Druckartikel: Die Suche nach der Schönheit

Die Suche nach der Schönheit


Autor: Christian Dijkstal

Bad Kissingen, Dienstag, 04. Dezember 2012

Carlo Catoni und Ralph Hartan stellen gemeinsam aus: Ein reger Dialog zwischen Objekten und der Malerei.
Carlo Catoni und Ralph Hartan.  Fotos: Christian Dijkstal


Sie ist ein "Meeting", eine Begegnung: die Ausstellung "in contro", die zur Zeit im Atelier von Carlo Catoni im Judenhof zu sehen ist. Es begegnen einander Gemälde des in Bad Kissingen lebenden Malers Catoni und Objekte des aus München stammenden gelernten Holzbildhauers Ralph Hartan, der sein Atelier in Fuchsstadt hat. Und es ist, so sagt Catoni, "im Prinzip eine Art Jubiläum": Vor rund zehn Jahren haben die befreundeten Künstler zum ersten Mal gemeinsam ausgestellt. Das war im italienischen Riolo Terme, dem Geburtsort von Catoni. Seither waren Arbeiten aus beiden Werkstätten immer wieder nebeneinander in verschiedenen Galerien zu sehen.
"Es ist ein reger Dialog zwischen den Objekten und der Malerei", findet Catoni. Wenn er sagt: "Wir verstehen uns gut", meint er nicht nur, dass die beiden Künstler befreundet sind, sondern dass ihre Art zu arbeiten, ähnlich ist. Thematik und Ausdrucksformen passten gut zueinander.

"Wir haben beide ein relativ inniges Naturverständnis", sagt Ralph Hartan. Die Natur ist folglich beiden eine Inspirationsquelle; allerdings in einem tieferen Sinn. "Die Natur ist nicht Kulisse für eine angenehme Abbildung, sondern sie ist Gesetzgeberin, ein Ort der Veränderung." Das sei sehr anregend.

Malen als Meditation oder Gebet

Die Bilder Catonis, auf denen oft Landschaften oder Blätter, Pflanzen, Bäume zu sehen sind, sind folglich auch keine originalgetreuen Abbildungen, sondern freie Kompositionen von Orten, die es so gar nicht gibt. "Meine Landschaften sind Paraphrasen auf das, was das Leben ist", beschreibt er seine Arbeit. In erster Linie interessiere ihn die Malerei; dabei nutze er als Motiv eine Sache, um eine andere darzustellen. Und diese Darstellungen mögen beim Betrachter zu einem Sich-Vertiefen führen, hofft er. "Ähnlich wie ein Mandala." Für ihn selber sei das Malen, das er als wohltuende Tätigkeit empfindet, dementsprechend wie eine Art Meditation oder Gebet.
In Hartans Objekten findet sich vielfach eine Verbindung von organischem und anorganischem Material: Beton oder Metall trifft auf Holz. Er sucht gezielt Hölzer, die, wie er sagt, "den Zeitfaktor zeigen"; auch aus ihnen lässt die Veränderung sich herauslesen. Bei Steinen gelänge das in der Form nicht mehr.
"Ähnlich wie der Mensch, haben Bäume zum Beispiel die Fähigkeit, Wunden heilen zu können." Ein Stein dagegen, sagt Hartan, zeige seine Wunden, könne sich nicht mehr verändern in der Weise, wie lebendes Holz es kann. Es drängt ihn, diese Spannung zu zeigen. Das Objekt "Laib", ein Muschelkalkstein, der Holz umschließt und somit etwas zeigt, das eigentlich gar nicht möglich ist, ist ein Beispiel dafür. Seine raue Oberfläche spricht eine ähnliche Sprache wie Catonis "Berglandschaft", die direkt darüber hängt. Das ist eine der Verwandtschaften in den Werken beider Künstler, die recht offensichtlich ist.
"Was uns verbindet", sagt Hartan, "sind die ästhetischen Werte. Es steckt viel in den Werken, aber man kann einfach auch das Äußere wahrnehmen." Catoni pflichtet ihm bei. "Ästhetik ist die Essenz der Realität", definiert er den Begriff. Die gälte es zu finden; sie brauche eine bestimmte Gesetzmäßigkeit und bringe Klarheit in die Aussage eines Werkes. "Das treibt uns beide: die Suche nach Schönheit im tieferen Sinn."
Die Ausstellung, in der beide Künstler vorwiegend neuere Arbeiten, aber auch bereits gezeigte Werke versammelt haben, bemüht sich, den Dialog beider Künstler unter vielen Facetten zu zeigen. "Es ist fast eine Retrospektive unserer zehnjährigen Gemeinschaft", stellt Hartan fest. Wer ihn nachvollziehen will, wird sich Zeit nehmen müssen und Ruhe. Auf den ersten Blick erschließt die Korrespondenz sich höchstens oberflächlich.
Doch Catoni ist überzeugt: "Die Arbeiten sind in der Lage, in einer Dimension der Stille Antworten zu geben." Warum das so ist, versucht Ralph Hartan in Worte zu fassen: "Wenn man ein Werk geschaffen hat, ist man eine Weile sprachlos. Man hat seine Sprache an das Stück abgegeben. Das spricht dann." Im Idealfall ist es dann beredter als der Künstler, der Erläuterungen zu einem Objekt ungern gibt: "Man engt es wieder ein."