Der Beratungsbedarf nimmt zu
Autor: Ralf Ruppert
Bad Kissingen, Freitag, 27. Juni 2014
6,03 Millionen Euro sind im vergangenen Jahr im Landkreis Bad Kissingen in die Jugendhilfe geflossen. Bei der ersten Sitzung des Jugendhilfeausschusses stellten die einzelnen Abteilungen ihre Arbeit ausführlich vor.
Viel Papier und viele Zahlen gleich in der allerersten Sitzung: Der neue Jugendhilfeausschuss befasste sich in der ersten Sitzung seiner Amtszeit mit dem Jahres- und dem Geschäftsbericht des Jugendamtes: Auf 190 Seiten ist darin alles zusammengefasst, was Leiter Siegbert Goll und seine 42 Mitarbeiter leisten. "Die Ausgaben im Bereich der Jugendhilfe sind konstant geblieben", verwies Goll auf die Statistik im Jahresbericht (siehe Info-Kasten rechts). Den 6,03 Millionen an Ausgaben stehen
lediglich 1,37 Millionen Euro Einnahmen gegenüber, den Rest muss der Landkreis selbst schultern. In seiner Statistik ging Goll auch auf etliche Einzelfälle ein: Er berichtete, dass 2013 insgesamt 19 Kinder aus Familien heraus in die Obhut des Staates genommen wurden. 2010 und 2012 waren es 18, 2011 noch 16.
199 Kinder außerhalb der Familie
Insgesamt lebten zum Endes des vergangenen Jahres 118 Kinder in Pflegefamilien, das sind genauso viele wie ein Jahr zuvor. Insgesamt 81 Kinder sind stationär in Heimen untergebracht. "Das verteilt sich auf ganz Deutschland", verwies Golls Stellvertreter Thomas Duda darauf, dass die Unterbringung nach pädagogischen Grundsätzen erfolgt. Das reicht von 30 stationären Unterbringungen im Rahmen der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder über 50 Plätze im Bereich "Heimerziehung und sonstige betreute Wohnformen" bis zu einer intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung, die sogar im Ausland stattfinden kann.
Eltern haben viele Fragen
"Die Beratung nimmt in den letzten Jahren einen immer größeren Raum ein", berichtete Jürgen Dorsch, Gruppenleiter des Bereichs "Soziale Dienste". Das reiche von Nachfragen zu Erziehungskompetenzen über Fragen zu Scheidungen bis zum Sorgerecht. Die Beratungsgespräche in den Familien mache rund ein Drittel der Arbeit der 18 Mitarbeiter (auf 14,5 Vollzeit-Stellen) in seinem Bereich aus, sagte Dorsch. Und: "Wir schreiben jede Woche zwei, drei Einschätzungen, in denen es um das Kindeswohl geht."
Insgesamt teilen sich im Bereich der Jugendhilfe 43 Mitarbeiter 33,2 Vollzeit-Stellen. Das Jugendamt ist in vier Bereiche aufgeteilt: Die wirtschaftliche Jugendhilfe unter Leitung von Thomas Duda befasst sich unter anderem mit allen Fragen rund um Kindertagesstätten sowie den ambulanten und stationären Betreuungen. Bei 520 Kindern wurde im vergangenen Jahr eine Beihilfe zu den Kindergartenbeiträgen gezahlt.
1,3 Millionen Euro Unterhalt
Konkrete Zahlen aus einem anderen Bereich nannte Andreas Krause: 713 Beistandschaften, 13 Vormundschaften, 76 Pflegschaften und 259 Unterhaltsberatungen betreuten er und seine beiden Kollegen. Als Beistand vertreten die Mitarbeiter das Landratsamtes Kinder vor Gericht, um zum Beispiel Unterhaltszahlungen einzufordern. Die laufen dann auch über das Jugendamt: Rund 1,3 Millionen Euro leitete das Jugendamt Bad Kissingen im vergangenen Jahr an die Kinder weiter. "Das ist eine hochsensible Aufgabe", berichtete Krause auch von der Feststellung der Vaterschaft. Die Mutter müsse dabei Angaben aus ihrem Intimleben machen, mögliche Väter müssen zum Teil zu Vaterschaftstests gezwungen werden.
Neben den Sozialen Diensten gehört noch die Kommunale Jugendarbeit zum Jugendamt. Die elf Mitarbeiter haben ihren Sitz in Hausen, Melanie Schäfer berichtete über die vielfältigen Aufgaben dort: Unter einem Dach sind die Sportförderung, die Geschäftsstelle des Kreisjugendringes, die Jugendhilfeplanung, die Verwaltung der vier landkreiseigenen Zeltplätze und der Jugendschutz untergebracht. Die elf Mitarbeiter dort teilen sich 6,7 Stellen.
Aufgabe Der Jugendhilfeausschuss ergänzt die Arbeit des Jugendamtes und entscheidet in allen grundsätzlichen Angelegenheiten der Kinder- und Jugendhilfe mit. Im Landkreis Bad Kissingen besteht der Ausschuss aus 15 stimmberechtigten und zehn beratenden Mitgliedern. Von den stimmberechtigten Sitzen entfallen neben Landrat Thomas Bold (CSU) acht auf den Kreistag und sechs auf anerkannte Freie Träger der Jugendhilfe und der Jugendverbände. Zu den beratenden Mitgliedern gehören neben Jugendamtsleiter Siegbert Goll Vertreter von Behörden, des Amtsgerichtes, der Schulen, der Polizei und der Kirchen.
Unterausschuss Der Jugendhilfeausschuss hat in seiner ersten Sitzung der neuen Amtsperiode einen Unterausschuss gebildet, der Themen vorberät. Im Unterausschuss sitzen als stimmberechtigte Mitglieder Landrat Thomas Bold, Brigitte Ascherl und Rita Jörg von der CSU, Britta Bildhauer (SPD), Christian Fenn (Grüne), Sabine Oschmann-Hockgeiger (FW-CBB), Joachim Kaiser vom Kreisjugendring und Karl-Heinz Friedel vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Beratende Mitglieder sind Gotthard Schlereth vom Bayerischen Gemeindetag, Manfred Zehe vom Institut Modus und der KJR-Vorsitzende Günter Schmidt.
Haushalt Die Einnahmen im Bereich Jugendhilfe betrugen 2013 rund 1,37 Millionen Euro, das sind 2,5 Prozent mehr als 2012. Die Ausgaben sanken um 0,01 Prozent auf 6,03 Millionen Euro, macht unterm Strich 4,60 Millionen Euro, darunter 1,62 Millionen Euro an Bruttopersonalkosten ohne staatliche Zuschüsse. Einige Einzelposten: Kinder in Tageseinrichtungen wurden mit 499 000 Euro gefördert, die Träger der freien Jugendarbeit mit 424 000 Euro. Eine Vollzeitpflege in Pflegefamilien kostet den Landkreis zwischen 700 und 920 Euro pro Kind und Monat, der Gesamtetat 2013 umfasste 815 000 Euro. Die Unterbringung im Heim schlägt mit 3500 bis 4500 Euro im Monat je Kind zu Buche, insgesamt 1,9 Millionen Euro, die Eingliederungshilfe für seelische behinderte Kinder und Jugendliche 4500 bis 6500 Euro pro Stelle und Monat, insgesamt 1,2 Millionen Euro.
Kindertageseinrichtungen Im Landkreis gibt es aktuell 72 Kindergärten und vier Horte, davon 15 Kindergärten und ein Hort in kommunaler Trägerschaft. Genehmigt sind 4355 Plätze, von denen aber nur 3651 belegt sind. Rund 1300 Kinder, also rund 35 Prozent, waren unter drei Jahre alt. Das Jugendamt vermittelte 2013 insgesamt 7,25 Millionen Euro an staatlichen Betriebskostenzuschüssen.