Lichter aus. Wie Bürgermeister Harald Hofmann (CSU) berichtet, will man damit in erster Linie ein deutliches Zeichen setzen und natürlich Energie sparen. Das Einsparpotenzial in diesem Bereich liegt etwa bei 25 Prozent. In diesen Nachtstunden, so Hofmann auf Nachfrage, werden die meisten Bürgerinnen und Bürger zu Hause sein, die Gefahrenbereiche der Ortsdurchfahrten bleiben auch in der Nacht beleuchtet.
Zeitung in der Dunkelheit verteilen
Viele Menschen würde es tatsächlich nicht treffen, weil sie zur Zeit der Abschaltung schlafen. Paul Müller hingegen trägt genau in der Zeit von 1 bis 4 Uhr die Tageszeitungen am Wurmerich aus. "Ich bin grundsätzlich nicht dagegen. Wir müssen ja etwas tun, da will ich nichts verhindern. Aber ich bin auch nicht euphorisch", sagt er. Er fürchtet, Schnee und Eis im Winter im Dunkeln begegnen zu müssen. Als Kompromiss hofft er darauf, die Zeitung nicht schon um 6, sondern erst um 7 Uhr liefern zu können, um noch ein paar helle Stunden abzugreifen.
Die Nüdlinger Bürgerin Angela Buban sieht die Verdunklung in ihrem Alter gelassen, da sie um die Uhrzeit sowieso nicht mehr draußen ist. Sie denkt jedoch an die Jugend, die sich zumindest am Wochenende über Licht freuen dürfte.
Schondra seit langem dunkel
Ein paar Erfahrungswerte hat Schondra: "Der Markt Schondra schaltet schon seit Jahrzehnten nachts im gesamten Gemeindegebiet und allen Ortsteilen von 1 Uhr bis 5 Uhr die Straßenbeleuchtung ab", berichtet Bürgermeister Bernold Martin (CSU). Hintergrund damals sei die Reduzierung der Stromkosten gewesen. "Früher wurden wir für diese Maßnahme von den umliegenden Gemeinden immer belächelt. Nachdem der Sternenpark Rhön ins Leben gerufen wurde, galt der Markt Schondra als innovativ", so der Bürgermeister.
Normal sei nachts um eins unter der Woche keiner unterwegs. "Warum sollte man da das Licht anschalten?" Doch es gab auch immer wieder Überlegungen im Gemeinderat, die Beleuchtung durchbrennen zu lassen. Vor allem die Jugendlichen hätten diese Forderung gestellt. "Wir haben es so gemacht, dass wir bei Festen oder an Silvester die Lichter nachts angeschaltet haben", berichtet Martin. Und: "Ich war mal in Hessen in einem Ort, der das diskutiert hat. Meine erste Frage war: ,Wer von Ihnen hat an der Tür einen Bewegungsmelder?' Da gingen viele Hände hoch." Die Mehrheit hatte kein Problem mit der Abschaltung.
Polizei: subjektives Sicherheitsgefühl sinkt
Angefragt bei der Polizei zur Frage, ob es aus ihrer Sicht Sicherheitsbedenken gibt, sagt Andy Laacke von der Polizei Unterfranken: "Es gibt verschiedenste Studien dazu. Weit hergeholt ist ein Unsicherheitsgefühl nicht: Dunkelheit schafft Anonymität." Aber in einer Gemeinde, die kein Sicherheitsproblem hat, würde sich wahrscheinlich auch keines entwickeln, wenn die Lampen nachts aus sind.