Das lange Warten auf die neue B 286
Autor: Paul Ziegler
Bad Kissingen, Freitag, 17. Juli 2015
Seit 30 Jahren wird an einer Neutrassierung der Bundesstraße B 286 zwischen Oerlenbach und Bad Kissingen geplant. Getan hat sich noch nichts, trotz Autobahnbau, Deutscher Einheit und Protesten. Dies ist die Bilanz eines Malheurs.
Der Bundesverkehrswegeplan ist das "Gotteslob" der Straßenbauer in Deutschland. In diesem Gebetbuch steht, was an Wegen für Schiene, Wasser und Straße im Land gebaut wird. Der "normale" Bedarf ist hier eingetragen und der vordringliche Bedarf. Was im vordringlichen Bedarf steht, wird gebaut, innerhalb der nächsten 15 Jahre. Das ist schon ein langer Zeitraum für "vordringlich", aber immerhin.
Eine Straße im Landkreis steht auch im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) als vordringlicher Bedarf, eine Straße, auf die die Menschen vor allem in Eltingshausen, Reiterswiesen und Arnshausen sehnlichst warten: Die neu trassierte Bundesstraße B 286n von der Autobahn A 71 nach Bad Kissingen.
Den Bedarf schon früh erkannt
In den 80er Jahren, weit bevor man von einer deutschen Wiedervereinigung überhaupt geträumt hat, hat man erkannt, dass die Bundesstraße B 286 von Oerlenbach nach Bad Kissingen in ihrer verbindenden Funktion zu klein für das damals vorhandene Verkehrsaufkommen ist. Ergebnis: Man hat von Oerlenbach aus in Richtung Bad Kissingen eine neue Straße geplant, die B 286n. Das "n" steht eben für neu. Die Straße wurde geplant und kam in den "vordringlichen Bedarf" des Bundesverkehrswegeplanes.
Mauerfall und neue Straßen
Dann kam, was keiner ahnen konnte: 1989, der Fall der Mauer und der Grenzbäume. Neue Straßen mussten her. Die A 71 wurde geplant. Und hier wurde in der Raumordnung erkannt und festgestellt, dass eine leistungsstarke Straßenverbindung von der Autobahn A 71 nach Bad Kissingen unbedingt nötig ist.
Auf die B 286n fiel noch größere Bedeutung als vorher zu, weil mit der neuen Autobahn neue und größere Verkehrsströme erwartet wurden. Es kam das Verkehrsgesetz Deutsche Einheit, die A 71 war drin, aber nicht die B 286n. Warum? Man argumentierte seinerzeit damit, dass deren Bau nicht zum Gesetz erhoben werden müsse, weil sie sowieso im "vordringlichen Bedarf" des Bundesverkehrswegeplanes stehe. Man hielt es damals für nicht nötig, die Straße auf Gesetzesebene zu heben. Ein Fehler, wie sich zeigen sollte.
Ausbaustandard erhöht
Es ist kein nennenswerter Widerspruch zu diesem Vorgehen da gewesen, jedenfalls kein heute noch erkennbarer. Aber damit begann das Malheur. Die B 286n wurde im Zusammenhang mit der neuen A71 als dringlich erkannt. Gut. Die Folge: Der vormals geplante Ausbaustandard schien den Fachleuten angesichts der erwarteten Zunahme des Straßenverkehrs nach der deutschen Einheit als zu gering. Alle hatten noch die langen Trabischlangen auf den Bundesstraßen im Kopf. Die Konsequenz: Die Planer wurden beauftragt, die B 286n größer zu planen, zwei- und dreispurig eben.
Die Prognose war zu hoch
Das taten sie. Die neue Planung lag schließlich auf dem Tisch. Üppig geplant. Großer Standard. Doch inzwischen waren einige Jahre ins Land gezogenen und die Prognosen über das Verkehrsaufkommen auf der A71 mussten nach unten korrigiert werden. Die Folge: Als die große Lösung für die B 286n durch die Gremien durch war, kam der Prüfbericht des Bundesrechnungshofes und da stand drin: "So nicht, das ist viel zu groß". Und damit gingen die Planer der B 286n ein weiteres Mal auf Anfang. Und da stehen sie noch heute. Irgendwie.
Eine schier endlose Geschichte
Holger Bothe, der Chef des Staatlichen Bauamtes Schweinfurt und Bereichsleiter für den Straßenbau, kennt die Planungsgeschichte der B 286n bereits aus den 80er Jahren. "Damals war ich noch Baurat", erzählte er, und schon damals habe man erkannt, dass man die Ortsdurchfahrten Arnshausen, Eltingshausen und Reiterswiesen entlasten muss. Aus den damaligen ersten Überlegungen für Neuplanung der Straße sei die Linie entstanden, die bis heute favorisiert wird. In der Folgezeit habe es verschiedene Entwicklungsphasen gegeben, insbesondere mit dem Bau der A 71.
Statt "groß" "bedarfsgerecht"
Es gab dann einen Vorentwurf. Wichtigste Feststellung dabei: Zweispurig reicht nicht aus, um die Prognose der Verkehrszuwächse auf dieser Straße unterzubringen. Ab dem Jahr 2000 und in den folgenden, so Bothe, sei mit einem dreispurigen, höhenfreien Ausbau geplant worden, und diesen Plan habe man auch die Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes eingebracht (2003). Dann kam der Bundesrechnungshof, erinnert sich Bothe, verwarf den "großen Ausbau" und forderte stattdessen einen "bedarfsgerechten".
Eine falsche Einschätzung
In der Folge begannen die Straßenplaner neu zu planen. Alles auf Anfang. "Fünf bis sechs Jahre wurden die neuen Verkehrsströme untersucht", erzählt Bothe. Das Ergebnis: Die mit dem Bau der A 71 prognostizierten Verkehrszuwächse kamen nicht. "Das war eine falsche Einschätzung", sagt der Chef des ehemalilgen Straßenbauamtes heute. Die Folge für die B 286n: Es ging erneut in die Planung. Wieder runter auf zweispurig, ein normaler Ausbau, die alten Pläne wurden wieder aus der Schublade geholt und mit dem Bundesverkehrsministerium abgestimmt. Da man aber mit diesen Plänen nie in die Phase der Planfeststellung kam, konnten sie nicht bewertet werden. Weil kein Baurecht vorliegt.
"Jetzt können wir nicht weiterplanen", beschreibt Bothe den heutigen Stand der Planung für die B 286n, "weil wir nicht wissen, ob sie in den vordringlicher Bedarf den neuen Bundesverkehrswegeplanes kommt." Dumm gelaufen. Jetzt muss man ein Vierteljahr abwarten, bis der neue BVWP vorliegt. Ist die B 286n dann im vordringlichen Bedarf, "dann können wir weiterplanen", sagt der Chef des Staatlichen Bauamtes.
"Wir fangen nicht bei Null an"
Das einzig gute zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist: "Wir fangen nicht bei Null an", sagt der Chef der Schweinfurter Straßenplaner, "wir haben schon Grundlagen, so dass wir uns da leichter tun". Geholfen hat dabei auch der Landkreis. Indirekt. Der hat sich dazu entschlossen, eine Umgehungsstraße für Eltingshausen zu bauen. Die Kreisstraße KG 43n führt von der Rottershäuser Kreuzung (alte B19) nach Eltingshausen und weiter nach Reiterswiesen und Bad Kissingen. Über diese Straße läuft ein Gutteil des Verkehrs von der A 71 in die Kreisstadt.
Die Absprache für die KG 43n
Der Druck vor allem der Bürger aus Eltingshausen hat vor einigen Jahren dazu geführt, dass der Landkreis Bad Kissingen diese Planung für die Kreisstraße KG 43 als Ortsumgehung von Eltingshausen aufgenommen hat - in Abstimmung mit dem Bauamt Schweinfurt und dem Verkehrsministerium in Berlin. Die Überlegung: Der Landkreis baut die Umgehungsstraße Eltingshausen als Zwischenlösung. Der Bund übernimmt später diesen Teil (samt der Kosten) als Teil der neuen B 286n. Der Gewinn: Eltingshausen wird schon früher entlastet, ein Teilstück ist gebaut, die Bereitschaft, den "Lückenschluss" zu realisieren, dürfte sehr groß sein.
Alles klar - im Prinzip
Landrat Thomas Bold (CSU) hält diese Lösung für eine gute. Die Förderung sei gut, der erste Schritt für die B 286n getan, den zweiten Schritt müsste dann der Bund tun und die Straße weiter nach Bad Kissingen bauen, sagte Bold. Die Planung der KG 43n sei mit dem Verkehrsministerium abgestimmt, so dass die Straße mit dem entsprechenden Standard dann zu einer Bundesstraße hochgestuft werden kann.
Alles klar? Ja, im Prinzip schon. Aber jetzt muss man erst mal schauen, was aus der Bewertung für den neuen Bundesverkehrswegeplan wird. Im Prinzip sollte nichts schiefgehen, aber im Prinzip müsste die Straße seit 20 Jahren gebaut sein.
Hintergrund: Der Bundesverkehrswegeplan (BVWP)
Neu Der Bundesverkehrswegeplan /BVWP) soll im Jahr 2015 in einer neuen Fassung vorgelegt werden. Ziel ist es, ein realistisches und finanzierbares Gesamtkonzept für die Infrastruktur aufzustellen.
Auswahl Es geht im Wesentlichen um die Auswahl der Projekte und die Festlegung der Reihenfolge ihrer Realisierung. Ein Schwerpunkt: Die Qualität und Substanz der Bestandsnetze durch Erhaltung sichern. Bei Neu- und Ausbau stehen gesamtwirtschaftlich positive Investitionen im Vordergrund, die zur Beseitigung von Engpässen oder besseren Hinterlanderschließung beitragen.
Vorgehen Nach Abschluss der Konzept- und Prognosephase folgt die Bewertungsphase mit den Projektanmeldungen und den Bewertungsrechnungen (inklusive Nutzen-Kosten-Analysen und Umweltbewertungen). Die Aufstellung des BVWP wird durch einen externen Fachkoordinator begleitet. Ein Entwurf liegt bis September 2015 vor. Dann geht es in die ...
... Beteiligung Behörden und Öffentlichkeit haben dann sechs Wochen lang (etwas bis Mitte Oktober) die Möglichkeit, sich zu den Gesamtplanauswirkungen des BVWP zu äußern.
Beschlüsse Nach der öffentlichen Beteiligung und Bewertung wird der neue Bundesverkehrswegeplan an das Bundeskabinett in einem Entwurf geleitet (November/Dezember). Das Kabinett wird darüber beschließen und den Plan an das Parlament weiterleiten (Gesetzesvorlage Frühjahr 2016). Dann folgt die parlamentarische Beratung mit einer möglichen Entscheidung (Frühsommer/Sommer 2016).