Der Jagdbeirat des Landkreises Bad Kissingen hat über neue Abschusszahlen abgestimmt
Autor: Carmen Schmitt
Bad Kissingen, Sonntag, 17. April 2016
Einigen Waldbewohnern geht es an den Kragen wie nie zuvor. Nicht ohne Grund, meinen die Fachleute.
Noch nie wurden im Landkreis so viele Wildschweine abgeschossen wie im vergangenen Jagdjahr. 4252 Tiere sind von den Jägern erlegt worden - mehr als fünfmal so viele wie vor 20 Jahren. Dennoch sind die Schäden auf Wiesen und Feldern, die vor allem Landwirte beklagen, laut Landratsamt auf über 105 000 Euro gestiegen. Im Jahr zuvor waren es noch 13 500 weniger.
"Wir müssen den Jagddruck aufrecht erhalten", sagt Hans-Peter Donislreiter von der Unteren Jagdbehörde des Bad Kissinger Landratsamts. Nach Ansicht des Jagdbeirats des Landkreises gilt das auch für die Bejagung von Rehen. Von denen sollen in den nächsten drei Jahren so viele geschossen werden wie nie zuvor.
Grundlage für die Verhandlungen der Reh-Abschusszahlen ist das sogenannte "Verbissgutachten". In einem statistischen Verfahren ermitteln Revierleiter und Sachverständige, wie stark der Wald im Landkreis belastet ist, weil Rehe junge Pflanzen anknabbern. Alle drei Jahre werden die Daten neu erhoben. Untersucht werden junge Bäume bis zu einer Größe von 1,30 Metern. Das Ergebnis von 2015: An knapp zehn Prozent der Pflänzchen sind die Triebe verbissen. Eine sehr gute Zahl - finden die Fachleute. Der schlechteste Wert in einem Gebiet liege bei 19 Prozent. "Da fangen andere Landkreise erst an", sagt Hans-Peter Donislreiter. Trotzdem hat sich der Jagdbeirat auf einen neuen Abschuss-Höchstwert geeinigt.
Feinschmecker fressen Eichen
Die guten Verbiss-Ergebnisse liegen auch darin begründet, dass der Landkreis einen recht hohen Waldanteil habe, meinen die Mitglieder des Beirats. Anderswo konzentrieren sich die Tiere auf weniger Waldflächen. Eines ist aber überall gleich: Rehe sind Feinschmecker.
Sie haben es auf genau die Bäume abgesehen, von denen Bernhard Zürner, Leiter des Forstamtes, im Wald am liebsten mehr sehen würde. Eichen und Edellaubhölzer - also Laubbäume wie Ahorne, Ulmen und Walnüsse. "Die kommen mit den Klimaprognosen am besten zurecht", sagt Bernhard Zürner. In den kommenden drei Jahren sollen knapp neun Prozent mehr Rehe in den Jagdrevieren im Landkreis getötet werden. 14 875 Rehe soll es bis 2019 erwischt haben. Laut Hans-Peter Donislreiter von der Unteren Jagdbehörde ein "absoluter Höchstwert", aber nötig, um das gute Verbiss-Niveau zu halten.
Im Dreijahresrhythmus werden neue Abschusszahlen herausgegeben. Die geben an, wie viele Rehe dran glauben müssen. Die Zahlen werden von vielen Köpfen ausgehandelt: Revierinhaber, Jagdvorsteher, Besitzer von Eigenjagdrevieren, Jagdberater, Hegegemeinschaftsleiter, Vertreter des Amtes für Ernährung Landwirtschaft und Forsten und Untere Jagdbehörde des Landratsamts.
Milde Winter, mehr Schweine
Die beiden zurückliegenden Winter waren "unglaublich mild", weshalb mit vielen Wildschweinen zu rechnen sei, meint Hans-Peter Donislreiter. In den letzten Monaten wurden so viele Wildschweine geschossen wie noch nie. Fast 1500 mehr als im Vorjahr.
Eine Entspannung spürt Georg Scheuring, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands Bad Kissingen nicht wirklich. "Die Situation scheint sich zum Besseren zu bewegen. Andererseits wird es punktuell sogar mehr." Dabei spielen nicht die Fraßschäden die Hauptrolle. Die Tiere wühlen tiefe Löcher in die Wiesen. Somit gelangt Schmutz ins Futter, die Qualität der Silage sinkt. Dass viele abgeschossen werden, zeige, dass es viele Tiere gebe.
"Dieses Thema bleibt uns erhalten", prophezeit Georg Scheuring.Jagdbeirat Die Mitglieder des Jagdbeirats bestehen aus Vertretern der Landwirtschaft, Jäger, Forstwirtschaft, Jagdgenossenschaft und des Naturschutzes. Der Vorsitzende des Jagdbeirats ist der Vertreter der Unteren Jagdbehörde. Einmal im Jahr trifft sich der Beirat, um unter anderem über die Abschusszahlen für die Jäger im Landkreis abzustimmen.
Jagdjahr Ein Jagdjahr dauert vom 1. April bis zum 31. März des Folgejahres.