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Die Dealer mit den Karten


Autor: Thomas Mäuser

Bad Kissingen, Mittwoch, 20. August 2014

Das Luitpold-Casino bildet nebenberufliche Kartengeber aus. Ein bis zwei Mal im Monat werden sie die fest angestellten Mitarbeiter nicht nur während der Poker- Meisterschafts-Turniere unterstützen.
Konzentriert ist Sissi Pretscher bei der Arbeit als Poker-Dealerin im Luitpold-Casino. Foto: Thomas Mäuser


Bad Kissingen — Sissi Pretscher sitzt an einem grünen, samtbezogenen Tisch in einem Nebenraum des Luitpold-Casinos. Gerade verteilt sie je zwei Karten an die Spieler, die sich rund um sie gruppiert haben. Sissi Pretscher ist Dealerin - und das ganz legal.
Dealer, das ist in diesem Fall nichts Anrüchiges. So heißen in den Casinos die Kartengeber, zum Beispiel beim Pokern.

Zur Zeit läuft in den Bayerischen Casinos die "Spielbanken Bayern Pokermeisterschaft". "Im kommenden Jahr wird das Luitpold-Casino Gastgeber des Finales sein", sagt Spielbankdirektorin Heidrun Vorndran. Und dafür braucht die Bad Kissinger Spielbank weitere Dealer. Auf 400-Euro-Basis unterstützen sie die fest angestellten Mitarbeiter.

Perfekter Nebenjob

"Das wäre ein perfekter Nebenjob", dachte sich Sissi Pretscher, als sie die Stellenanzeige in der Zeitung gelesen hat. Sie spielt gerne Karten, von Schafkopf über mau-mau bis Poker. Einen Kurs an der Spielbank hat die 39-jährige Arzhelferin bereits hinter sich, dealt schon mit im Großen Saal. Am Black-Jack-Tisch und beim Bavarian-Texas-Hold'em, einer Pokervariante, bei der die Gäste gegen die Bank spielen.
Seit drei Wochen macht Sissi Pretscher eine weitere Ausbildung. Texas Hold'em heißt das Spiel, in dem die Gäste nicht gegen die Bank, sondern gegeneinander antreten. Jenes Spiel, um das sich die Meisterschaft dreht. Sechs Wochen dauert der Kurs, drei hat die 39-Jährige schon hinter sich.
"Call" sagt Sissi Pretscher in die Rund, fordert damit die Spieler auf, ihre Einsätze auf den Tisch zu legen. Die Spieler, das sind während des Lehrgangs die anderen "Azubis". Zum Beispiel Matthias Fell. Er arbeitet als Landwirt im elterlichen Betrieb, hat einen Nebenjob gesucht, der ihm Spaß macht. Das Pokerspiel ist für Fell nichts Neues. "Ich habe es absolut nicht bereut", sagt der 25-Jährige, der gerade Sissi Pretscher auf dem Stuhl des Dealers ablöst.

Umfangreiche Ausbildung

Montags bis donnerstags kommen die "Poker-Lehrlinge" in der Spielbank zusammen, jeweils von 19 bis 22 Uhr. "Da ist es ganz wichtig, dass die Familie mitspielt", sagt Sissi Pretscher. Und dass die Ausbildung Spaß macht. So wie der 21-jährigen Josi Schilling. Sie kommt aus Suhl, hat die Ausschreibung im Internet entdeckt und am 28. Juli mit dem Kurs im Luitpold-Casino begonnen. Trotz der langen Anfahrt, ihr macht es nach wie vor Spaß. "Ich kann mir vorstellen, dass ich das mal hauptberuflich mache", sagt sie.
"Früher haben sich alleine die fest angestellten Cropiers als Dealer betätigt, doch inzwischen bieten die Spielbanken verstärkt Poker an", sagt Technischer Leiter Manfred Klabouch. Und das wird gut angenommen. Inzwischen bietet das Luitpold-Casino unter anderem vier Ranglisten-Turniere im Monat an, jeweils freitags. Bis zu 30 Spieler kommen pro Abend.

Neue Zielgruppe

"Wir haben damit eine neue Zielgruppe erschlossen, die so nicht in die Spielbank gekommen wäre", fährt Klabouch fort. Was das Pokern im Staatlichen Casino so attraktiv macht? "Bei uns geht es absolut reell zu, hier ist nichts gezinkt", versichert der Technische Leiter.
Was mussten die künftigen Teilzeit-Dealer mitbringen, um am Lehrgang teilnehmen zu dürfen? "Sie müssen manuelle Fähigkeiten haben, Kartenbilder lesen können, gute Umgangsformen, einen einwandfreien Leumund und ein gepflegtes Erscheinungsbild haben", sagt Manfred Klabouch. Das Pokerspiel mussten sie vorher nicht beherrschen. "Wir haben auch Frischlinge unter den Teilnehmern, die mit null Wissen hier hereingekommen sind", schmunzelt Kursleiter Udo Eyring.
Eyring ist Croupier und Chef der Pokerabteilung. Er kümmert sich um das Wohl der Spieler, hat die Oberaufsicht über die Dealer und ist letzte Entscheidungsinstanz, der "Floorman", wie es im Poker-Jargon heißt. Er bildet übrigens nicht nur die Teilzeit-Dealer aus, sondern auch jene Croupiers, die ab und zu den Roulette- mit dem Poker-Tisch tauschen.
In der Regel werden die Dealer im Nebenjob nach ihrer Ausbildung zwei Mal pro Monat eingesetzt, freitags und samstags, wenn von 19 bis 3 Uhr im Luitpold-Casino gepokert wird.

Pokerface ist nicht nötig

Sissi Pretscher freut sich drauf. Das berühmte Pokerface muss sie bis dahin allerdings nicht einstudiert haben. Sie wird "nur" die Kartengeberin sein. "Aber im Geiste spielt man mit. Als Dealer macht es mehr Spaß, wenn man sich in die Spieler hineinversetzen kann", sagt Udo Eyrich, bevor es wieder ernst wird und er nachsieht, ob er mit seinen beiden Karten eine Chance hat. Seite 3