Die Mutter Theresa der Kreisstadt
Autor: Sigismund von Dobschütz
Bad Kissingen, Sonntag, 19. Juli 2015
Kidro e.V. kümmert sich seit 20 Jahren um "niederschwellige" Hilfe für die Armen und Schwachen in der Stadt. Seit Bestehen des Vereins hat sich eines nicht verändert: Die Vorsitzende ist geblieben, genauso wie die jährlichen Geldsorgen.
Seit 20 Jahren hilft der Verein "Kidro" - Bad Kissinger unterschwellige Drogenhilfe - den Armen und Schwachen in der Kurstadt. Jetzt hatte Vorsitzende Eva Matthies, die schon seit seiner Gründung 1995 den Verein führt, Mitglieder, Partner und Sponsoren zu einem Jubiläumsempfang mit verschiedenen Darbietungen, Selbstgebackenem und Erfrischungen in die Sporthalle am Pater-Reinisch-Weg geladen.
Sichtbarer Anlass zur Gründung des Vereins für niederschwelllige Hilfe sei
im Mai 1994 die offene Drogenszene in der Stadt gewesen, erinnerte Matthies in ihrem Rückblick. Nach der Gründung eines Arbeitskreises "Prävention" mit der Stadtverwaltung unter dem damaligen Oberbürgermeister Christian Zoll (SPD) und den vier Wohlfahrtsverbänden brachten jedoch die bei Ministerien und "allen möglichen Behörden und Institutionen" gestellten Förderanträge nicht den gewünschten Erfolg auf finanzielle Unterstützung.
Erst die im November 1995 erfolgte Vereinsgründung ermöglichte den Start in eine bis heute beeindruckende Erfolgsgeschichte.
Drei teilen sich die Kosten
Doch noch immer war die Finanzierung nicht geklärt. Nach ergebnislosen Verhandlungen "schlug OB Zoll schließlich auf den Tisch", erinnerte sich Eva Matthies. Seitdem teilten sich Stadt, Landkreis und Bezirk die Kosten. War anfangs nur an die Anstellung eines Streetworkers zur Drogenbekämpfung gedacht, kam dann doch 1999 die Wärmestube hinzu. Eva Matthies dazu: "Ein Taubenschlag von früh bis spät." Nach wachsender Zahl der Übersiedler im Jahr 2004 wurde das KIP-Sportprojekt gestartet, 2007 das KIP-Arbeitsprojekt mit 13 500 Arbeitsstunden (2014), schließlich 2012 die Gründung des "Sofa-Möbellagers" und als neuestes Projekt erst 2015 das "Hoki-Holzprojekt". "Ich weiß nicht, ob noch etwas Neues hinzukommt", meinte die Vorsitzende mit Blick auf die Zukunft des Vereins. In einer Sache ist sie sich allerdings sicher: "Die Arbeit kommt zu uns. Wir reagieren nur darauf."
Mehr und mehr versucht der Verein, nicht nur auf Spenden angewiesen zu sein, sondern die Arbeitsleistung der von ihm betreuten Personen, die auf dem ersten und zweiten Arbeitsmarkt keine Chancen haben, angemessen honorieren zu lassen. Außerdem sollen gespendete Möbel zu Niedrigpreisen zu verkauft werden. Matthies: "Wir haben immer Bedarf an Geld. Alle Spendengelder und Verkaufserlöse fließen postwendend wieder in unsere Arbeit." Im vergangenen Jahr liefen rund 350 000 Euro durch die Bücher des Vereins, 25 000 Euro an Mietkosten wurden von der Stadt übernommen.
Bürgermeister Thomas Leiner sicherte dem Vereinsvorstand die weitere finanzielle Unterstützung zu. "Sehen Sie in der Stadt einen verlässlichen Partner." Stadtrat und Verwaltung anerkennen den Verein als eine wichtige soziale Säule der Stadt: "Kidro ist die Mutter Theresa der Großen Kreisstadt." Auch stellvertretender Landrat Emil Müller würdigte die Arbeit des Vereins. "In unserer Gesellschaft ist alles geregelt, aber nicht immer sind die Ämter in der Lage, flexibel zu reagieren." Zur Füllung dieser Lücken im Netzwerk werde der Verein gebraucht, so Müller. "Sie suchen keine Herausforderungen, sondern die Antworten auf Herausforderungen."
Wie ein Banker "Kidro" sieht
Sparkassenvorstand Michael Rendl formulierte seinen Dank an den Verein aus Sicht eines Bankers. Der Verein könne eine beeindruckende Bilanz vorweisen: "Ihre Haben-Seite ist das Eigenkapital der Stadt und des Landkreises." Mit Blick auf die aktuelle Diskussion um die Unterstützung Griechenlands und seiner Banken meinte Rendl: "Milliarden Euro zur Rettung von Banken, die trotzdem pleite gehen können, sind heute leichter zu bekommen als kleine Beträge zur Rettung von Menschen." In diesem Wissen sicherte er dem Verein Kidro auch weiterhin die Unterstützung der Sparkasse zu.