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Doping-Händler half Muskelmännern


Autor: Franz Barthel

Würzburg, Montag, 26. August 2013

Ein 23-Jähriger muss für zwei Jahre und sechs Monate hinter Gitter. Er hatte seine Kunden mit verschreibungspflichtigen und nicht zugelassenen Anabolika versorgt.


Mindestens 40 Kunden aus dem Kraftsport- und Fitnessbereich in Deutschland und Österreich hat ein 23-Jähriger aus Würzburg mit verschreibungspflichtigen Muskelmachern versorgt . Nun stand der Mann vor dem Würzburger Amtsgericht.

Im Angebot hatte der junge Mann auch Medikamente gegen eine gefürchtete Nebenwirkung der Anabolika: den schleichenden Leistungsabfall unterhalb der Gürtellinie bis zu massiven Erektionsstörungen. Der Jung- Unternehmer, früher selbst im Kraftsport tätig und Konsument einschlägiger Mittel, ist vom Amtsgericht Würzburg unter anderem wegen "gewerbsmäßigem Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport" zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden.


Verschreibungspflichtig

Der 23-Jährige, ohne erlernten Beruf und legalen Job, mit Mitgliedskarte bei einem Fitness-Club und einem Solarium, distanziert sich inzwischen von Doping im Sport und hält seinen Handel mit verschreibungspflichtigen Präparaten und anderen, die wegen ihrer leberschädigenden Wirkung in Deutschland überhaupt nicht mehr zugelassen sind, für eine "Jugendsünde". Damit habe er ohne großen Aufwand einen flotten Lebensstil finanziert. Allerdings verstehe er nicht, sagte der Angeklagte, warum man dafür hinter Gitter geschickt wird, während andere trotz ebenfalls gesundheitsschädigender Folgen unbegrenzt mit Alkohol und Zigaretten handeln dürfen. Auf die Diskussion ließ sich der Vorsitzende Richter Thomas Behl allerdings nicht ein.


Schon einmal Strafbefehl

Der Angeklagte hatte während seiner aktiven Zeit als Kraftsportler einen Strafbefehl erhalten, weil Anabolika bei ihm sichergestellt worden waren, doch die damals ausgesprochene Geldstrafe hat er nicht als Warnschuss verstanden. Als er aufhörte, sich im Fitnessstudio zu quälen, fing er über einschlägige Internet-Foren mit dem Handel an. Dass er im Auftrag eines serbischen Großhändlers als sogenannter "Reseller" Bestellungen abwickelte, nahm ihm das Gericht nicht ab Er habe nachweislich selbst Kunden akquiriert , die Preise festgesetzt und den Vertrieb unter Einbeziehung ahnungsloser Familienangehöriger gesteuert. Dabei ging es um weit über 5000 Ampullen Testosteron und viele Tausend Anabolika-Tabletten.

Der Handel war professionell organisiert: Pakete mit Nachschub, unter anderem mit Drogen aus einem Untergrund-Labor in Thüringen , und die Lieferung an die Kunden erfolgten ausschließlich über eine rund um die Uhr geöffnete DHL- Packstation in einem vornehmen Würzburger Wohnviertel. Und das mit den Kundendaten eines Onkels. Über Post-Packstationen ist auch bezahlt worden, Geld an den Lieferanten mit zahlreichen Falschnamen ging an Adressen in die ungarische Hauptstadt.


Im Notizbuch des Lieferanten

Aufgeflogen war der Händler in Würzburg, weil er im Notizbuch seines Lieferanten stand, eines serbischen Fitness-Trainers, der im April 2012 auf der A 3 an der Raststätte Donautal nach einer Kontrolle festgenommen worden war. Der rumänische Reisepass, mit dem er sich ausweisen wollte, war ebenso wie der Führerschein eine Totalfälschung, aber die Eintragungen im Notizbuch, mit Namen der Kunden, überwiesenen Summen und noch offenen Beträgen waren echt.

Der Fitness-Trainer aus Serbien, der in Deutschland jahrelang auch als Ernährungsberater und Türsteher in Nachtclubs gearbeitet haben soll, saß am Steuer eines Pkw mit ungarischem Kennzeichen. Mit ihm war eine ungarische Tänzerin unterwegs, die, angeblich der Grund für die Reise nach Deutschland, ihren kranken Dobermann zur Behandlung in eine Münchner Tierklinik bringen wollte. Kühltaschen im Kofferraum enthielten allerdings nicht, wie zunächst angegeben, Hundefutter, sondern jede Menge Anabolika und potenzfördernde Präparate für Kunden in Deutschland.

Zu der Zeit, versicherte der 23-jährige in Würzburg Angeklagte, habe er die Geschäftsbeziehungen zu dem Serben bereits eingestellt. Es sei zu Meinungsverschiedenheiten im finanziellen Bereich gekommen. Durch dessen Festnahme Monate später habe ihn seine Vergangenheit dann allerdings eingeholt. Er bereue diese "Jugendsünde", würde gern den abgebrochenen Besuch der Fachoberschule fortsetzen und dazu wäre halt eine Bewährungsstrafe hilfreich.


Auf Rechtsmittel verzichtet

Als sehr lobenswert bezeichnete es der Richter, dass der Angeklagte nach dem Abstecher ins Doping-Geschäft das Fachabitur anstrebe, aber da müsse er sich zumindest bis zum Beginn des Schuljahres 2014 gedulden. Dann könne er bei ordentlicher Führung mit einer vorzeitigen Entlassung rechnen. Es sei einfach schade, dass ein Mensch, der bei Gericht einen cleveren Eindruck hinterlassen hat, sein Leben bisher "schleifen ließ". Bei ihm, sagte der Richter, "ist mehr drinnen als das, was sie bisher abgeliefert haben." Der Angeklagte, seit fünf Monaten in Untersuchungshaft, fand diese Sätze mutmachend und verzichtete sofort auf Rechtsmittel.