Druckartikel: Die Tagesmutter ist mehr als nur ein Babysitter

Die Tagesmutter ist mehr als nur ein Babysitter


Autor: Sabine Memmel

Bad Kissingen, Mittwoch, 26. Dezember 2012

Monika Wick ist 58 Jahre alt. Das hat sie allerdings nicht davon abgehalten, sich zur Tagesmutter ausbilden zu lassen. Zur Zeit betreut sie zwei Kinder.
Im Kinderzimmer: Tim und seine Tagesmutter Monika Wick spielen mit Lego.  Foto: Sabine Herteux


Die Kinder waren aus dem Haus, von ihrem Mann hatte sie sich getrennt. Hund und Katze waren das Einzige, was ihr geblieben war. In den eigenen vier Wänden wurde es Monika Wick zu still, zu einsam. Das war nichts für sie. Zu wenig Trubel, zu wenig Betrieb. Sie brauchte Beschäftigung, Gesellschaft - eine Aufgabe. In ihrem Job als Bankkauffrau nach mehr als 20 Jahren Familienpause wieder Fuß zu fassen, schloss die 58-Jährige von vornherein aus. Keine Chance. Stattdessen ging ihr die Idee einer Nachbarin nicht mehr aus dem Kopf, die ihr die Kindertagespflege ans Herz gelegt hatte. Wick fackelte nicht lange, besuchte über ein halbes Jahr mehrere Kurse beim Mehrgenerationenhaus, qualifizierte sich zur Tagesmutter. Seit Mai betreut sie zwei Kinder, Tim und Raphael. "Kindertagespflege ist eine tolle Chance für Frauen, die wie ich schon seit Jahren nicht mehr gearbeitet haben", sagt sie.



Einig mit den Eltern

Und jetzt ist das Haus wieder alles andere als leer, alles andere als still. 19 Stunden die Woche ist Monika Wick nun Tagesmutter. Die Chemie zwischen den Kindern und ihr hat gleich gestimmt. Tim ist jeden Tag bei ihr. Außer freitags und sonntags, da hat seine Mutter frei. Der Siebenjährige ist ein Einzelkind, seine Mutter alleinerziehend. Einmal die Woche kommt außerdem Raphael. Er ist schon älter, besucht die 6. Klasse auf dem Gymnasium. Wick holt beide Kinder von der Schule ab, bringt sie zu sich nach Hause, kocht ihnen ein warmes Mittagessen, hilft ihnen bei den Hausaufgaben, spielt und geht mit ihnen spazieren. Fernsehen dürfen beide nur eine halbe Stunde pro Tag. In diesem Punkt war sich Wick mit den Eltern schnell einig. Ansonsten hat die Tagesmutter weitgehend freie Hand: "Ich bin für beide Kinder die erste Ansprechpartnerin nach der Schule. Besondere Vorkommnisse erzähle ich den Eltern, wenn sie sie abends abholen", sagt Wick.

Ihre eigenen Söhne haben sich auf Anhieb mit Tim und Raphael verstanden. Das ist wichtig, weiß auch Iris Hönig, Geschäftsleiterin des Mehrgenerationenhauses: "Mit der Kindertagespflege holt man sich die Arbeit nach Hause, man ist selbstständig. Die eigene Familie muss damit einverstanden sein." Deswegen versucht Sozialpädagogin Katharina Metz auch immer darauf zu achten, dass Eltern, Kind und Tagesmutter gut zueinander passen: "Da braucht man Menschenkenntnis und Fingerspitzengefühl", sagt sie.

Dass Kindertagespflege mehr ist als nur Babysitting, darüber war sich Wick von Anfang an bewusst: "Ich beaufsichtige sie nicht nur. Als Tagesmutter beeinflusse und erziehe ich sie", sagt sie. Es ist ein Vollzeitjob. Erziehungsarbeit. Ihr Alter hat sie nicht eine Sekunde davon abgehalten, sich auf den Job einzulassen. Im Gegenteil: "58 ist doch kein Alter! Ich habe viel mehr Geduld als vor 30 Jahren. Diese Ruhe strahle ich auch auf die Kinder aus." Mehr Geduld, mehr Ausdauer, mehr Lebenserfahrung - irgendwann könnte sich Wick auch ein drittes Kind zur Tagespflege vorstellen. "Ich bin viel gelassener. Mit meinen Kindern war ich strenger."