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Den Sternsingern gehen die Könige aus


Autor: Robert Wagner

LKR Bad Kissingen, Donnerstag, 05. Januar 2017

Sie bringen Segen und sammeln Geld - doch immer häufiger fehlen Kinder, die sich als Heilige Drei Könige auf den Weg machen.
Foto: Frank Rumpenhorst/dpa


"Helden der Nächstenliebe", nennt der Nüdlinger Pfarrer Dominik Kešina seine Sternsinger. Doch mit den kleinen Helden verhält es sich eben wie mit den großen Helden draußen in der Welt: Sie werden immer seltener.
In Nüdlingen kamen zur zweiten Probe am Dienstag immerhin noch 29 Kinder - wahrlich nicht schlecht für eine Gemeinde mit rund 4000 Einwohnern. Dementsprechend zufrieden zeigte sich der langjährige Organisator der Sternsinger im Ort, Andreas Götz: "Im Vergleich zu anderen Gemeinden können wir uns nicht beschweren." Trotzdem: "Uns fehlen noch mindestens zwölf Kinder. Um alle Straßen abzudecken, bräuchten wir 14 Gruppen. Im Moment haben wir zehn."

Wer weiß, dass zu den Sternsingern neben den drei Königen Caspar, Melchior und Balthasar normalerweise auch ein Sternträger gehört, merkt schnell, dass in der Rechnung etwas nicht stimmt. "Dieses Jahr gibt es keine Sternträger", erklärt Götz. "Hauptsache wir finden zumindest genug Könige." Notfalls müssten die Majestäten ihren Stern eben selbst tragen.

Solche Probleme gibt es in vielen Pfarreien und Gemeinden. Laut Pastoralassistent Christoph Hippe beispielsweise im Burkadrother Ortsteil Premich. Auch in einigen Teilen von Bad Bocklet - so in Steinach und Roth - habe es Schwierigkeiten bei der Sternsingersuche gegeben, weiß Pfarrer Michael Kubatko zu berichten.


Nur auf Anmeldung

In Bad Kissingen, nur wenige Kilometer von Nüdlingen entfernt, wäre man froh über eine Beteiligung wie in der deutlich kleineren Nachbargemeinde. "Wir haben insgesamt fünf Gruppen, eine davon ist eine reine Erwachsenengruppe", erzählt der ehemalige Pfarrgemeinderat Wolfgang Russ, der sich zum zweiten Mal um die Sternsinger kümmert. Im Gegensatz zu Nüdlingen gehen die Sternsinger deshalb in der Kernstadt nur auf Anmeldung zu den Häusern - alle Haushalte abzudecken ist undenkbar.

"Solche Anmeldesysteme entstehen immer häufiger", bestätigt Sebastian Volk vom Bistum Würzburg. Die Entwicklung finde zuerst in den Städten statt, breite sich aber auch immer mehr in den kleineren Landgemeinden aus. "In der Regel laufen diese Systeme auch gut an, wenn auch oft mit Diskussionen im ersten Jahr." Das Bedauern sei zwar groß, "aber trotzdem haben die meisten Menschen Verständnis", so Volk. Denn die Ursache für die schwindende Zahl der Sternsinger sei vor allem in der demographischen Entwicklung zu suchen - und an der kann man nur schwer etwas ändern.

Es gibt aber durchaus auch Gegenbeispiele. So konnte Ingrid Hahn in Münnerstadt sogar eine Gruppe mehr organisieren, als im vergangenen Jahr. In sechs Gruppen sind insgesamt 26 Kinder unterwegs. "Und das nur in der Kernstadt - die Stadtteile organisieren ihre Sternsingeraktionen selber", erklärt Hahn.
Und auch in Bad Brückenau ist die Entwicklung positiv. Dort organisieren Jürgen Müller und seine Frau Elli bereits seit mehreren Jahren die Sternsinger. "Wir haben eigentlich keine Probleme damit, Kinder zum Mitmachen zu bewegen", sagt Jürgen Müller.


Lösung Ökumene?

Allerdings stecken die beiden Ehrenamtlichen auch viel Arbeit in die Vorbereitung. "Wir gehen schon im November in die Schulen, hängen Plakate auf und lassen die Kinder im Religionsunterricht ansprechen", so Müller. Außerdem motiviere auch der evangelische Pfarrer Gerd Kirchner seine Schützlinge zum Mitmachen - als soziales Projekt zur Konfirmation.

"Dass die Sternsingeraktion in ökumenischer Partnerschaft durchgeführt wird, ist auch in anderen Regionen unseres Bistums verbreitet", bestätigt Sebastian Volk. "Sicherlich ist das eine Möglichkeit, auf die geringer werdenden Zahlen katholischer Kinder zu reagieren." Doch habe die Sache einen Haken: Da der Träger der Sternsingeraktion das Kindermissionswerk ist, können die Spendengelder nur über die katholische Organisation verteilt werden. "Das hängt mit dem Markenschutz der Aktion, dem Spendensiegel und steuerlichen Hintergründen rund um die Aktion zusammen", erklärt Volk. Es gebe aber trotzdem Möglichkeiten, der Zusammenarbeit - schließlich stehe im Zentrum, dass Kinder Kindern helfen.
Vom Aussterben bedroht ist die Tradition also (noch) nicht. "Mir ist keine Pfarrei bekannt, in der die Sternsingeraktion wegen zu weniger Teilnehmer nicht stattfindet", sagt der Referent. Auf knapp 10 000 schätzt er die Zahl der Sternsinger im Bistum.

Manche von ihnen sind nicht das erste Mal dabei. Beispielsweise Luka Hein, der in Nüdlingen diesmal als Melchior unterwegs ist. "Ich bin schon letztes Jahr mitgelaufen, weil wir zu wenige Kinder waren", erzählt der Drittklässler. Ihm mache das Spaß, auch wenn man "von früh bis abends laufen muss."

Schließlich helfe man damit ja auch armen Kindern in aller Welt, weiß der Nüdlinger. "Und manchmal bekommen wir auch ein paar Süßigkeiten für uns", freut sich Luka. Das ist auch völlig in Ordnung - schließlich haben die kleinen Helden auch eine kleine Belohnung verdient.