Diebesbande vor Gericht
Autor: Sigismund von Dobschütz
Bad Kissingen, Sonntag, 21. Juni 2020
Weil keine Personen gefährdet wurden und es Unsicherheiten über die Zahl der tatsächlich verübten Diebstähle in der Anklageschrift gab, kamen drei Männer relativ milde davon.
Gegen drei Männer in den Zwanzigern wurde wegen schweren Bandendiebstahls in neun Fällen in Tateinheit mit Sachbeschädigung in fünf Fällen vor dem Bad Kissinger Amtsgericht verhandelt. Nach Anhörung mehrerer Zeugen forderte der Staatsanwalt für jeden eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Nach einstündiger Beratungspause entschieden sich der Vorsitzende Richter und seine beiden Schöffen dann aber doch für eine Bewährungsstrafe von jeweils zwei Jahren sowie einer Geldstrafe von jeweils 1 200 Euro für wohltätige Einrichtungen.
"Wir wissen, dass der Staatsanwalt nicht glücklich mit diesem Urteil ist", meinte der Vorsitzende gegen Ende des zehnstündigen Verhandlungstages. Doch als Gründe für das milde Urteil führte er die Unsicherheit bei der Zahl der in der Anklageschrift genannten Fälle sowie mancher nicht geklärte Sachverhalte an, die in Einzelfällen juristisch gebotene Abschwächung des schweren Bandendiebstahl in nur minderschwere Fälle, zumal in keinem Fall andere Personen gefährdet gewesen seien, aber auch die bisherige strafrechtliche Unbescholtenheit sowie günstige Zukunftsprognose für die Angeklagten.
Angefangen hatte es am 6. Februar 2019 mit einem abendlichen Treffen, zu dem der jüngste Angeklagte seine beiden Bekannten auf die Baustelle des Bad Neustädter Rhön-Klinikums eingeladen hatte, wo er als Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes mit Schlüsselgewalt Nachtschicht hatte. Bei einem Rundgang durch den ausgeräumten Altbau ermunterte er seine Kumpel, sich beim dort noch herumliegenden Hand- und Elektrowerkzeug zu bedienen, das, so seine damalige Aussage, ohnehin entsorgt würde. In der folgenden Nacht erbeuteten die Angeklagten neuwertiges Werkzeug im Neubau.
Zu beiden Fällen legten die drei Angeklagten ein umfassendes Geständnis ab, nicht aber zu den nachfolgenden zwei Fällen im Rhön-Klinikum, die ihnen der Staatsanwalt zur Last legte. Die in dem angeblichen dritten Fall entwendeten Flachbildschirme und Videobeamer sollen, so die Angeklagten, bereits in der ersten Nacht mitgenommen worden sein. Dasselbe gelte auch für das in der Firmenhalle eines Mitangeklagten wieder aufgefundenen Diebesgutes, das nach Anklageschrift erst im vierten Fall Mitte Februar gestohlen worden sein soll. Während der dritte Fall vom Gericht nicht nachgewiesen werden konnte, wurde der vierte Fall trotz Leugnung als sicher festgestellt, da das Rhön-Klinikum nach den ersten zwei Fällen eine Bestandsaufnahme gemacht hatte und das beschriebene Diebesgut nach Zeugenaussage erst danach entwendet wurde.
Die nachfolgenden fünf Diebstähle im Raum Bad Kissingen und Schweinfurt wurden von den Angeklagten ebenfalls bestätigt. Unsicherheit gab es allerdings wieder bei der Fallzahl, hatten die Angeklagten doch nach eigener Aussage zwei der Diebstähle in nur einer Nacht ausgeführt. Zudem sei der Container im neunten Fall angeblich bereits geknackt gewesen, weshalb in diesem wie auch in einem vorherigen Fall nicht alles Diebesgut von den Angeklagten gestohlen worden sei, wie sie alle drei aussagten.
Zu Gunsten der Angeklagten sprach bei der Urteilsabwägung, dass vom Diebesgut im Gesamtwert von über 20 000 Euro das meiste wieder aufgefunden worden war und den Geschädigten zurückgegeben werden konnte. Lediglich Werkzeuge mit einem Restwert von 3170 Euro blieb verschwunden.
Ebenfalls positiv war aus Sicht der drei Verteidiger bei der Urteilsfindung zu berücksichtigen, dass die Angeklagten nicht einschlägig vorbestraft, zwei sogar bisher völlig unbescholten waren. Lediglich der als Initiator ausgemachte jüngste Angeklagte wies in seinem Lebenslauf kleinere "Stolpersteine" auf (Sachbeschädigung, unehrenhafte Entlassung von der Bundeswehr). Deshalb widersprachen die drei Verteidiger der Einschätzung des Staatsanwalts, ohne das Vergehen ihrer Mandanten beschönigen zu wollen, und forderten eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren für den als Anstifter geltenden Jüngsten sowie ein Jahr und neun Monate für die beiden anderen. "Alles spricht dafür", seien die Angeklagten doch privat und beruflich gefestigt, meinten die Verteidiger übereinstimmend.