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Demenz : Der Kafka-Effekt


Autor: Ulrike Müller

Römershag, Freitag, 20. Sept. 2013

Demenz ist die Reise in eine andere Welt, bei der die Angehörigen zurückbleiben. Das ist schwer zu ertragen. Gut, dass es Betreuungseinrichtungen gibt, die diese Last tragen helfen.
Bei Demenzerkrankten verschwimmt das Wissen um die eigene Biografie. Foto: Ulrike Müller


Es ist eine bedrückende Vorstellung: Türen, die sich vor einem schließen. Geschichte, die eigene Geschichte, die einem entgleitet. Es erinnert an die Werke von Franz Kafka, der den Menschen als entmündigt beschreibt. Als Wesen, die sich einer Realität, die sie nicht mehr verstehen, hilflos ausgeliefert fühlen. Fühlt sich so Demenz an?

Eine Stunde im Wohnbereich "Dreistelz" im Pflegeheim Schloss Römershag bei Bad Brückenau reicht nicht, um

das Krankheitsbild zu erfassen. Aber es reicht, um Vorbehalte abzulegen. Hier werden keine Menschen weggesperrt. Und auch nicht abgefertigt. Ganz im Gegenteil. Schade, dass nicht überall solche Orte zu finden sind. Auch im Schloss Römershag sind alle Plätze belegt.

Respekt für alle diejenigen, die hier jeden Tag die Betreuung leisten. Sie schauen zu, wie sich die Biografie Stück für Stück verabschiedet. Wie persönliche Lebensgeschichte zum Fenster hinausfliegt und nie wieder zurückkommt. Aber etwas bleibt da: In den Bildern an der Wand, in den Ritualen des Alltags. Und in der Würdigung der Individualität der Bewohner, selbst wenn sie sich dieser selbst gar nicht mehr bewusst sind.