Das große Potenzial ist erkannt
Autor: Paul Ziegler
Bad Kissingen, Freitag, 18. Juli 2014
Heuer zum 15. Mal stellen die Sopranistin Iva Simon und ihr Mann Dieter im Herbst ein besonderes Konzert auf die Beine: Der "Kissinger Operettenzauber" ist in der Stadt ein besonderes kulturelles Angebot.
Bad Kissingen — Im 19. und 20. Jahrhundert haben Frankreich, Österreich und Deutschland eine gemeinsame Kultur der "leichten Muse" vorzuweisen. Die Operette. Die Bedeutung der wichtigsten Operetten-Zentren wechselte in den Jahren zwischen Paris und Wien, Wien und Berlin.
Als Geburtsstunde der Operette gilt der 5. Juli 1855. An diesem Tag eröffnete der 34-jährige Komponist, Dirigent und Cellovirtuose Jacques Offenbach sein Theater "Bouffes-Parisiens" direkt vor den
Toren der ersten Pariser Weltausstellung. Leichte musikalische Kost stand auf seinem Programm. Paris war der Mittelpunkt der Operette.
Frau Luna, drei alte Schachteln
Später wurde Wien zum Zentrum der "leichten Muse", aber bereits am Ende des 19. Jahrhunderts bekam die Donau-Metropole eine starke Konkurrenz mit der Berliner Operette. Mit "Frau Luna" (1899) von Paul Lincke war die erste bedeutende Berliner Operette verfasst. Mit Werken wie "Drei alte Schachteln" (1917) von Walter Kollo, "Der Vetter aus Dingsda" (1920) von Eduard Künneke, "Im weißen Rößl" (1930) von Ralph Benatzky und vielen anderen wurde Berlin zu einer Operetten-Stadt von Weltrang.
Thema beim Operettenzauber
Dieser Zeit und dieser Entwicklung widmet sich der 15. Bad Kissinger Operettenzauber in diesem Jahr. Die künstlerische Leiterin und Sopranistin Iva Simon hat neben den bereits genannten Komponisten noch andere entdeckt - zum Beispiel Fred Raymond und Franz Lehár, denen Berlin nach dem Ersten Weltkrieg zur künstlerischen Heimat wurde. Berlin war Weltstadt, weltoffen, hat das aufgesogen und umgesetzt, was aus aller Welt in die Stadt hineingetragen wurde. Die Operette als Musikgenre hat davon profitiert, erzählt Iva Simon von ihren Recherchen. Der Jazz beeinflusste die Komponisten und die Produzenten. Die Operette wurde damals von den Agenturen, so Iva Simon, stark beeinflusst. Sie wollten populäre Musik haben, sie wollten eine Musik, die bei den Menschen ankam, sie wollten Geld verdienen.
Die Operette stieg zu einem der beliebtesten Musikgenres auf, die Lieder waren überall bekannt, die Revuen hielten Einzug, der Tonfilm kam und die Operette war ihre Musik. Diese Stimmung will Iva Simon, die wieder gemeinsam mit ihrem Mann Dieter den Operettenzauber in Bad Kissingen auf die Beine stellt, in diesem Jahr "rüber bringen". Die Zeichen dafür, dass dies klappt, stehen gut. Mit dem Tenor Rodrigo P. Garulo, Bariton Bryan Rothfuss, der Thüringen Philharmonie mit Dirigent Hermann Breuer sowie Moderator Rainer Zagovec hat man komplettiert von Iva Simon (Sopran) ein Team zusammen, das bestens harmoniert.
"Das ist die größte Operettenveranstaltung in Deutschland", ist Dieter Simon schon ein bisschen stolz, was man sich in den vergangenen Jahren hier erarbeitet hat. Anderswo werden, auch von Stars, Operetten gesungen, aber in dieser Konsequenz, in dieser Besetzung mit großem Orchester nur in Bad Kissingen.
Neue Überlegungen
Vor diesem Hintergrund hat es in diesem Jahr erste Überlegungen gegeben, dass das Ehepaar Simon gemeinsam mit der Stadt und der Staatsbad GmbH die Vermarktung des Events auf eine höhere Stufe hebt. Die Rede war von einem "Operettenwochenende" in Bad Kissingen, das in neuer Größenordnung vermarktet werden könnte (nicht vor 2016). Oberbürgermeister Kay Blankenburg (SPD) sprach diesbezüglich von "ersten Gedanken", die man ausgetauscht habe, aber er würde es sehr begrüßen, wenn man "dieser einzigartigen Veranstaltung" einen größeren Rahmen geben würde.
Bruno Heynen (Veranstaltungschef der Staatsbad GmbH) bestätigte ein erstes Gespräch in diese Richtung. "Wir wollen das Potenzial des Operettenzaubers ausschöpfen", sagte er. Noch sei "nix spruchreif", man habe erst ein einziges Gespräch geführt, aber man werde am Ball bleiben.
Kein Event "von der Stange"
Dieses Interesse freut natürlich Iva Simon, die seit 14 Jahren mit ihrem Mann die Veranstaltung, die immer im September jeden Jahres stattfindet, organisiert und konzeptioniert. Dazu fahren die Simons in die Theaterhäuser zwischen Wien und Berlin, sprechen mit Künstlern und Komponisten und stellen letztlich selbst das Programm der Veranstaltung zusammen. Der "Kissinger Operettenzauber" ist also keine Veranstaltung "von der Stange", welche man über Agenturen einkauft. Hier bemüht man sich persönlich um Künstler und ein Programm mit hohem Anspruch.
"Man muss das Publikum gut unterhalten", nennt Iva Simon eine ihrer wichtigsten Maximen für die Veranstaltung, und 2014 wird man das wieder zu hören bekommen.