Den Hunden aus Bad Bocklet geht es besser
Autor: Heike Beudert
Bad Kissingen, Freitag, 08. August 2014
Die verwahrlosten Tiere aus Bad Bocklet sind über dem Berg, brauchen aber im Tierheim Wannigsmühle noch immer ärztliche Betreuung. Der Halter war den Behörden bekannt und wurde immer wieder kontrolliert.
13 Kilogramm hat Schäferhündin Sofie in den vergangenen vier Wochen zugenommen. Tierpflegerin Eileen Kirschgen streichelt dem Tier übers Fell. Als Sofie Anfang Juli ins Tierheim kam, war da nur noch nackte Haut. Fast alle Tiere, die im Juli vom Veterinäramt, Tierheim und der Polizei völlig verwahrlost aus einem Haus im Markt Bad Bocklet geholt wurden, haben überlebt. Die meisten Kleintiere sind bereits wieder vermittelt. Die sechs Hunde, darunter die Schäferhündin Sofie, befinden sich auf dem Weg der Besserung. Nur ein Chinchilla hat nicht überlebt.
"Die Tiere sind über dem Berg", sagt Tierheimleiterin Ursula Boehm. Allerdings benötigen einige von ihnen immer noch tierärztliche Betreuung. Als die Hunde Anfang Juli fast verhungert, bis auf die Knochen abgemagert, krank und mit Parasiten übersät ins Tierheim kamen, waren ihre Prognosen gar nicht gut. Mit Handfütterung wurden die Hunde in den ersten Tagen aufgepäppelt. Nur winzige Häppchen konnten die Tiere fressen.
Doch jetzt geht es jeden Tag aufwärts. Mittlerweile können die Hunde erste Ausflüge ins Grüne unternehmen. Luitgard und Josef Wehner waren mit ihren Enkelkindern Nick und Annelyn im Tierheim und konnten mit Tami und Lara, zwei Hunden des Bad Bockleter Tierdramas, Gassi gehen. "Lara ist noch etwas müde", hat Josef Wehner beim Spazierengehen festgestellt. Aber ansonsten, findet er, machen die beiden Tiere einen lieben und vitalen Eindruck. Pflegerin Eileen Kirschgen freut sich mit zu erleben, wie bei den Hunden von Tag zu Tag die Lebensfreude zurückkommt.
Probleme waren bekannt
Nachbarn des Tierhalters legen unserer Zeitung gegenüber Wert darauf, dass sie schon vor langer Zeit in der Gemeinde auf die Situation aufmerksam gemacht hätten. Manchmal sei auch jemand vom Amt da gewesen, haben sie beobachtet. Die Tierärztin Sabine Sell aus Nüdlingen war vor längerer Zeit vom Halter selbst gerufen worden und war damals erschrocken über die Zustände. "Ich musste das melden", betont sie.
Das staatliche Veterinäramt hatte den Hundehalter bereits seit drei bis vier Jahren im Auge, erklärt Dr. Bernhard Bundscherer, Veterinärdirektor am Landratsamt Bad Kissingen. Vom Veterinäramt hatte der Mann Mängelbescheide und Auflagen bekommen. Die seien in der Vergangenheit immer wieder behoben worden.
Als die Tiere im Juli in einem so jämmerlichen Zustand gefunden worden seien, hätte kein aktueller Hinweis vorgelegen, dass der Zustand so schlimm geworden sei, betont Bernhard Bundscherer. Der Amtstierarzt wollte da routinemäßig nach dem Rechten sehen und wusste nicht, was ihn erwartet. Dann aber hätte man unmittelbar reagiert und die Tiere sofort aus dem Haus genommen. Die Polizei war bei diesem Einsatz gleich mit vor Ort, weil der Halter im Vorfeld immer gedroht hatte, bei unangekündigten Kontrollen niemanden mehr ins Haus zu lassen.
Extrem und selten
Bernhard Bundscherer betont, wie schwierig es für sein Amt sei, solche Fälle zu überprüfen und zu handeln. Sein Amt dürfe nicht einfach einem Halter die Tiere wegnehmen. Ein Fall wie in Bad Bocklet sei "extrem und selten". Das bestätigt auch die Tierheimleiterin.
Mancher Hinweis auf Tierquälerei erweist sich auch als unberechtigt. Diese Erfahrung haben sowohl der Veterinär, als auch die Tierheimleiterin gemacht. Besonders beliebt seien Beschuldigungen nach Beziehungen, die in die Brüche gegangen sind, hat der Veterinär die Erfahrung gemacht. Dieses Thema kennt Ursula Boehm auch vom Kreistierschutzverein. Und es ärgert sie besonders, weil damit Personal gebunden werde, das für andere Dinge viel wichtiger gebraucht werde.
Verdacht dokumentieren
Bernhard Bundscherer betont jedoch ausdrücklich, dass seine Behörde jedem Hinweis nachgeht. Im Veterinäramt gibt es sogar einen speziellen Vordruck für "Verbraucherbeschwerden Tierschutz". Wer einen Verdacht hat, könne sich zudem an die Gemeinde oder die Polizei wenden. Auch das Tierheim nimmt Hinweise jederzeit entgegen und leitet sie weiter, betont Ursula Boehm. Nur anonym sollten sie nicht sein, betont die Tierheimleiterin. Sinnvoll sei eine genaue Dokumentation, sagt Boehm. Fotos sind sehr hilfreich, weiß Bernhard Bundscherer.
Gegen den Halter aus dem Markt Bad Bocklet wurde auch Strafanzeige gestellt. Das Veterinäramt hat "berechtigte Hoffnung", so der Veterinärmediziner, dass der Halter ein dauerhaftes Tierhalteverbot erhält.