Die Abgeschiedenheit der Talkirche kam erst später
Autor: Björn Hein
Münnerstadt, Samstag, 11. Mai 2013
Einst lag die Talkirche an einer Hauptverkehrsader; heute herrscht Idylle pur. Das Jahr 2013 hat die katholische Pfarrei Münnerstadt zum Jubiläumsjahr des kleinen Gotteshauses erkoren.
Das Kirchlein "Zum heiligen Kreuz" kann auf eine lange und wechselvolle Geschichte zurückblicken. Der Grundstein zum Bau wurde im August 1712 vom damaligen Kissinger Dekan gelegt, die Weihe der neuen Kirche mit den drei Altären erfolgte am 19. August 1716, nach vierjähriger Bauzeit.
Dass man heuer das 300-jährige Jubiläum der Talkirche feiert, sei aus diesem Grund auch etwas willkürlich, sagte Stadtarchivar Klaus-Dieter Guhling in einem Vortrag in der
Talkirche. "Die Jahreszahl 1713, die für die Wahl des heurigen Jahres als Jubiläumsjahr bei der hiesigen Pfarrgemeinde wohl maßgeblich war, findet sich auf dem Türsturz des Seiteneingangs eingemeißelt und bezieht sich auf die Erbauung der Kirchenmauern in diesem Jahr" so die Erklärung Guhlings hierfür.
Sehr gut besucht war der Vortrag "Zur Geschichte der Talkirche", den Stadtarchivar Klaus-Dieter Guhling hielt. Die die Talkirche in Münnerstadt war voll besetzt, es mussten sogar weitere Bänke in den Kircheninnenraum gebracht werden, um Platz für die Besucher zu bieten. Guhling wusste in seinem interessanten Vortrag allerhand über die Geschichte dieser Kirche, die in diesem Jahr ihr 300. Jubiläum feiert, zu berichten.
1360 erstmals erwähnt
Bereits vor dem Bau der Kirche diente dieser Ort schon seit Jahrhunderten als Gebets- und Andachtsstätte. Erstmals wird der Ort in einem Salbuch der Münnerstädter Deutschordenskommende 1360 erwähnt. "Die Gründung der Gottesverehrung an dieser Stätte aber verliert sich im Dunkel des Mittelalters" so Guhling. In den Jahrhunderten hat sich vieles verändert: Einst lag die Talkirche nicht wie heute in einsamer Idylle, sondern unmittelbar an der viel belebten nord-südlichen Hauptverkehrsader von Meiningen nach Schweinfurt. Erst 1786, nach der Fertigstellung einer anderen Hauptverkehrsroute, rückte die Talkirche in die Abgeschiedenheit. Auch war die Kirche vor dem Neubau im frühen 18. Jahrhundert kein Einzelbauwerk, sondern gehörte zu einem baulichen Ensemble - neben der Kreuzkirche war hier auch eine Marienkapelle und eine Eremitenklause zu finden.
Akribisch hatte Guhling nachgeforscht und konnte anhand von noch existierenden Talkirchenrechnungen nachweisen, dass dies bereits für 1547 bezeugt ist. Eremiten verrichteten hier noch bis 1789 ihre asketischen Übungen, danach wurde ein Kirchner für die Talkirche bestellt, der in Münnerstadt wohnte und tagsüber hier seinen Dienst ableistete.
Anhand alter Einnahmebelege konnte Guhling nachweisen, dass v.a. durch die Opfergaben der Gläubigen aus Geld und Naturalien, durch Pachteinnahmen von Ackerland und auch die Zinseinnahmen von verliehenem Geld die Bilanz über lange Jahrzehnte hinweg für die Talkirche positiv war.
Auch auf die kunsthistorischen Besonderheiten der Stätte ging Guhling ein und erwähnte dabei unter anderem die Geschichte der Gnadenbildstatue Mariens, die sich ursprünglich in der Talkirche, jetzt aber in der Stadtpfarrkirche befindet und auf das Jahr 1420 zurückdatiert werden kann.
In gewohnt sachkundiger Weise wusste Klaus-Dieter Guhling die Geschichte der Talkirche zu vermitteln. Angereichert wurde sein Vortrag mit Bonmots, die die Besucher zum Schmunzeln brachten. Dass das Interesse an der Geschichte der Talkirche groß ist, zeigte auch die anschließende Fragerunde, die sehr anregend war.
Es war ein gelungener Vortrag, der die vergangenen Jahrhunderte lebendig werden ließ und mit zahlreichen Anekdoten auch trefflich zu unterhalten wusste.