Druckartikel: Der "Hirsch" ist in Stangenroth griechisch

Der "Hirsch" ist in Stangenroth griechisch


Autor: Johannes Schlereth

Stangenroth, Freitag, 13. Sept. 2019

In Zeiten des Wirtshaussterbens eine neue Gaststätte eröffnen? Was nach einem Husarenstück klingt, scheint in Stangenroth gelungen zu sein.
Manos Iosifidis hinter seinem Ausschanktresen. Foto: Johannes Schlereth


Feierabendbier in der Dorfwirtschaft, Schafkopf-Spieler am Stammtisch - Bilder die einst das Leben auf dem Land prägten. Dann kam das Wirtshaussterben, und zahlreiche Orte verloren ihre zentralen Anlaufstellen. In Stangenroth hat sich jüngst etwas geändert. Statt zu schließen, hat dort am 10. September eine neue Wirtschaft eröffnet.

Eigentümer ist Stylianos Krystallis, das Gasthaus "zum Hirschen" ist dem 60-Jährigen nicht unbekannt. "Ich habe die Gaststätte schon in den 90er Jahren geführt", sagt er rückblickend. Dabei lernte er den Rhönort lieben. 1997 zog es ihn wegen seiner Familie zurück nach Griechenland. Erst im Jahr 2009 kehrte er zurück. Der "Hirsch" war jedoch stets in seinem Kopf und in seinem Herzen. "Ich habe immer gesagt, wenn der Besitzer die Gaststätte verkauft, würde ich sie kaufen." 2016 war es dann soweit, Krystallis kaufte die Wirtschaft.

Zeitmangel verhindert Eröffnung

An eine Bewirtung war allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu denken. Denn Krystallis betreibt mit seiner Familie außerdem die Nüdlinger Gaststätte "Bei Stelios". Um den "Hirschen" herzurichten fehlte Zeit. Die Wirtschaft in Nüdlingen fordert die Familie rund um die Uhr. Die Rettung war für Krystallis die 72-Stunden Aktion des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (DBKJ).

Die Ministranten des Ortes veranstalteten ein Benefiz-Fest, dessen Erlöse in den Umbau des "Hirschen" flossen. Unter dem Motto "Uns schickt der Himmel" buken sie Waffeln, schminkten Kinder, verkauften Getränke und Bratwürste. Die Feier fand im Mai auf dem Parkplatzgelände der Wirtschaft statt. Die Idee sich für eine Wirtschaft im Ort einzusetzen ergab sich unter anderem aus der Projektbeschreibung. "Es sollte regionale Anstöße für die gesellschaftliche und soziale Entwicklung geben", erinnert sich Jutta Kleinhenz, deren Tochter die Ministranten betreut.

Seit Ostern sind Handwerker zugange

Seit dem Frühjahr arbeiteten Ehrenamtliche daran, den "Hirschen" für das Benefiz-Fest bereit zu machen. Die Sanitäranlagen, Fliesen und Wände mussten erneuert werden. Eine Zimmerei spendierte sogar eine Trockenbauwand. Krystallis stellte weitere Materialien für die Helfer und war überwältigt von der Unterstützung der Stangenröther.

Um einen reibungslosen Betrieb der Gaststätte zu gewährleisten, braucht es jedoch einen Wirt. Den fand Krystallis in seinem Schwager Manos Iosifidis und seiner Partnerin Despoina Voulgari. Gemeinsam mit ihrem Küchenteam eröffneten die beiden am 10. September den ehemaligen "Hirschen" - erstmals seit 16 Jahren. Auf der Speisekarte befinden sich vor allem griechische Gerichte. Den Gästen schien es gefallen zu haben, laut Iosifidis habe alles gepasst. Für die Helfer soll es demnächst ein Fest geben.