Die letzte Amtshandlung
Autor: Kathrin Kupka-Hahn
Waldfenster, Mittwoch, 26. Oktober 2016
Die Flurbereinigung Waldfenster ist beendet. Einst gab es mehr als 1300 Grundstücke.
Die Flurbereinigung im Ortsteil des Marktes Burkardroth ist nun definitiv Geschichte. Der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft wurde offiziell seines Amtes enthoben, quasi in den Ruhestand geschickt. Dafür mussten die Herren lediglich eine Unterschrift leisten. "Wir sind jetzt arbeitslos", kommentierten die Waldfensterer humorvoll diesen Verwaltungsakt.
Dieser fand in der Hütte des örtlichen Obst- und Gartenbauvereins statt.
"Leider ist das Gasthaus Krone geschlossen", erklärte der örtliche Beauftragte Richard Metz, weshalb dieser außergewöhnliche Versammlungsort gewählt worden war. Mit den geleisteten Unterschriften können nun auch die Verantwortlichen vom Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) einen Schlussstrich unter das Flurbereinigungsverfahren in Waldfenster ziehen.
Unter den Erben aufgeteilt
Das war bereits 1978 von
der Bayerischen Staatsregierung angeordnet worden, um eine Neuordnung des ländlichen Grundbesitzes zu erreichen. "Durch die fränkische Realteilung war unsere Flur in viele kleine Grundstücke unterteilt", erklärt der Waldfensterer Landwirt Johannes Schlereth, der viele Jahre im Vorstand der Teilnehmergemeinschaft mitgearbeitet hat.
Heißt, der Landbesitz wurde über lange Zeit unter den Erben aufgeteilt, so dass unzählige kleine Parzellen entstanden, die landwirtschaftlich nicht sehr effektiv genutzt werden konnten. "Im benachbarten Ort Platz sah es ganz anders aus, denn der gehörten zum Bistum Fulda, wo die fränkische Realteilung nicht praktiziert wurde", erklärt Richard Metz.
Unwirtschaftliches Klein-Klein
Diese einstige Kleinteiligkeit
hat sich mit der Flurbereinigung geändert. Vor allem die örtlichen Landwirte profitieren davon. Sie können die Flächen jetzt nicht nur mit ihren modernen Maschinen wirtschaftlicher bearbeiten, sondern auch ein optimaleres Wegenetz nutzen. Allerdings gibt es nicht mehr viele Landwirte vor Ort. Neben Johannes Schlereth ist nur noch Roland Metz mit seinem Schweinemastbetrieb Vollerwerbslandwirt, einige wenige betreiben ihre Landwirtschaft noch nebenberuflich.Rund zwei Millionen Euro hat das Verfahren zur Neuordnung der Waldfensterer Flur gekostet, resümierte Dieter Müller in der Hütte des Gartenbauvereins. Er hat als Mitarbeiter im ALE und später als stellvertretender Vorsitzender der Teilnehmergemeinschaft das gesamte Verfahren begleitet. "Aus den ursprünglichen 1308 Parzellen sind 671 Flurstücke entstanden", erklärte er. Somit wurde eine Fläche von 256 Hektar neu aufgeteilt. Ein Prozess, der mehrere Jahrzehnte dauerte. 1990, zwölf Jahre nach der Anordnung durch die Regierung, war erst das Planfeststellungsverfahren für die Flurbereinigung Waldfenster abgeschlossen. "Damit erhielten wir die Genehmigung, dass die Wege hier so gebaut werden dürfen wie geplant", so Müller.
Wegebau
Im Oktober 1994 habe er vor Ort abgemarkt, der Wegebau konnte dann beginnen.
Rund 20 Kilometer sind in den darauffolgenden Monaten entstanden. "Drei Kilometer Asphaltweg, vier Kilometer Schotterweg, ein Kilometer Erdweg sowie 12,5 Kilometer Grünwege haben wir gebaut", fasste Müller zusammen. Diese Arbeiten haben rund 700 000 Euro gekostet. "Davon haben die Teilnehmer einen Anteil von 40 000 Euro selbst getragen", fügte der Beamte hinzu. Inzwischen sind die Wege mehr als 20 Jahre alt, teilweise stark sanierungsbedürftig.
Jedoch gibt es um die Instandsetzung und den Unterhalt des Wegenetzes Streit mit der Gemeinde, die Eigentümerin der Wege ist.
Neuverteilung
1997 begann schließlich die Neuverteilung der Waldfensterer Flur, der schwierigste Teil des Flurbereinigungsverfahrens. Schließlich mussten dabei die Interessen eines jeden einzelnen Grundstücksbesitzers berücksichtigt werden, aber auch der Wert einer jeden Parzelle.
Bei sogenannten Wunschterminen wurden die persönlichen Belange besprochen. "Ich hatte dafür ein Zimmer im alten Gasthaus (gemeint ist Grünes Tal - Anm. d. Red.)", erinnerte sich Hans-Jörg Bader. Er leitete damals das Flurbereinigungsverfahren als Mitarbeiter des ALE und Vorsitzender der Teilnehmergemeinschaft. Seit elf Jahren ist der Vermessungsingenieur schon im Ruhestand.
Jedoch wollte er sich den letzten Akt zum Abschluss des Flurbereinigungsverfahrens nicht entgehen lassen. "Es gibt halt welche, die sind einem ans Herz gewachsen", sagte er. Die Waldfensterer gehören definitiv dazu, weshalb er "auf ein letztes Bier" in die Vorrhön kam.Bereits im Sommer 1998 stand die Neuordnung der Grundstücke, 1999 wurde sie bekannt gegeben und bis 2001 in den Grundbüchern vermerkt. Somit war das Flurbereinigungsverfahren rechtskräftig.
Bis heute wurden schließlich noch verschiedene Arbeiten erledigt, zum Beispiel Bäume gepflanzt, Regenrückhaltebecken und Umflutungsgräben gebaut sowie punktuelle Dorferneuerungsmaßnahmen im Wert von 250 000 Euro umgesetzt. Dabei wurden unter anderem das Buswartehäuschen am Gasthaus Krone errichtet, der Spielplatz am Dorfteich gebaut, die Kirchenmauer instandgesetzt und ein Teil der Außenanlage am Pfarrgemeindezentrum gestaltet.