Domspatz aus der Kurstadt
Autor: Benedikt Borst
Bad Kissingen, Sonntag, 11. August 2019
Wie wird eigentlich ein kleiner Junge aus einem kleinen Kurstädtchen an der Saale zum Chorknaben in Regensburg? Und warum? Wir haben Tenor Leon Dreher gefragt.
Leon Dreher hat mit zehn Jahren beschlossen, von zuhause wegzugehen und ein Regensburger Domspatzen zu werden. Heute ist er ausgebildeter Tenor, hat eine CD herausgebracht und mehrere Nachwuchsmusikpreise gewonnen. Im August tritt er im Rossini-Saal auf. Im Sommerinterview haben wir mit dem 19-Jährigen darüber gesprochen, was einen echten Domspatzen ausmacht, wie er die Schule im Hinblick auf den Missbrauchsskandal wahrnimmt und warum er kein Profimusiker werden möchte.
Herr Dreher, wie wird ein kleiner Junge aus Bad Kissingen zu einem Regensburger Domspatz?
Leon Dreher: Ich habe in Kissingen meine ersten zehn Jahre verbracht und bin in die Sinnberg-Grundschule gegangen. Gesang war für mich damals aber immer Mädchensache, das hat mich gar nicht größer interessiert. Geändert hat sich das bei meinem Religions-Lehrer Thomas Menzel. Da hatte ich anscheinend viel Spaß beim Singen.Es gibt bestimmt viele Kinder, die Spaß beim Singen haben. Nur werden die wenigsten zum Domspatzen...
Dafür, dass Gesang Sie zunächst nicht sonderlich interessiert hat, scheinen Sie es ja ganz gut gekonnt zu haben.
Mit zehn von zuhause weg auf ein Internat zu gehen, war bestimmt kein leichter Schritt für sie und ihre Eltern. Wieso haben Sie sich alle darauf eingelassen?
Meine Mutter sah es erst kritisch. Mein Vater stand von Anfang an dahinter und hat vor allem die positiven Dinge gesehen. Und ich war auch sehr begeistert. Ich war dabei als mein Lehrer den Vorschlag gemacht hat und das hat mich alles sofort interessiert. Als ich dann die Aufnahmeprüfung gepackt hatte, stand für mich fest, dass ich es mache. Ich bin froh, dass mich meine Eltern da schon frei haben entscheiden lassen, dass sie mir das Vertrauen gegeben haben, auch schon in meinen jungen Jahren.Mehr als 500 Chorknaben wurden nach 1945 bei den Regensburger Domspatzen missbraucht. Die meisten Taten wurden in den 1960er und 70er Jahren begangen, von körperlicher Gewalt wurde bis Anfang der 90er berichtet. Wie haben Sie die Schule wahrgenommen?
Es ist leider so, dass die Domspatzen da in der Öffentlichkeit in keinem guten Licht stehen. Aber die Fälle werden konsequent aufgearbeitet, da hat sich viel getan. Die Aufarbeitung machen sie mit großem Respekt vor den Opfern und mit Einfühlungsvermögen. Ich denke, bei der Transparenz heute, sind solche Vorfälle gar nicht mehr denkbar. Für mich ist es eine der besten Schulen, die es gibt. Durch die musikalische Ausbildung werden einem viele Werte und Fähigkeiten neben dem Abitur vermittelt. Das macht die Domspatzen einzigartig.Was heißt es, ein echter Domspatz zu sein?