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Die Spannung des Augenblicks entdecken


Autor: Gerhild Ahnert

Bad Kissingen, Dienstag, 20. Mai 2014

Romana Kochanowski wollte das Land ihrer deutschen Vorfahren kennenlernen und blieb in Deutschland. Seit sieben Jahren lebt und arbeitet sie in Bad Kissingen und öffnete ihr Atelier jetzt zwei Tage lang für Besucher. Das Ergebnis: Ein besonderer Blick in eine expressive Umgebung.
Atelier-Besuch bei Romana Kochanowski Foto: Gerhild Ahnert


Romana Kochanowski ist als Abi turientin nach Deutschland gekommen, weil die gebürtige Schlesierin das Land ihrer deutschen Vorfahren kennenlernen wollte. Schnell wusste sie, dass sie hier bleiben und in Deutschland Kunst studieren wollte. Das tat sie.
Nach dem Abschluss des Studiums an der Hochschule in Kassel wohnte sie vor den Toren Frankfurts, wo sie als freischaffende Künstlerin und Fotografin arbeitete. Dann zog sie zusammen mit ihrem Mann, Sohn Kai und Hund Leo nach Bad Kissingen, weil ihr Mann Robert, von Beruf Webdesigner, hier eine Anstellung fand. Nach knapp sieben Jahren in Bad Kissingen ist die Künstlerin eine feste Größe in der Kissinger Kulturlandschaft geworden.

Etliche Ausstellungen

Sie hat mit der Kissinger Künstlergruppe, mit Alexander Ruppert und in Einzelausstellungen ihre Werke gezeigt, Bilder zu einem Bildband der Stadt über Bad Kissingen beigesteuert und nicht nur ihre Frankfurter Fotokunden, darunter viele Schauspieler und Künstler, zu Shootings nach Bad Kissingen gelockt. Sie hat vor Ort einen treuen und von ihren Arbeiten begeisterten Kunden- und Freundesstamm aufgebaut.
Jetzt lud Romana Kochanowski in ihr Atelier in der Hartmannstraße 29 ein, um ihre neuesten Bilder und Fotografien vorzustellen. In beiden Genres stehen für sie von jeher Menschen im Mittelpunkt, die sie in ihrer Malerei durch kraftvolle, ausdrucksstarke Pinselführung und expressive Farben in extremen Situationen einzufangen versucht. An jeder Figur ist sie interessiert an deren inneres Kraftzentrum, dessen Entladung sie ungeschönt und dadurch für den Betrachter auch manchmal schonungslos und vielleicht verstörend darstellt.

Starke Ausdrucksformen

Gier, Zorn, körperliche Gewalt, aber auch das Spannungsfeld um ein ganz in sich versponnenes Paar oder die innige Nähe zwischen einem Kind und seinen Eltern kommen so zutage. Ihre Bilder springen den Betrachter mit der gesamten Wucht ihrer ausdrucksvollen Linien und Farben an, sind unverkennbar in ihrer Malweise und Farbgebung.
Seit ihrem Studium gehörte ein großes Bedürfnis nach Raum für ihre dynamischen, dramatischen Szenen zu ihren Markenzeichen. Erst seit ein paar Jahren hat sie sich von ihren Riesenleinwänden nicht ab-, aber auch kleineren Formaten zugewandt. So etwa ihren quicklebendigen Kugelschreiberzeichnungen auf rohem Holz, oder ihre nun schon auf zahlreiche Arbeiten angewachsene Entdeckung mittelgroßer quadratischer Formate, die als Einzelstücke oder durch eine Anordnung in Zweier- oder Vierergruppen wohnzimmerkompatibler sind als ihre Großformate.

Menschen im Mittelpunkt

Auch in ihren fotografischen Arbeiten erkennt man Frau Kochanowskis Fähigkeit, mit sicherem Blick und einer ausgefeilten Technik ins Zentrum ihrer Objekte vorzudringen. Sie beschäftigt sich in diesem Genre sehr intensiv mit Menschen und beweist bei ihren Aufnahmen ebenfalls den durch ihre Malerei geschulten Blick für das Einmalige und von innen kommende Besondere des Einzelnen.
Im letzten Jahr hat die Künstlerin, für sie selbst fast unerwartet, dazu gefunden, auch ein dynamisches Zentrum ihrer neuen Heimatstadt zu entdecken. Als Fotografin für einen Bildband über die Stadt Bad Kissingen lernte sie deren eindrucksvolle Bauten wie das Kurtheater oder die herrlichen Säle des Regentenbaus kennen und lieben, und konnte sie während ihrer Aufnahmen zur Zeit des "Kissinger Sommer" auch belebt von interessanten und berühmten Persönlichkeiten erleben.
Viele ihrer neuen Arbeiten beschäftigen sich mit diesen Eindrücken: Künstler bei den Proben - mehrere Studien zu David Garrett im Max-Littmann-Saal, ein ungenanntes Streichquartett von hinten im Park, Semion Skigin allein auf der Bühne, ins Klavierüben versunken - oder Details aus den Räumen und dem Foyer des Regentenbaus ebenso wie eine in ihrer Farbgebung sehr eindrückliche Studie einer Menschenmenge in der Ludwigstraße vor Kissingens schönen Fassaden.

Spannung wird erzeugt

In diesen Arbeiten verbindet Frau Kochanowski die Fähigkeiten der Fotografin mit denen der Malerin. Sie benutzt Fotodrucke auf Leinwand als Grundlage malerischer Kompositionen, die durch Übermaltechnik oder auch Collagierung spannende Kunstwerke entstehen lassen, da sie das fotografisch Abbildbare in Beziehung setzen mit der der Künstlerin eigenen Fantasie und Kreativität.
Romana Kochanowski ist mit ihren Kissingen-Bildern im Land ihrer Vorfahren und in Bad Kissingen angekommen, wie ihre Frühjahrs-Atelierschau eindrucksvoll beweisen konnte.