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Der normale tägliche Wahnsinn


Autor: Björn Hein

Bad Bocklet, Donnerstag, 14. August 2014

Gertrud Kutzberger und Dieter Fraunholz zeigen als "Nürnberger Oldiekiste", was den Menschen wirklich beschäftigt. Mit ihrem Programm treffen sie den Nerv der Zuhörer und finden mit ihren Themen "großes Verständnis".
Gertrud Kutzberger als Krankenschwester und Dieter Frauenholz als Patient: Der Wahnsinn hat zwei Namen. Foto: Björn Hein


Es kann schon hart sein, das Eheleben. Da ist der eine zu schweigsam, im Gegensatz dazu redet der andere zu viel. Schwer, wenn man dies am eigenen Leib erleben muss. Umso lustiger aber, wenn gerade diese alltäglichen Erfahrungen auf die Bühne gebracht werden.
Mit ihrem Auftritt unter dem passenden Namen "Aus dem Leben gegriffen" nahm sich die "Nürnberger Oldiekiste" im Kursaal in Bad Bocklet dieser Thematik an. Sehr zur Freude des Publikums.

Gertrud Kutzberger und Dieter Fraunholz, die die Ehepartner mimten, gingen ganz in ihren Rollen auf. Man merkte den beiden bei ihrem Auftritt an, mit wieviel Spaß sie bei der Sache waren.

Schauspieler durch und durch

Beide verfügen über langjährige Schauspielerfahrung: Kutzberger steht seit fast 25 Jahren auf der Bühne und besetzt im Staatstheater in Nürnberg während der Kammerspiele größere Rollen. Auch für Dieter Fraunholz ist das Schauspielern nichts Unbekanntes: "Ich war im Berufsleben 40 Jahre lang Handelsvertreter", stellt der Franke mit Schmunzeln fest. Na dann.
Und dann geht's los. Sketche mit einer typisch fränkischen Note sind "ihr Ding". Die Rollen sind den beiden Protagonisten auf den Leib geschneidert, selbst bei kleineren Umbauarbeiten auf der Bühne, die die beiden selbst übernehmen, wirken sie noch wie ein Ehepaar, das schon ein paar Jahre (zu lange?) verheiratet ist. Wie gesagt: sehr zur Freude des Publikums.
"Uns macht es einfach Spaß auf der Bühne zu stehen und die Leute zum Lachen zu bringen", sagt Dieter Fraunholz. Beim Stück "Das Kleid" wurde der Mann fast in den Wahnsinn getrieben von seiner Frau. Beständig fragte sie, welches Kleid dem Ehegespons nun besser gefalle. "Mit dir kann man über Atomenergie, Kriege und Politik reden, aber über nichts Wichtiges", war schließlich ihre Quintessenz des Dialogs.

Socken in der Hosentasche

Beim "Theaterbesuch" zeigte der ach so gebildete Herr von Welt seiner Frau, dass ein Kunstfreund seine müffelnden Socken durchaus in den Hosentaschen aufbewahren kann. - Um den Typus des schmarotzenden Sohnemanns ging es im Sketch "Burle", welcher von Fraunholz verkörpert wurde. Ganz als besorgter Sprössling daherkommend, ließ er sich nicht davon abhalten, sich bei der Mutter einzuladen und sich exquisit bekochen zu lassen. Das wirkliche Leben schreibt eben so manches Drehbuch und Stück.

Was macht uns glücklich?

Über die geliebte Stadtwurst wird in einem anderen Sketch trefflich schwadroniert, und als "der Besuch" kommt, zeigt sich, in welche Nöte man kommt, wenn die reiche Erbtante vor der Tür steht. Dass man als noch so gerissener Finanzamtbetrüger am Ende der Gelackmeierte sein kann, das hat auch dem Publikum gefallen. Dann wird's poetisch: "Im Wandel der Zeiten" kommt Gertrud Kutzberger daher. Sie philosophiert darüber, was damals und was heute glücklich macht, nicht ohne eine kleine Portion Wehmut. Ja ja, das Leben ist nicht leicht. Das weiß auch das Publikum, kann solche Gedanken leicht nachvollziehen und ist begeistert.

Schwester mit "Wir-Syndrom"

Und weiter geht's, ins Bett: "Im Krankenhaus" wird eine Schwester mit dem bekannten "Wir-Syndrom" vorgeführt: "Jetzt gehen wir ins Bett, jetzt nehmen wir unsere Tabletten". Fraunholz macht sich einen Spaß daraus, den Spieß umzudrehen und als Patient die Krankenschwester in die Verzweiflung zu stürzen.

Ein Spiel mit Befindlichkeiten

Es ist ein herrliches Spiel mit Klischees und Vorurteilen, das die beiden auf die Bühne bringen, Lebenssituationen schildern sie, die jeder kennt. Aus dieser Vertrautheit, die zwischen Bühne und Publikum entsteht, aus diesem Verstehen heraus, gewinnt das Publikum seinen Spaß, seine Freude am Zusehen. Entsprechend groß ist der Applaus am Ende, Gertrud Kutzberger und Dieter Fraunholz haben den Nerv getroffen. Pointiert nah an den Menschen und treffsicher bei den Themen.