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Der neue Lang Lang?


Autor: Thomas Ahnert

Bad Kissingen, Montag, 22. Juni 2015

Der 14-jährige Jinghan Hou spielte das Präludium zum Kissinger Sommer. Das Talent ist da - jetzt sind vor allem Geduld und Zurückhaltung gefordert.
Jinghan Hou Foto: Ahnert


Ist der 14-jährige Jinghan Hou wirklich der neue Lang Lang, als der er nicht nur in seiner Heimat China schon gehandelt wird? Man tut ihm nichts Gutes, wenn man ihn mit derartigen Vergleichen gutredet und unter Druck setzt.
Sicher, einiges, was er beim Präludium im Rossini-Saal zeigte, war beeindruckend. Allerdings bezog sich das vor allem auf den technischen Aspekt.

Er hat schon eine erstaunliche manuelle Geläufigkeit und Treffsicherheit und einen sehr selbstbewussten Zugriff. Wenn er richtig hinlangt, kann es auch schon ziemlich laut werden.
Aber das ist nicht das Ziel, das sind die unabdingbaren Voraussetzungen, um Musik zu machen. Für die Gestaltung, die das eigentlich Spannende ist, ist er einfach noch zu jung. Er kann noch nicht wirklich etwas mit seiner Musik erzählen oder von sich zeigen. Ansätze in diese Richtung zeigte er erstaunlicherweise bei Robert Schumanns Abegg-Variationen, wo ihm schon Charakterisierungen gelangen, und Tschaikowskys Dumka op. 59 mit ihren volkstänzerischen Neigungen.
Aber mit dem Witz von Haydns "Englischer Sonate" Hob. XVI:50 konnte er nichts anfangen; da spielte er buchstabierend wie bei Liszt "Leggierezza"-Etüde oder Chopins Andantespianato et Grande Polonaise brillante. Und bei Rachmaninoffs g-moll-Prélude geriet er auch technisch deutlich an den Rand. Die Zugabe war ein "Chinese Traditional". Mehr war nicht zu erfahren.
Kein Zweifel: Der junge Kerl ist ein Riesentalent. Aber jetzt sind seine Lehrer gefordert, ihn nicht zu verheizen.