Druckartikel: Dauer-Abo aufs Brückenauer Bürgermeisteramt

Dauer-Abo aufs Brückenauer Bürgermeisteramt


Autor: Beatrix Lieb

Bad Brückenau, Sonntag, 14. April 2013

Die PWG gründete sich 1948 als eine der ersten Wählergruppen nach dem Weltkrieg. Von 1952 bis 2010 stellte sie die Bürgermeister der Stadt Bad brückenau. Hans-Dietrich Unger blickte zum Jubiläum auf die Geschichte zurück.
Der Neustart für die Demokratie war nach missglückter Weimarer Republik und Nazi-Herrschaft schwer. In Bad Brückenau gab es 1946 die erste Kommunalwahl nach dem Zweiten Weltkrieg, bei der ein amerikanischer Soldat dieses Bild vor dem Postamt machte. Bei der Kommunalwahl im April 1948 trat dann die Parteilose Wählergruppe Bad Brückenau zum ersten Mal an, von 1952 bis 2010 stellte sie den Bürgermeister. Foto: Archiv


Die Parteilose Wählergruppe Bad Brückenau hat am Freitagabend in einer kurzweiligen Jubiläumsfeier auf ihr 65-jähriges Bestehen zurückgeblickt. Neben zahlreichen Gratulationen (siehe Info-Kasten) stand der Bericht von Hans-Dietrich Unger, selbst über viele Jahre Motor und Ideengeber in der PWG, im Mittelpunkt. Netter, pointierter und unterhaltsamer hätte die Laudatio nicht sein können.

So mancher Zuhörer erinnerte sich an Daten aus der Stadtgeschichte und wunderte sich, "wie schnell doch die Zeit vergeht".
Unger erinnerte an Anfänge und Erfolge der PWG. "Die Parteilosigkeit hat in der Kommunalpolitik einen ganz besonderen Stellenwert, weil die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt und dieses Landkreises die Politik machen", sagte der pensionierte Leiter des Münnerstädter Schönborn-Gymnasiums - und hoffte, dass sich auch für das Wahljahr 2014 junge Leute tatkräftig engagieren.

Egid Trost war bis 1952 gesperrt

"1948, ein wichtiges Jahr: am 21. Juni gibt es die DM, die Berlinblockade wird von der US-Luftflotte gebrochen, Kinsey veröffentlicht seinen Report über das sexuelle Verhalten des Mannes und der Stadtrat beschließt die Organisation eines Kartoffelkäfersuchdienstes", berichtete Unger. Und die PWG trat zur Stadtratswahl am 25. April zum ersten Mal in Erscheinung. Hans-Dietrich Unger erzählte vom 5. April 1945, als amerikanische Truppen die Stadt befreiten, Bürgermeister Egid Trost absetzten und internierten.
Seine Nachfolger waren Otto Kenner und Friedrich Weischenberg. 1948 wurde Georg Metz Stadtoberhaupt, in seiner Amtszeit wurden die Wohnungsbaugenossenschaft gegründet und in Brückenau das erste Abitur geschrieben. Außerdem führt der Stadtrat die Hausnummerierung nach Straßen ein und diskutiert erneut über die seit 1934 angedachte Umgehungsstraße.

Herbert Meyerdierks als Macher

1952 durfte PWG-Mann Egid Trost wieder antreten und wurde prompt Bürgermeister. PWG-Mitbegründer Konrad Zirkel wurde sein Stellvertreter: eine PWG-Doppelspitze. Die Kleiderfabrik Ferkinghoff zog von Würzburg nach Brückenau und das Freischwimmbad wurde wiedereröffnet. 1954 trat Dr. Herbert Meyerdierks, der Schwiegervater der heutigen CSU-Bürgermeisterin ins Rampenlicht, er prägte über drei Jahrzehnte die PWG und galt als "Bürgermeistermacher": Bis zum Jahr 2010 stellte die PWG immer den Bürgermeister, erst seine Schwiegertochter brach die Tradition als CSU-Frau.
1955 wurde die Realschule in der Leimbachstraße eröffnet und der Stadtrat beschloss den Bau einer neuen Volksschule bei der Edelruh. 1958 wurde Trost wiedergewählt, Dr. Erich von Weckbecker baute das Prinz-Rupprecht-Haus zu einem biologischen Sanatorium um. 1960 nahm das Metallwerk den Betrieb auf und der Stadtrat meinte, dass nach dem Bau der Autobahn keine Umgehungsstraße mehr gebraucht werde. 1968 wird der Autobahn-Abschnitt Würzburg-Fulda eröffnet, 1970 das Hallenbad.
Am 1. Mai tritt erneut ein PWG-Bürgermeister sein Amt an: Georg Robert Ratsch. Durch die Auflösung des Altlandkreises Bad Brückenau am 1. Juli 1970 wird in der Stadt viel "ehemalig": Das Landratsamt, das Gesundheitsamt, das Amtsgericht, das Arbeitsamt. 1976 wurde Ludwig Müller Bürgermeister, "selbstverständlich" ein "PWG-ler", schmunzelt Unger heute. 1981 wurde die Städtepartnerschaft mit Ancenis besiegelt, 1982 das Schul- und Sportzentrum Römershag bezogen.

Sechs von 20 Stadträten

1984 fand in der PWG ein Generationswechsel statt und mit den Stadträten Theo Dernbach, Hermann Knüttel, Jürgen Pfister, Hans Rohrmüller, Ingo Walcher und Dieter Unger kommt frischer Wind in die Gruppierung. 1986 ging Ludwig Müller krankheitsbedingt in den Ruhestand, am 26. Oktober setzt sich "natürlich" (O-Ton Unger) PWG-Kandidat Hans Rohrmüller durch. 1989 wird ein Modell der Entlastungsstraße vorgestellt - 30 Jahre nach Einstellung des Vorkriegsprojektes. 1996 eröffnet die Stadt Entlastungsstraße und Fußgängerzone. Mit dem Sieg von Thomas Ullmann 1998 wurde der vorerst letzte PWG-ler Bürgermeister.
Im Anschluss an den offiziellen Teil gab es viele mehr oder weniger politische Gespräche - von Politikverdrossenheit war an diesem Abend nichts zu spüren.

Stimmen zur PWG
Bürgermeisterin
"Wir machen gemeinsame Arbeit für die Stadt Bad Brückenau, die Herausforderungen der Zukunft meistern wir gemeinsam", lobte CSU-Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks die Zusammenarbeit mit der PWG.

Landrat

"Das wichtigste einer politischen Gruppierung ist der Beitrag zu einer wehrhaften Demokratie", sie und der ehrenamtliche Einsatz seien nötig, um Heimat zu gestalten und die Gesellschaft stabil zu halten, sagte Landrat Thomas Bold (CSU).

Stadrat

Die PWG-Stadträte Jürgen Pfister und Professor Emanuel Fritschka dankten langjährigen Weggefährten. Fritschka ist aktueller Vorsitzender und betonte, dass 65 Jahre PWG auch unabhängige Politik für die Interessen des Altlandkreises bedeuteten: "Die PWG unterstützt alle kulturellen und Vereinsaktivitäten", ihr Anliegen sei es, den Bekanntheitsgrad von Bad Brückenau zu stärken.

Landtag

Der Landtagsabgeordnete der Freien Wähler, Günther Felbinger, hob hervor, dass "wir die Politik transparent machen müssen". Das gelte für Land, Bund und Europa. "Die Menschen wollen Antworten auf ihre Fragen, sie fühlen sich bestätigt, wenn die Politik ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellt." Und: "Die Bevölkerung braucht Heimat, deshalb muss das auf kommunaler Ebene unser Ziel sein."

Partner

Grüße überbrachten der Direktkandidat der Freien Wähler für die Landtagswahl, Reimar Glückler, im Namen der Freien Wähler/ CBB Hammelburg und Eugen Albert für die Freien Wähler Münnerstadt. blb